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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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über den Schafkoppeln und machten
    die Stille tiefer.
    Tiffany musste ihre Arbeit erledigen, bevor sie wieder Zeit für sich hatte. Es bedeutete, dass sie die Hühner fütterte und die Eier sammelte, und sie war ein wenig stolz darauf, dass es zwei mehr waren, als es unter anderen
    Umständen der Fall gewesen wäre. Es bedeutete auch,
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    sechs Eimer Wasser vom Brunnen zu holen und die
    Brennholzkiste am Herd zu füllen. Diese Aufgaben
    verschob sie auf später, weil sie ihr nicht gefielen. Dagegen butterte sie gern – dabei hatte sie Zeit zum Nachdenken.
    Wenn ich eine Hexe mit spitzem Hut und Besen bin,
    dachte sie, als sie arbeitete, winke ich mit der Hand, und die Butter ist einfach so da. Und irgendwelche kleinen rothaarigen Teufel, die auch nur daran denken, unsere Tiere zu stehlen, werden …
    Es platschte hinter ihr, dort, wo sie die sechs Eimer für den Brunnen bereitgestellt hatte.
    Einer von ihnen war voll Wasser, das noch immer hin-
    und herschwappte.
    Tiffany fuhr fort zu buttern, als wäre nichts geschehen, doch nach einer Weile unterbrach sie die Arbeit und ging zum Mehlbehälter. Sie nahm eine Hand voll Mehl,
    verstreute es vor der Tür und butterte dann wieder.
    Einige Minuten später platschte es erneut hinter Tiffany.
    Als sie sich umdrehte, sah sie einen weiteren gefüllten Eimer. Und im Mehl vor der Tür führten kleine Fußspuren hinaus und herein.
    Es fiel Tiffany schwer, einen der hölzernen Eimer zu
    heben, wenn er ganz mit Wasser gefüllt war.
    Sie sind also nicht nur sehr schnell, sondern auch
    ungeheuer stark, dachte Tiffany. Und ich bleibe bei dieser Sache erstaunlich ruhig.
    Sie sah zu den Balken unter der Decke auf, und ein
    wenig Staub rieselte herab als wäre etwas schnell zurück-gewichen.
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    Ich sollte dieser Sache jetzt sofort ein Ende machen,
    dachte sie. Andererseits kann es nicht schaden zu warten, bis alle Eimer gefüllt sind.
    »Und dann muss ich noch die Brennholzkiste in der
    Spülküche füllen«, sagte sie laut. Es war einen Versuch wert.
    Tiffany kümmerte sich wieder um die Butter und sah
    sich nicht um, als es vier weitere Male hinter ihr platschte.
    Sie drehte auch nicht den Kopf, als sie kleine Wusch-wuscbwusch-Geräusche und das Klappern von Holzschei-ten in der Kiste hörte. Sie wandte sich erst um, als es still wurde.
    Die Holzkiste war bis zur Decke voll, und die Eimer
    waren mit Wasser gefüllt. Sie sah viele Fußspuren im
    Mehl.
    Tiffany hörte auf zu buttern. Sie hatte das Gefühl, dass Augen sie beobachteten, viele Augen.
    »Ah … danke«, sagte sie. Nein, das war nicht richtig.
    Sie klang nervös. Tiffany nahm eine Butterschaufel, stand auf und versuchte, möglichst grimmig zu wirken.
    »Und was ist mit unserem Schaf?«, fragte sie. »Ich
    glaube erst, dass es euch Leid tut, wenn ich den Widder zurückkommen sehe!«
    Sie hörte ein Blöken von der Koppel, lief nach draußen zum Ende des Gartens und blickte durch die Hecke.
    Das Schaf kam zurück, rückwärts und mit hoher Geschwindigkeit. Kurz vor der Hecke hielt es an und fiel um, als die kleinen Männer es losließen. Einer der rothaarigen Männer erschien kurz auf dem Kopf des Widders. Er
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    hauchte auf ein Horn, putzte es mit seinem Kilt und sauste davon.
    Tiffany kehrte nachdenklich zur Molkerei zurück.
    Als sie dort eintraf, war die Butter gebuttert. Und nicht nur das. Sie ruhte fertig zu einem Dutzend dicker
    Rechtecke geformt auf dem Marmor, den Tiffany dafür
    verwendete. Es lag sogar etwas Petersilie auf jedem Block.
    Sind es Heinzelmännchen?, fragte sich Tiffany. Im
    Märchenbuch hieß es, dass Heinzelmännchen Arbeiten im
    Haus verrichteten, für eine Untertasse mit Milch. Aber das Bild zeigte sie als fröhliche kleine Geschöpfe mit langen, spitzen Kapuzen. Die rothaarigen Männer sahen nicht aus, als hätten sie jemals in ihrem Leben Milch getrunken, doch vielleicht war es einen Versuch wert.
    »Das genügt«, sagte Tiffany laut, sich nach wie vor der verborgenen Beobachter bewusst. »Danke. Es freut mich, dass ihr bedauert, was ihr getan habt.«
    Sie nahm eine von Rattenbeutels Untertassen von dem
    Stapel neben dem Spülbecken, wusch sie sorgfältig, füllte sie mit etwas Milch, stellte sie auf den Boden und trat zurück. »Seid ihr Heinzelmännchen?«, fragte sie.
    Schemen huschten hin und her. Milch spritzte auf den
    Boden, und die Untertasse drehte sich.
    »Ich nehme an, das bedeutet ›nein‹«, sagte Tiffany.
    »Was seid ihr dann?«
    Sie erhielt keine Antwort, und davon jede

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