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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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bestehlen?
    Vor dem schattigen Wald hörte Tiffany die Geschichte von einer kleinen Welt, in der nichts wuchs, in der keine Sonne schien, in der alles von woanders kommen musste. Es war eine Welt, die immer nur nahm und bis auf Furcht nichts gab. Sie plünderte - und die Menschen lernten, im Bett zu bleiben, wenn sie nachts seltsame Geräusche hörten, denn wenn jemand der Königin Schwierigkeiten machte, konnte sie seine Träume kontrollieren.
    Tiffany verstand nicht ganz, wie sie das anstellte, aber von dort kamen Geschöpfe wie die Todeshunde und der kopflose Reiter. Diese Träume waren... wirklicher. Die
    Königin konnte Träume nehmen und ihnen... Substanz verleihen. Es war möglich, sie zu betreten und zu verschwinden. Und man wachte nicht auf, bevor die Ungeheuer einen erwischten...
    Die Gesandten der Königin stahlen nicht nur Lebensmittel. Sie entführten auch Personen...
    »... wie Pfeifenspieler«, sagte William der Dudler. »Elfen können keine Musik machen, weißt du. Sie verschleppen jemanden, der für sie Musik spielt.«
    »Und die Königin entführt Kinder«, fügte Tiffany hinzu.
    »Ja. Dein kleiner Bruder is' nich' das erste«, sagte Rob Irgendwer. »Hier gibt es nicht viel Spaß und Gelächter. Die Königin glaubt, gut mit Kindern umgehen zu können.«
    »Die alte Kelda meinte, sie würde ihm keinen Schaden zufügen«, sagte Tiffany. »Das stimmt, nicht wahr?«
    Man konnte die Wir-sind-die-Größten wie ein Buch lesen. Und es war ein großes, einfaches Buch mit Bildern vom Hund Wuffel und einem großen roten Ball und ein oder zwei kurzen Sätzen pro Seite. Was die Kobolde dachten, erschien sofort in ihrem Gesicht, und jetzt sagte ihr Blick: Potz Blitz, hoffentlich stellt sie nicht die Frage, die wir nicht beantworten möchten...
    »Das stimmt doch, oder?«, fragte Tiffany.
    »Äh, ja«, erwiderte Rob Irgendwer langsam. »Da hat sie dich nich' belogen. Die Königin wird versuchen, nett zu ihm zu sein, aber sie weiß nicht wie. Sie ist Elfin. Elfen verstehen sich nicht gut darauf, an andere zu denken.«
    »Was passiert mit meinem Bruder, wenn es uns nicht gelingt, ihn zurückzuholen?«
    Wieder bemerkte Tiffany den »Uns gefällt nicht, wohin dies führt«-Blick.
    »Ich habe gefragt...«, begann sie.
    »Ich schätze, sie schickt ihn zurück, irgendwann«, sagte William. »Und er wird dann nicht älter sein. Hier wird nichts alt. Nichts wächst. Überhaupt nichts.«
    »Es wird also alles in Ordnung mit ihm sein?«
    Ein Geräusch kam tief aus Rob Irgendwers Kehle. Es klang nach einer Stimme, die »ja« zu sagen versuchte und der das Gehirn widersprach, weil es wusste, dass die Antwort »nein« lautete.
    »Sagt mir, was ihr mir nicht sagt«, sagte Tiffany.
    Der Doofe Wullie sprach zuerst. »Da gibt's viele Dinge«, meinte er. »Zum Beispiel haben wir noch nicht gesagt, dass der Schmelzpunkt von Blei...«
    »Je tiefer man in diese Welt vorstößt, desto langsamer vergeht die Zeit«, sagte Rob Irgendwer schnell. »Jahre vergehen wie Tage. Nach einigen Monaten verliert die Königin vielleicht das Interesse an deinem Bruder. Nach einigen Monaten hier, wo die Zeit langsam un' schwer is'. Aber wenn er in die andere Welt zurückkehrt, bist du alt oder vielleicht schon tot. Wenn du eigene Kinder hast, sag ihnen, dass sie nach einem kleinen, klebrigen Jungen Ausschau halten sollen, der im Hügelland umherstreift und nach Süßigkeiten ruft, denn das wird ihr Onkel Willwoll sein. Wenn man zu lange in Träumen lebt, wird man verrückt, dann kann man nicht mehr richtig erwachen und sich nicht wieder an die Wirklichkeit gewöhnen... «
    Tiffany starrte ihn an.
    »Es geschähe nicht zum ersten Mal«, sagte William.
    »Ich werde meinen Bruder zurückbekommen«, erwiderte Tiffany leise.
    »Daran zweifeln wir nich'«, sagte Rob Irgendwer. »Und wohin auch immer du gehst, wir begleiten dich. Die Wir-sind-die-Größten fürchten nichts!«
    Die Kobolde jubelten, aber Tiffany gewann den Eindruck, dass die blauen Schatten alle Geräusche aufsaugten.
    »Ja, bis auf Anwälte mmpf mmpf«, sagte der Doofe Wullie, bevor es Rob Irgendwer gelang, ihm den Mund zuzuhalten.
    Tiffany wandte sich wieder den Hufspuren zu und ging los.
    Der Schnee quiekte unangenehm unter ihren Stiefeln.
    Nach einigen Metern beobachtete sie, wie die Bäume realer wurden, als sie sich ihnen näherte, und sie ließ den Blick umherschweifen.
    Die Wir-sind-die-Größten folgten ihr. Rob Irgendwer nickte ihr munter zu. Und Tiffanys Fußspuren wurden zu Löchern

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