Kleine Einblicke
„Dein Adrian hat geweint, als er vor einer Stunde bei mir anrief und mich bat, dich anzurufen, weil er sich nicht traut es selbst zu tun.“
„Warum nicht?“, fragte David leise, obwohl er es ahnte.
Shannon schnaubte. „Na warum wohl? Weil er dich angeschrien und deswegen jetzt ein schlechtes Gewissen hat.“
David sah beschämt auf den Boden. „Das muss er nicht.“
„Ich weiß“, stimmte Shannon ihm hörbar verärgert zu. „Er hat mir alles erzählt, David, und ich habe ihm klipp und klar gesagt, dass du seinen Anschiss verdient hast. Eigentlich hättest du eine Faust in den Magen verdient, aber das behalte ich mir für meinen nächsten Besuch bei euch vor.“
Autsch. Deutlicher ging es kaum. David hätte sich am liebsten in ein tiefes Loch im Boden verkrochen. „Es tut mir leid.“
„Sag' das nicht mir, sag' es ihm.“ Shannon seufzte und David sah ihn in Gedanken beinahe vor sich, wie er in L.A. Im Wohnzimmer auf und ablief und sich dabei kopfschüttelnd durch die Haare fuhr. „Es wäre mir allerdings sehr lieb, wenn du damit noch warten würdest. Ihr seid beide momentan nicht in der Verfassung, euch beim anderen zu entschuldigen.“
Was? Wieso sollte Adrian sich bei ihm entschuldigen wollen? „Er muss doch gar nicht...“
„David!“
David verstummte und als Shannon im nächsten Moment etwas von „Idioten“ und „Spinnern“ murrte, fiel der Groschen. Obwohl Adrian sich in seinen Augen für nichts entschuldigen musste, würde sein Anwalt es dennoch tun. So war er eben. Vermutlich saß Adrian jetzt gerade im Wohnzimmer von ihrer Stadtwohnung und machte sich Sorgen. Sein Anwalt konnte gar nicht anders, als sich um jene Menschen zu sorgen, die ihm etwas bedeuteten, auch wenn er das nach außen hin nur Wenigen zeigte. Nach außen hin war sein Mann der perfekte Anwalt, den man nicht zum Feind haben wollte. Innerlich war Adrian der Mann, mit dem er alt werden wollte. Sein Partner. Sein Freund. Sein Ehemann. Und er hatte ihn ausgeschlossen. Wieder einmal. Weil er zu feige gewesen war, die Wahrheit zu sagen.
„Oh Gott“, flüsterte er, als ihm klar wurde, was er Adrian damit angetan hatte.
„Na sieh mal einer an“, meinte Shannon mit ätzendem Spott in der Stimme. „Hat es endlich klick gemacht?“
David war sofort auf hundertachtzig. „Halt die Schnauze!“
„Warum? Mit netten Worten funktioniert es ja bei dir nicht. Und glaub' mir, ich wäre nicht so höflich geblieben wie Adrian“, setzte Shannon noch eins drauf und David ballte die freie Hand vor Wut zur Faust, bevor er konterte,
„Das merke ich.“
„Du hast die Sache vermasselt, Treylani, also rück' es gefälligst wieder gerade!“, forderte Shannon und sprach ihn dabei mit seinem alten Namen an, was es auf die Spitze trieb.
„Ich heiße Quinlan!“
„Das interessiert mich gerade einen Scheißdreck, klar?“, zischte Shannon erbost. „Du hast schon oft danebengehauen, aber das war ja wohl der Gipfel der Blödheit. Und wieso das Ganze? Aus falschem Stolz, oder was? Wieso hast du das getan, David?“
„Weil ich zu feige war“, schrie David ins Telefon und hielt sich dann mit Mühe und Not davon ab, selbiges gegen die Wand zu werfen. „Ich konnte nicht mal durch das Tor gehen, weil ich soviel Schiss hatte. Dieses Arschloch sitzt jetzt vermutlich in seiner Zelle und lacht sich kaputt und ich... Ich kann nicht... Es war... Ach, Scheiße.“ Shannon sagte nichts und da begriff David, dass sein bester Freund ihn mit Absicht provoziert hatte. „Du verdammter Mistkerl.“
„David, du hörst mir jetzt genau zu, verstanden? Denn wenn du es nicht tust, kriegen wir beide ernsthafte Probleme“, meinte Shannon daraufhin ruhig und David holte zitternd Luft.
„Okay.“
„Setz dich.“
David ließ sich wieder auf den Küchenstuhl sinken. „Ich sitze.“
„Du bist kein Feigling und ich sage dir auch, warum das so ist“, fing Shannon an und da wusste David, dass er jetzt eine Menge zu hören kriegen würde. „Dieses Schwein wollte dich umbringen. Erst versucht er dich anzumachen, dann will er dich entführen, und weil das nicht klappt, bezahlt er einen Kerl, um dich eiskalt ermorden zu lassen. Delongis ist verrückt und das ist auch der Grund, warum er für den Rest seines jämmerlichen Lebens im Knast sitzt. Und obwohl du das alles weißt, obwohl du nach deinem Unfall beinahe gestorben wärst und monatelang gebraucht hast, um wieder auf die Füße zu kommen, wolltest du zu ihm zu gehen. Du hattest den Mut zu
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