Kleine Luegen erhalten die Liebe
lachend verstummten.
Eine Weile schwiegen sie. Es war so still, dass sie hören konnten, wenn ein Fisch zum Luftholen auftauchte, und die Ringe sahen, die er im Wasser hinterließ. Aus der Ferne drangen die Geräusche der Autos, die auf der Straße um den Berg fuhren, zu ihnen herüber.
»Norm war meine erste wahre Liebe«, fuhr Melody schließlich mit brüchiger Stimme fort. »Mir war nicht einmal bewusst, wie glücklich ich mich schätzen konnte, wie intensiv unsere Beziehung war. Ich nahm einfach an, dass auch die Beziehungen aller anderen Paare so wären. Aber das waren sie nicht.«
»Nein«, sagte Mia und legte den Arm um sie. »Das waren sie nicht. Da hast du vollkommen recht.«
»Ich machte mir keine Sorgen um die Zukunft, um das Älterwerden oder mögliche Veränderungen. Ich dachte, es würde einfach immer nur so bleiben, wie es war – dass Norm der Mann meines Lebens wäre.«
»Das dachten wir alle. Ihr wart das ideale Paar.«
Melody lächelte, nahm Mia die Weinflasche ab und trank einen großen Schluck daraus. »Weißt du, der Tag, an dem ich ihn heiratete, war der schönste meines Lebens.« Sie lachte leise. »Ich weiß, das sagen alle, aber für mich war es tatsächlich so. Damals dachte ich, das war’s, und ich bräuchte mich nie wieder um irgendwas zu sorgen. Norm und ich würden für immer zusammen sein, wir würden Kinder haben, in unserem schönen Haus in Lancaster leben, und alles wäre wohlgeordnet. Und es ging uns ja auch gut, weißt du? Alles war okay. Und dann starb Liv.« Sie schaute Mia aus großen, tränenfeuchten Augen an.
»Und?«
»Und dann änderte sich alles.«
»Wie meinst du das?«
»Ich habe das noch nie jemandem erzählt«, bekannte Melody, »aber Norm war seither sehr bedrückt, so traurig, Mia, dass er sich von jenem Tag an von mir abwandte.« Sie begann zu weinen. »Wusstest du, dass er buchstäblich eine Gedenkstätte für sie bei uns zu Hause hat?«
Mia runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen, Melody?«
»In einer Ecke unseres ausgebauten Dachbodens hat er einen kleinen Bereich mit Fotos und Erinnerungsstücken wie Eintrittskarten zu den Green-Day-Konzerten, zu denen sie zusammen gingen, und auch ein Foto von einem Ausflug nach Heysham, den sie mal zusammen unternahmen – ich glaube, ich erinnere mich nicht einmal, dass sie dort hingefahren waren. Natürlich akzeptierte ich das alles. Sie war ja auch meine Freundin, und ich liebte sie, liebe sie noch immer und vermisse sie so sehr. Doch Norm schien nie darüber hinwegzukommen. Er entfernte sich immer mehr von mir. Wir haben seit Monaten keinen Sex gehabt. Ich hatte einfach nicht mehr das Gefühl, dass er mich noch begehrte, ja, nicht mal, dass er mich noch liebte, und ich wünsche mir so sehr ein Baby, Mia. Nächstes Jahr werde ich dreißig. Wir sind seit drei Jahren verheiratet, und er will nicht einmal darüber reden! Ich dachte, dieses Wochenende könnten wir … na ja, du weißt schon … Es ist so wunderschön hier …«
Mia, die sich erinnerte, was Norm ihr an Billys Geburtstag gesagt hatte, biss sich auf die Lippe.
»Ich dachte … Oh Gott …« Melodys Stimme brach, und sie drückte das Gesicht an Mias Schulter und begann zu weinen.
»Versprichst du, dass du es niemandem erzählen wirst? Nicht Anna und auch Fraser nicht?«
»Ach, Schätzchen.« Mia strich ihrer Freundin das Haar aus dem Gesicht. »Natürlich werde ich es niemandem erzählen.«
»Gut, denn ich komme mir so dumm vor, Mia. Aber der eigentliche Grund, warum ich dieses Wochenende so lange im Voraus geplant hatte, war, dass ich mir ausgerechnet hatte, gerade jetzt meinen Eisprung zu haben. Gott! Es klingt bescheuert, wenn ich es laut ausspreche, nicht?«
»Ich glaube nicht, dass du die erste Frau auf der Welt bist, die ein romantisches Wochenende zu einem Zeitpunkt bucht, an dem sie die besten Aussichten hat, schwanger zu werden.«
Melody lachte. »Ich weiß. Aber es ging hier nicht um ein romantisches Wochenende, nicht? Es sollte ein ›sexy‹ Wochenende weit weg von zu Hause werden. Und was tue ich? Nachdem wir miteinander geschlafen haben, liege ich mit den Beinen in der Luft im Bett!«
Mia schluckte.
Norm hatte alles richtig vorausgesehen!
»Norm kam aus dem Bad und fragte, was das solle. Du hättest sein Gesicht sehen sollen! Er war absolut entsetzt darüber, dass wir ein Kind zusammen haben könnten! Es kam alles heraus, die Tatsache, dass ich die Pille abgesetzt hatte und offenbar versuchte, ihn
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