Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Einblicke

Kleine Einblicke

Titel: Kleine Einblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
Vom Netzwerk:
nicht, warum er davon angefangen hat. Ich darf jetzt keinen Fehler machen, wenn ich Colin dazu bringen will, sich diese furchtbare Erinnerung von der Seele zu reden.
    „Wie sah der Raum damals aus?“, frage ich leise, um ihn nicht zu erschrecken, trotzdem zuckt Colin zusammen.
    „Ich...“
    Er zögert, weshalb ich die Hand ausstrecke und ihm behutsam über die Wange streichle. Colin schließt die Augen und seufzt, bevor er sich an meine Hand lehnt. „Der Raum, wie sah er aus?“, wiederhole ich meine Frage und halte den Kontakt zu ihm. Colin soll mich spüren, solange er mich braucht. „Ich bin für dich da, Colin. Ich höre dir zu. Immer.“
    „Ketten, Peitschen, Latexmasken an der Wand.“ Colin runzelt die Stirn. „Es gab ein Andreaskreuz an der Wand und auf dem Boden waren Fliesen. Rote Wände und schwarze Möbel. Eine Liebesschaukel und...“ Er schluckt und verzieht voller Ekel das Gesicht. „Diese Masken waren so widerlich. Mit Reißverschlüssen an den Stellen, wo Augen und Mund waren. Sie hatten Stacheln und Nieten und die eine sah aus wie ein Hundekopf. Die Typen haben gelacht und überlegt, welche Maske zu mir passt. Ich habe mich so geekelt und ich hatte Angst. Solche Angst, da nicht mehr heil rauszukommen.“
    „Aber du bist heil rausgekommen“, werfe ich leise ein, als Colin sich von mir löst und sich an die Kehle greift, als würde er keine Luft bekommen. Ich möchte ihn so gern in meine Arme schließen, um ihm zu zeigen, dass ich da bin, dass er sich an mir festhalten kann, aber er ist auf einmal dermaßen angespannt, dass ich mich keinen Millimeter bewege, weil ich fürchte, dass er dann Panik bekommt und flüchtet.
    „Ja“, flüstert Colin nach einer gefühlten Ewigkeit und dreht sich auf die Seite, wendet mir den Rücken zu, um die Beine an den Körper zu ziehen. Fötusstellung. „Niemand hat mir geglaubt. Die blauen Flecken an meinen Händen und im Gesicht, meine blutigen Handknöchel, es war den Cops egal. Diese Männer waren reich, hatte teure Anwälte und einen Ruf. Ich war nur ein kleiner Mechaniker, der dumm genug war mitzugehen.“
    „Du warst nicht dumm.“
    „Doch, das war ich.“ Colin lacht und weint zugleich, mir schnürt sich die Kehle zu. „Niemand hat mir geglaubt. Niemand.“
    Das ist nicht wahr. Ich glaube ihm. Adrian tut es, Devin und David. Wir alle glauben ihm, das haben wir immer. „Ich glaube dir, Colin.“
    „Scheiße“, flüstert er und ich kann an seiner Stimme hören, wie sehr er gerade um seine Beherrschung kämpft. Deshalb wage ich es, mich hinter ihn zu legen.
    Colin zuckt erneut zusammen, bleibt aber liegen, als ich behutsam seine Hand nehme und mich an ihn schmiege. Wir müssen nicht sofort weiterreden, wenn er nicht will. Wir können einfach hier liegen und eine Weile schweigen. Ich möchte nur, dass er weiß, dass ich da bin und ihm helfe, so gut ich es kann.
    „Sie haben mich die ganze Zeit angefasst und geküsst. Mich herumgeschoben, von einem Kerl zum anderen, weil mich alle anfassen wollten. Ich war wie ein Stück Vieh. Nichts weiter. Nur ein Stück Fleisch, das sie untereinander herumreichen konnten, um es zu ficken. Ich war eine Hure für sie.“
    Ich muss die Augen schließen und durchatmen, um Colin nicht fest an mich zu drücken. Was haben diese Schweine nur angerichtet? Er ist keine Hure. Er war es nie und wird es auch niemals sein. Diese Männer haben sein Selbstwertgefühl völlig ruiniert und als er sich danach Hilfe von der Polizei erhoffte, haben die das Ganze noch schlimmer gemacht.
    „Ich soll mich nicht so anstellen, haben sie gesagt.“
    Sein Körper zuckt unter den Tränen, die ihm jetzt offen übers Gesicht laufen. Er schluchzt und auch mir steigen die Tränen in die Augen, weil ich weiß, dass Worte im Moment nicht helfen würden. Ich kann nur für Colin da sein und beten, dass es ausreicht.
    „Ich habe mich so sehr geschämt“, flüstert Colin kaum hörbar. „Wie sie grinsten und lachten und mich von oben bis unten ansahen. Wie sie mich antatschten und wie sie rochen. Ich wusste, was sie von mir wollten und ich wusste, dass ich es nie tun würde, trotzdem habe ich nur stumm da gestanden. Ich weiß nicht mehr wie lange. Ich weiß nur, dass mir immer kälter wurde und mir übel war. Und dann hat der eine Kerl seine Hand in meine Hose geschoben. Da bin ich endlich aufgewacht und habe mich gegen sie gewehrt. Solange und heftig, bis ich abhauen konnte. Ich bin gerannt, bis ich nicht mehr konnte.“ Colin verkriecht sich in

Weitere Kostenlose Bücher