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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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damit verbringen, eine Blume zu
    betrachten und ihre Schönheit zu bewundern, aber davon werden die Kühe nicht gemolken. Kein Wunder, dass wir
    uns durch unsere Leben träumen. Wach zu sein und alles so zu sehen, wie es wirklich ist … Niemand könnte das
    lange aushalten.
    Sie atmete tief durch und zog die Königin hoch. Dinge
    geschahen, Träume heulten um sie herum, blieben jedoch 323
    ohne Wirkung auf sie. Sie war wirklich und wach, wacher als jemals zuvor. Sie musste sich konzentrieren, um gegen den Sturm aus Wahrnehmungen anzudenken, der ihr
    Bewusstsein erreichte.
    Die Königin war leicht wie ein Baby und wechselte in
    Tiffanys Armen immer wieder die Gestalt, verwandelte
    sich in Unheuer und Mischwesen, in Geschöpfe mit Klauen und Tentakeln. Schließlich aber war sie klein und grau wie ein Affe mit dickem Kopf und großen Augen und einer
    schmalen, flaumigen Brust, die sich hob und senkte, als sie keuchte.
    Tiffany erreichte die Steine, die nach wie vor ein Tor formten und nie umgestürzt waren, wie sie jetzt wusste. Sie hatte keine Kraft, keine Magie, nur einen Trick. Den
    schlimmsten.
    »Halte dich fern von diesem Ort«, sagte Tiffany und trat durch das steinerne Portal. »Kehre nie zurück. Berühre nie, was mir gehört.« Und dann, weil das Geschöpf so schwach und babyartig war, fügte sie hinzu: »Aber ich hoffe, dass es jemanden gibt, der um dich weint. Ich hoffe, der König kehrt zurück.«
    »Du hast Mitleid mit mir?«, knurrte das Etwas, das die Königin gewesen war.
    »Ja, ein wenig«, sagte Tiffany. Wie Fräulein Robinson, dachte sie.
    Sie setzte das Geschöpf ab. Es hüpfte durch den Schnee, drehte sich um und wurde wieder zur wunderschönen
    Königin.
    »Du wirst nicht gewinnen«, sagte die Königin. »Es gibt 324
    immer einen Weg hinein. Die Menschen träumen.«
    »Manchmal erwachen wir«, erwiderte Tiffany. »Wenn
    du zurückkehrst, gibt es eine … Abrechnung …«
    Sie konzentrierte sich, und die Steine umgaben nicht
    mehr – und nicht weniger – als die Landschaft dahinter.
    Ich muss eine Möglichkeit finden, den Zugang zu ver-
    schließen, dachten ihre Dritten Gedanken. Oder vielleicht die Zwanzigsten. Ihr Kopf war voll von Gedanken.
    Tiffany ging ein Stück weit, setzte sich dann und
    schlang die Arme um ihre Knie. Stell dir vor, dass es
    immer so ist, dachte sie. Man müsste Ohrenstöpsel und
    Nasenstöpsel und eine große schwarze Kapuze über dem
    Kopf tragen, und man würde trotzdem zu viel sehen und hören …
    Sie schloss die Augen und schloss sie erneut.
    Sie fühlte es von ihr weichen. Es fühlte sich fast wie Einschlafen an, wie eine Überblendung von überaus
    intensiver Wachheit in ganz gewöhnliches, alltägliches …
    nun, Wachsein. Es fühlte sich an, als wäre alles
    verschwommen und gedämpft.
    So empfinden wir immer, dachte Tiffany. Wir schlafen
    durch unser Leben, denn wie könnten wir leben, wenn wir immer so wach wären …
    Jemand klopfte an ihren Stiefel.
    325

    14

Klein wie Eichen
    »He, wohin bist du verschwunden?«, rief Rob Irgendwer
    und sah zu Tiffany auf. »Im einen Augenblick wollten wir den Anwälten ne ordentliche juristische Abreibung verpassen, un' im nächsten warst du weg, und auch die Königin!«
    Träume in Träumen, dachte Tiffany und hielt ihren
    Kopf. Aber sie waren vorbei, und man konnte die Wir-
    sind-die-Größten nicht ansehen, ohne dass einem klar
    wurde, was wirklich war.
    »Es ist vorbei«, sagte sie.
    »Hast du sie getötet?«
    »Nein.«
    »Dann wird sie zurückkehren«, sagte Rob Irgendwer.
    »Is' furchtbar dumm, die Königin. Kann verdammt gut mit Träumen umgehen, das muss ich ihr lassen, aber es steckt 326
    kein Hirn in ihrem Kopf.«
    Tiffany nickte. Das Gefühl der Verschwommenheit löste
    sich auf. Der Moment intensiver Wachheit war wie ein
    Traum verblasst. Aber ich muss mich daran erinnern, dass es kein Traum war.
    »Wie seid ihr der großen Welle entkommen?«, fragte
    sie.
    »Ach, wir sin' ziemlich flink«, antwortete Rob
    Irgendwer. »Un' es war ein sehr stabiler Leuchtturm. Das Wasser stieg natürlich ziemlich hoch.«
    »Es gab auch einige Haie, solche Sachen«, fügte Nicht-
    so-groß-wie-der-mittelgroße-Jock-aber-größer-als-der-
    kleine-Jock-Jock hinzu.
    »Oh, ja, einige Haie«, sagte Rob Irgendwer und zuckte
    mit den Schultern. »Und eins von den Krakenbiestern …«
    »Es war ein Riesentintenfisch«, warf William der Dudler ein.
    »Ja, hat sich aber schnell in 'nen Kebab verwandelt«,
    sagte der Doofe Wullie.
    »Hier

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