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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Hunde sahen sie gar nicht an.
    Ihr Blicke galten jemandem, der hinter Tiffany stand.
    Sie hätte sich umgedreht, wenn ihr jemand gesagt hätte, dass ein schreckliches Ungeheuer hinter ihr stand. Sie hätte sich umgedreht, wenn man ihr gesagt hätte, dass tausend Zähne in seinem Rachen steckten. Aber jetzt wollte sie sich nicht umdrehen. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um sich dazu zu zwingen.
    Sie fürchtete sich nicht vor dem, was sie sehen würde.
    Das bis in ihre Knochen reichende Entsetzen galt vielmehr dem, was sie vielleicht nicht sehen würde. Sie schloss die Augen, während die feigen Stiefel sie langsam drehten, und 314
    dann, nach einem tiefen Atemzug, hob sie die Lider.
    Sie nahm einen besonderen Geruch wahr, eine Mischung
    aus Fröhlicher-Seemann-Tabak, Schaf und Terpentin.
    Oma Weh stand da, funkelnd in der Nacht. Licht tanzte
    über ihr weißes Schäferinnenkleid und alle blauen
    Schleifen und silbernen Spangen. Sie lächelte breit, strahlte voller Stolz. In einer Hand hielt sie den verzierten
    Hirtenstab, der ebenfalls mit blauen Schleifen geschmückt war.
    Sie drehte sich langsam, und Tiffany sah, dass sie zwar von Kopf bis Saum eine strahlende Schäferin war, aber
    noch immer die alten großen Stiefel trug.
    Oma Weh nahm ihre Pfeife aus dem Mund und gönnte
    Tiffany jenes kurze Nicken, das bei ihr überschwänglichem Jubel gleichkam. Und dann … war sie nicht mehr da.
    Echte, von Sternenlicht erhellte Dunkelheit senkte sich herab, und die Geräusche der Nacht erklangen. Tiffany
    wusste nicht, ob die jüngsten Ereignisse zu einem Traum gehörten oder sich wirklich zugetragen hatten, an einem Ort, der nicht ganz hier war, oder vielleicht nur in ihrem Kopf. Es spielte keine Rolle. Sie hatten stattgefunden. Und jetzt …
    »Ich bin noch immer hier«, sagte die Königin und trat
    vor sie. »Vielleicht war alles nur ein Traum. Vielleicht bist du ein wenig verrückt geworden, denn immerhin bist du
    ein sehr sonderbares Kind. Vielleicht hat dir jemand
    geholfen. Wie gut bist du? Glaubst du wirklich, du könntest allein gegen mich bestehen? Ich kann dich denken lassen, was mir beliebt …«
    315
    »Potz Blitz!«
    »O nein, nicht sie «,sagte die Königin und hob die Hände.
    Es traten nicht nur die Wir-sind-die-Größten auf,
    sondern auch Willwoll, ein starker Tanggeruch, viel
    Wasser und ein toter Hai. Sie erschienen mitten in der Luft und landeten in einem Haufen zwischen Tiffany und der
    Königin. Aber ein Kobold war immer kampfbereit: Die
    Größten prallten auf, rollten sich ab, kamen auf die Beine, zogen ihre Schwerter und schüttelten sich Wasser aus den Haaren.
    »Ach, du bisses«, sagte Rob Irgendwer und sah zur
    Königin auf. »Auge in Auge stehen wir uns jetzt
    gegenüber, du arrogante alte Tante! Hier hast du nichts verloren, kapiert? Fort mit dir! Gehste freiwillig, oder sollen wir nachhelfen?«
    Die Königin trat auf ihn. Als sie den Fuß wegnahm, war nur noch Robs Kopf zu sehen.
    »Gehst du nun freiwillig oder nich'?«, fragte er und
    arbeitete sich aus dem Boden, als wäre überhaupt nichts geschehen. »Ich möchte dir gegenüber nich' die Geduld
    verlieren! Und es hat keinen Sinn, deine kleinen Lieblinge auf uns zu hetzen, denn wir machen sie fertig!« Er sah zu Tiffany, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
    »Überlass dies uns, Kelda. Wir und die Königin haben
    noch 'ne alte Rechnung zu begleichen!«
    Die Königin schnippte mit den Fingern. »Ihr mischt
    euch immer in Dinge ein, die ihr nicht versteht«, zischte sie. »Mal sehen, wie ihr hiermit fertig werdet!«
    316
    Irgendwo hinten in der Menge der Kobolde ertönte eine
    Stimme, die nach dem Doofen Wullie klang:
    »Ach, jetzt sin' wir wirklich in Schwierigkeiten …«
    Drei Gestalten waren etwas weiter entfernt in der Luft aufgetaucht. Bei der mittleren sah Tiffany ein langes rotes Gewand, eine sonderbare lange Perücke, eine schwarze
    Strumpfhose und Schnallen an den Schuhen. Die beiden
    anderen schienen gewöhnliche Männer in gewöhnlichen
    grauen Anzügen zu sein.
    »Oh, du bis' eine harrrte Frrrau, Königin«, sagte William der Dudler. »Die Anwälte auf uns anzusetzen …«
    »Seht euch den auf der linken Seite an«, wimmerte ein
    Kobold. »Er hat einen Aktenkoffer! Einen Aktenkoffer! Oh, schlimm, schlimm, ein Aktenkoffer, schlimm …«
    Die entsetzten Wir-sind-die-Größten traten dichter
    zusammen und wichen widerstrebend zurück, einen Schritt nach dem anderen.
    »Oh, schlimm, schlimm, schlimm, er öffnet den

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