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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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heimischen Sorten leicht ausstechen konnte.
    Die klassischen Waren des Fernhandels waren Gewürze, Farben, Edelmetalle und Edelsteine, Pelze und spezielle Waffen. Begehrt an Höfen konnten aber auch seltene Tiere sein, die die Händler mitnahmen, wie Äffchen oder Papageien. An manchen Höfen hielt man sogar einen Löwen, der dort ein armseliges Leben fristete.
    Zu den kostbarsten Handelsobjekten gehört die Gewürznelke, die im ganzen Mittelalter nachgewiesen werden kann. Sie kommt aus Madagaskar; mit einem Säckchen davon konnte man reichwerden. Gewürznelken ließen sich nicht so leicht verfälschen wie der ebenso kostbare Pfeffer. Böse Zungen behaupten, dass man damit vor allem den Beigeschmack nicht mehr allzu frischen Fleisches überdeckt hat. Das dürfte aber ein Klischee sein, denn gerade jene Leute, die sich Gewürze leisten konnten, waren am ehesten imstande, an frisches Fleisch zu gelangen. Gewürze wurden aus unserer Sicht wahllos gemischt, so dass oft vermutet werden kann, dass eher das Prestige zählte als der Wohlgeschmack; doch über Geschmäcker kann man nicht streiten und Spezereien wurde auch eine medizinische Bedeutung zugemessen.
    Farben für die Wandgemälde, die Kleider und die Buchmalerei hatten ebenfalls eine große gesellschaftliche Bedeutung und wurden vielfach aus Mineralien hergestellt. Edle Steine – nach heutiger Klassifizierung vielfach Halbedelsteine – waren selbstverständlich zum einen für den Schmuck wichtig. Dabei zählte nicht nur ihr Wert, sondern auch ihre symbolische Bedeutung, besonders bei Herrschaftszeichen und liturgischem Gerät. Fachleute konnten diese Kunstobjekte regelrecht «lesen». Man sprach den Steinen zweitens praktische und vor allem medizinische Kräfte zu: Die einen behüteten gegen Gift, die anderen gegen Trunkenheit. Vieles davon mag heute esoterisch klingen; für die Menschen im Mittelalter hatte es aber eine hohe symbolische Bedeutung.
    Vom Fernhandel profitierten viele, auch die Adeligen. Legitim durch militärisches Geleit, Mauten und Zölle und illegitim durch Raub – und man kann es den Händlern nicht verdenken, wenn sie darin kaum einen Unterschied sahen.
Gewerbe
    Im Ersten Mittelalter wurden zahlreiche handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen der Grundherrschaft getätigt, nicht unbedingt als Hauptberuf. In vielen Burgen findet man Spuren der Schmiedetätigkeit. Um Mühlen zu betreiben, brauchte man Wasser- und Wegerechte, und die lagen bei der Herrschaft. Die Errichtung vonBack- und Dörröfen konnte ebenso das grundherrliche Einkommen verbessern.
    In den zahlenmäßig zunehmenden und anwachsenden Zentralorten und Städten bildeten sich selbstständige Handwerksbetriebe aus, die von den dortigen Rechten und Freiheiten profitierten. Sie schlossen sich in Gilden zusammen, um einerseits Ausbildung, Qualität und Preise zu kontrollieren, andererseits aber auch für ihre Mitglieder eine gewisse liturgische und soziale Versorgung zu garantieren. Diese Professionalisierung hatte unter anderem zur Folge, dass Frauen kaum als Unternehmerinnen tätig werden konnten.
Unterschichten und Randgruppen
    Die verschiedensten Tätigkeiten, vom Betrieb der bürgereigenen Landwirtschaft, besonders im Weinberg, über den Baubetrieb bis hin zur Entsorgung, brachten eine neue soziale Gruppe von Menschen in Lohnarbeit hervor, die im Unterschied zur Grundherrschaft nicht mehr an einen bestimmten Haushalt gebunden waren. Es entwickelte sich ein städtisches Proletariat, heute würden wir sagen:
working poor.
    Diese Menschengruppe ist nicht zu verwechseln mit den zugelassenen und oft in Listen eingetragenen, sozusagen «offiziellen» Armen. Diese – nicht selten auf die eine oder andere Art behindert – hatten das Recht, zu betteln und Almosen zu empfangen. An der Wende zur Neuzeit wurden eigene Bettelzeichen eingeführt. Arme wurden in Testamenten bedacht, und zwar nicht nur mit Speisen und Sachspenden, sondern auch mit Bädern, besonders vor hohen Feiertagen. Einkommenslose Fremde wurden hingegen meist der Stadt verwiesen; Ausnahmen konnte man für Pilger machen. Das Exil konnte auch als Strafe ausgesprochen werden. Gaukler und Schausteller waren nur zu Jahrmärkten und Festen geduldet.
    Für kranke und alte Menschen wurden Spitäler eingerichtet, die ebenfalls oft in Testamenten bedacht wurden und schließlich einegar nicht so geringe Wirtschaftskraft in der Stadt hatten. Dort konnte man entweder in einem großen Saal auf Stroh liegend sein Ende abwarten und nicht viel

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