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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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Wintersonnenwende aufnehmen. «Das Volk, das im Dunkeln lebte, hat ein helles Licht gesehen» (Mt 4, 16 nach Jes 9, 2), konnte man zu Weihnachten in der Liturgie hören. Das gibt Hoffnung in der Finsternis des Winters. Auch Juden feiern im Dezember ihr Lichterfest, Chanukka, das in der Diaspora oft Züge des Weihnachtsfestes angenommen hat. In Wien stand der erste Lichterbaum im 19. Jahrhundert in einem jüdischen Haushalt. Nachrichten von geschmückten Bäumen zu allen möglichen Anlässen sind noch viel älter, aber reichen kaum ins Mittelalter zurück.
    Verschiedene Spiele der Krippenszene sind sehr alt. Franz von Assisi hat sie 1223 mit lebendigen Tieren und Menschen nachgestellt.Daraus soll sich die uns vertraute Krippe entwickelt haben. Mit dem dritten Weihnachtstag, dem Fest des heiligen Johannes des Evangelisten, verbindet sich der Brauch der «Johannes-Minne», bei dem Wein in der Kirche geweiht wird und man einander zutrinkt. Der Wein des Herbstes war zu diesem Zeitpunkt bereits fertig. Der heutige Neujahrstag (zu den Jahresanfängen vgl. S. 177) ist der achte Tag nach Weihnachten (Oktav) und daher der Abschluss des kirchlichen Festkreises.
    Der nächste größere Feiertag ist der «Dreikönigstag», offiziell der Tag der Erscheinung des Herrn, Epiphanie. Ursprünglich waren darin die vier ersten offiziellen Auftritte Christi miteinander verbunden: Die Geburt, die Anbetung durch die Magier aus dem Morgenland (Mt 2), die Taufe im Jordan (Mt 3, 13–17) und die Hochzeit von Kana (Joh 1, 1–11). Das Evangelium bezieht sich aber von alters her auf die Magier, und diese gerieten in den Vordergrund. Ihre Dreiheit geht auf die symbolischen Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe zurück, ihre Namen tauchen schon in der Spätantike auf. Heute macht man aus C + M+ B, Caspar, Melchior und Balthasar, den Segensspruch
Christus mansionem benedicat,
Christus segne das Haus.
    Ein weiterer «Auftritt» des Jesusknaben steht hinter dem nächsten Fest, das viele Wandlungen durchgemacht hat, mit dem häufigsten Namen Mariä Lichtmess am 2. Februar. Nach dem jüdischen Gebot ist es der Tag der Reinigung für die Frau, die einen Sohn geboren hat, und der Tag, an dem dieses Kind als Erstgeborener dem Herrn (vgl. Lk 2, 22–32) geweiht wird. Man zog symbolisch in einer Prozession mit Kerzen dem Erlöser entgegen.
    Woher der Brauch der Kerzen kam, bleibt im Dunkel der Legende, wenn es nicht bloß eine Umsetzung des im Evangelium verwendeten Isaias-Zitates (Jes 49, 6) über das «Licht für die Heiden» ist. Ebenso unsicher ist der Zusammenhang mit vorchristlichen Festen der Römer, für die der Februar ein Reinigungsmonat war, oder der Kelten. Prediger im Mittelalter wetterten dagegen, welchen Prunk man mit den Kerzen trieb, um den Wohlstand zu zeigen.Lichtmess war im Mittelalter der Tag des Dienstbotenwechsels und ein beliebter Zahlungstermin.
    Mit dem Rebenschnitt im Weingarten beginnt im Februar die Jahresarbeit, dann folgt je nach Region und Wetter bis in den März die erste Bestellung der Gärten und Felder. Solange Frost herrscht, können adelige Gesellschaften leicht mit den Pferden auf die Jagd gehen; vor allem die Beizjagd mit Greifvögeln wird geübt. Zwischen Epiphanie und dem Beginn der Fastenzeit sind Hochzeiten und Gerichtssitzungen möglich.
    Verschiedene Narrenfeste in der Zeit zwischen dem Fest der unschuldigen Kinder (28. Dezember) und dem Aschermittwoch sind überliefert. Beispielsweise wurde in den Klöstern eine Art «Verkehrte Welt» gefeiert, indem Kinder oder junge Kleriker für einen Tag die Ämter der Oberen übernahmen; Ähnliches war schon in der Antike bei den Saturnalien zwischen Herren und Sklaven Brauch. Was wir als Faschingsbrauchtum kennen, ist allerdings erst in der nachreformatorischen Zeit in katholisch gebliebenen Ländern gewachsen.
    Je nach Osterdatum beginnt im Februar oder Anfang März mit dem Aschermittwoch das österliche Fasten. Es kommt gerade recht, denn die Wintervorräte gehen zur Neige. In den Ländern nördlich der Alpen ergab sich ein Problem: Da nicht nur Fleisch, sondern auch Fleisch- und Milchprodukte verboten waren, kamen die Köchinnen, die Schmalz zu verwenden gewohnt waren, in Schwierigkeiten. Olivenöl war ein teures Importgut. Reiche Leute besorgten sich sogenannte «Butterbriefe», die ihnen den Gebrauch von tierischem Fett erlaubten.
    Am 25. März, also genau neun Monate vor dem nächsten Weihnachtsfest, ist Mariä Verkündigung (Lk 1, 26–38).
    Der Festkreis zu

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