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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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Orange.
    Mia schaut aus dem Fenster, sieht die vertraute Stadtlandschaft in Felder, Schafweiden und Dörfer übergehen und lächelt im Stillen. Sie weiß, dass es nicht unbedingt nötig ist, dass sie Fraser auf dieser Mission begleitet, um Melody zu suchen. Und wenn sie ehrlich sind, übertreiben sie auch die Möglichkeit, dass Melody im Windermere ertrunken sein oder sich auf irgendeinem Berg verirrt haben könnte, um einen Vorwand zu haben, gemeinsam hinzufahren. Melody ist viel zu vernünftig und viel zu sehr »Offizierstochter« für diese Art Verhalten, und höchstwahrscheinlich ist ihr überhaupt nichts zugestoßen.
    Natürlich ist Mia bis zu einem gewissen Grad besorgt, aber sie weiß auch, dass Fraser mehr als fähig wäre, allein zu Norm zu fahren und ihm zu helfen. Doch er hat einen zwanzigminütigen Umweg gemacht, um sie abzuholen, und im Moment kann sie sich keinen anderen Ort vorstellen, an dem sie lieber wäre als mit ihm in seinem Wagen.
    Als sie endlich wieder die Autobahn erreichen, ist der Horizont rot gefärbt von der untergehenden Sonne. Mia versucht, es sich gemütlich zu machen, aber sie hat Mühe, auch nur ihre Füße zwischen den Cola-Dosen und leeren Chips-Tüten in der Mülldeponie zu bewegen, die Fraser ein Auto nennt.
    »Wie ich sehe, hast du die ›Elegance‹ gut gepflegt«, spöttelt sie.
    »Elegance« ist der Name des Automodells, der in Flashdance-Schriftzeichen aus den Achtzigern auf der Seite von Frasers Vauxhall Corsa steht, den er kurz nach Livs Tod gekauft hat. Sie fanden diesen Namen ungeheuer amüsant, als sie das Auto bei irgendeinem Proleten in Tottenham Hale abholten.
    »Beleidige nicht die Elegance! Sie wird dich mit Fünf-Sterne-Komfort hinbringen, wo immer du auch hinwillst.«
    Sie fahren weiter.
    »Wie hat der Latino-Hengst denn eigentlich reagiert?«
    Mia runzelt die Stirn. »Worauf reagiert?«
    »Eduardo – wie hat er deinen Entschluss aufgenommen, mich heute Abend zu begleiten? Du weißt doch, wie sehr er mich liebt.« Fraser ist klar, dass er sich auf gefährliches Terrain begibt, aber das ist ihm eigentlich egal.
    Mia will ihm so gern die Wahrheit sagen und ihm ihr Herz ausschütten. Ihm erzählen, wie herablassend und streitsüchtig Eduardo ist, wie er in ihrem Apartment herumhängt und ihr vorzuschreiben versucht, wie sie ihr Leben zu führen und ihren Sohn zu ernähren hat, ihr jedoch kaum Geld für dasPrivileg dazugibt. Sie möchte Fraser sagen, dass Eduardo kurz vor ihrem Aufbruch buchstäblich in seine Pasta gespuckt und sie, Mia, beschuldigt hat, alles hinzuwerfen, sobald Fraser nur anruft.
    Doch sie hat sich monatelang sämtliche Einzelheiten von Frasers langweiligem Zusammenleben mit Karen anhören müssen: die Hochzeiten, die Fahrerei kreuz und quer durchs Land, um irgendwelche eBay-Sachen abzuholen, und es hat auch oft genug Momente gegeben, in denen er ihre Telefongespräche hat unterbrechen müssen, weil sie »zusammen kochten«. Mia will verdammt sein, wenn sie sich da nicht wenigstens eine kurze Zeitspanne der Schadenfreude gönnt.
    »Ach, eigentlich war er sehr verständnisvoll.«
    Fraser stößt scharf die Luft durch die Nase aus, weil er mit Bestimmtheit weiß, dass das nicht die Wahrheit ist. »Wirklich?«
    »Ja, er weiß ja, dass es um Melody und Norm geht, um meine Freunde und die Liste.«
    In Wirklichkeit hasst Eduardo die Liste, weil er sie für eine Art Schuljungentrick von Fraser hält, einen Vorwand für all ihre alten Freunde – »Livs Jünger« –, noch mehr Zeit miteinander zu verbringen.
    »Er tat mir eigentlich sogar ein bisschen leid«, sagt Mia, womit sie vielleicht etwas zu dick aufträgt. »Er hatte mir gerade dieses wunderbare Essen aus selbst gemachter Pasta gekocht, und dann riefst du ausgerechnet in dem Moment an, als er es auf den Tisch bringen wollte.«
    Sie sieht ihn an und lächelt.
    »Die Freuden des Zusammenlebens«, meint er.
    »Ja, aber sieh nur, wie sich das Blatt gewendet hat!«, versetzt Mia. Jetzt ist sie gemein, doch im Grunde ist es ihr gleichgültig. »Und wie behandelt dich das Leben, Fraser?«
    Er denkt darüber nach. Er könnte ihr die Wahrheit sagen, könnte ihr gestehen, wie verhasst es ihm ist und dass ihn wieder dieses schreckliche Gefühl der Leere überfällt, sowie er seine Wohnungstür aufschließt. Er könnte ihr erzählen, dass er in den letzten paar Wochen hin und wieder noch mit Karen geschlafen hat, wenn sie, einsam und mit einer Flasche Wein, an seiner Tür erschienen ist, weil er schwach

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