Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
Fluss, hing nicht nur die Versorgung ab, sondern auch der soziale Friede. Durch obrigkeitliche Regelungen versuchte man die Preisentwicklung unter Kontrolle zu halten.
Das zweite Grundnahrungsmittel des Mittelalters, das Kraut bzw. der Kohl, wurde anfangs in Hausgärten in der Stadt gezogen. Ab dem 13. Jahrhundert war allerdings der Platz in der Stadt zu kostbar. Daher mussten Krautgärten vor der Stadt angelegt werden, und man versuchte, sie besonders zu schützen. In Brixen in Südtirol nutzte man eine Zeit lang eine Eisack-Insel, anderswo besorgte man sich sogar fürstliche Urkunden zum Schutz der Krautgärten.
Stadtherren, Patrizier und Bürger besaßen im Umfeld der Städte umfangreiche Güter. Bis ins späte Mittelalter war ein erheblicher Teil der Stadtbevölkerung immer noch in der Landwirtschaft tätig oder dort wirtschaftlich engagiert. Ein «Landgut», liest man bei Petrus de Crescentiis um 1300, diente nicht nur der Erholung, sondern auch der Sicherung des Nahrungsmittelangebots, und zwar durchaus auch für die Oberschicht. Eine Besonderheit stellte der Wein dar: Er ist relativ gut haltbar, wurde hauptsächlich von der Oberschicht konsumiert und hatte einen hohen materiellen Wert. Allerdings brauchte man für die Herstellung nicht nur Fachleute, sondern auch zu bestimmten Jahreszeiten Arbeitskräfte. Bei Weingütern nahe einer Stadt stammten sie aus der städtischen Unterschicht.
Fisch kam größtenteils frisch, zum Teil sogar als Lebendware in Bottichen auf den Markt. In Wien gab es gar die Bestimmung, dass Fischhändler keinen Hut aufsetzen dürften, damit sie ihre Ware schneller verkauften und der Fisch nicht schlecht würde. Bestimmte Arten wurden eingesalzen über weite Strecken transportiert. Es liegt nahe, dass in den Stadtgräben und bei den Mühlen vor der Stadt Fischzucht betrieben wurde und Fische in abgegrenzten Teilen der Gewässer auf Vorrat gehalten wurden.
Der «ökologische Fußabdruck» einer Stadt betraf nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern auch Holz als Brenn- und Baumaterial. Für dessen Transport konnten noch kleinere Wasserläufe von Bedeutung sein, die, falls erforderlich, abschnittsweise aufgestaut wurden. So weit wie möglich wurde auch das Steinmaterial für die Bauten auf dem Wasserweg transportiert. Die Mengen an Feuerholz, die man brauchte, erforderten Organisation und Rechtssicherheit. Geeignetes Bauholz setzte Forste voraus, von denen möglichst ein Wasserlauf in die Stadt führte; sonst kam der Transport teuer.
Das heißt, der Einfluss einer Stadt musste weit ausgreifen, sonst wurden die Bürger erpressbar. Jedenfalls war das Leben in der Stadt teuer, besonders, als es im Zweiten Mittelalter innerhalb der Stadtmauern nicht mehr genug Platz für die Hausgärten gab.
Straßen, Märkte, Plätze
Das Alltagsleben spielte sich auf den Straßen und Märkten ab, mit zahllosen Gerüchen und lautem Geschrei. Schutz bei schlechtem Wetter boten die Laubengänge und Gewölbe der Häuser, wie sie in Meran und Bozen heute noch erhalten sind. Bei Niederschlag konnte man auf den Straßen kaum gehen. Erst vom 14. Jahrhundert an ließen wohlhabendere Stadtgemeinden ihre wichtigsten Straßen pflastern.
Die verschiedenen Märkte einer Stadt waren jeweils spezialisiert auf bestimmte Waren. Man darf sie sich nicht allzu groß vorstellen. Die größte unbebaute Fläche einer Stadt war der Friedhof, den man zu allen möglichen Zwecken benutzte, sogar zu Festen.
Die Kreuzgänge der Klöster waren auch Treffpunkte der Bürger, bevor eigene Kauf- und Rathäuser diese Funktion übernahmen. Die Häuser der Bettelorden lagen vornehmlich an den Rändern, z.B. auf dem Gebiet der ersten Stadterweiterung, oft direkt an eine neue Stadtmauer angebaut. Nicht wenige Urkunden geben einen klösterlichen Kreuzgang als Ausstellungsort an. Es gab auch «Ratskirchen», wie z.B. in Lübeck die Marienkirche, deren Glocken auch zu Versammlungen riefen. An größeren Kirchen war fast immer eine Bauhütte tätig.
Zu den gut belegten und wichtigen Einrichtungen in Städten und Märkten gehörten die Badstuben. Sie dienten nicht nur der Reinigung mit Sitz- und Schwitzbädern, sondern auch der medizinischen Grundversorgung, z.B. durch den «Bader», der daher seinen Namen hat. Alle ein bis zwei Wochen besuchte man die Badstuben mit der ganzen Familie. Die Männer ließen sich dort rasieren. In der Regel ging es sehr züchtig zu; die gerne reproduzierten Bilder von freizügigen Badeszenen zeigen
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