Kleine Luegen erhalten die Liebe
ein Bier, dem noch ein weiteres folgte, bevor sie einen Bus in die Stadt nahmen, wo sie ins Sugarhouse gingen, um wild zu Pulp and the Soup Dragons zu tanzen.
Und Mia fühlte sich frei. Sie fühlte sich frei zu tun, was sie wollte, jederzeit. Dieser Fraser Morgan schien ihr jedenfalls dieses Gefühl zu geben. Bei ihm konnte sie wirklich sie selbst sein. Er war ungekünstelt, spaßig und unterhaltsam, aber auch alles andere als oberflächlich. Sie konnten wirklich ernsthaft über Dinge reden, was erheblich mehr war, als sie von allen anderen Typen, denen sie je begegnet war, sagen konnte.
Und so kam es, dass sie Freunde wurden. Fraser stellte Mia Norm und dessen Freundin Melody vor, und Mia machte Fraser mit Anna und Liv bekannt.
Im zweiten Studienjahr zogen sie von Studentenheimen in Wohnungen um: Fraser, Norm und Melody zogen in ein Haus an der South Road und Liv, Anna und Mia in eine Wohnung an der Station Road – die jedoch kaum einen Steinwurf weit voneinander entfernt waren. Natürlich gab es in der Clique noch andere Leute, einschließlich Si und Andy aus der Band, aber die sechs waren der harte Kern, und nach und nach wurden sie schier unzertrennlich. Mia, die schon immer zu einer »Clique« hatte gehören wollen, liebte es und blühte förmlich auf. Endlich hatte sie das Gefühl dazuzugehören.
Und mit der Zeit hatte sie gedacht, dass sie und Fraser etwas ganz Besonderes hatten und er das vielleicht genauso sähe. Aber da hatte sie sich getäuscht. Und jetzt, dachte sie, hatte sie nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder ließ sie ihn fallen und sah ihn nie wieder, oder sie fand sich damit ab und blieb mit ihm befreundet.
Da sie gern mit ihm zusammen war – ach was, sie liebte das Zusammensein mit ihm! –, entschied sie sich für die zweite Option. Es war ohnehin eine dumme Idee, sich an der Uni einen Freund zu suchen, egal, wie reizend Melody und Norm zusammen waren. Ein Kissen kaufendes Pärchen war genug für jede Freundesgruppe. Nein, beschloss Mia, es war besser,frei und ungebunden zu bleiben, das Leben zu genießen und Erfahrungen zu sammeln.
So würde alles viel einfacher sein – und sie nicht mehr verletzt werden.
KAPITEL ELF
Juni
Hampstead Heath, London
Fraser sah zu, wie Norm mit puterrotem Gesicht, Grimassen schneidend und nach Atem ringend mit sich kämpfte, um seine letzten Sit-ups zu beenden. Wenn er ehrlich sein sollte, fühlte Fraser sich dabei sehr unbehaglich. Denn was sollte er auch schon tun, außer zuzuschauen? Norm anfeuern? Nein, das erschien ihm doch ein bisschen peinlich. Mitmachen? Das wäre sogar noch peinlicher. Also nutzte er die Gelegenheit, um schnell eine Zigarette zu rauchen, in seinen Laufklamotten dazustehen und die fantastische Aussicht von Parliament Hill in sich aufzunehmen.
Fraser war an diesem Morgen nur zu gern mit Norm in Hampstead Heath gejoggt, weil er das normalerweise ohnehin tat. Aber vor etwa zehn Minuten hatte Norm sich plötzlich ins Gras gesetzt, um Sit-ups in die Routine einzubauen, und Fraser fand, dass das einen Schritt zu weit ging. Er hatte früher am Morgen die Gruppen Hampsteader Damen mit ihren Yogamatten auf dem Heath gesehen und wollte nichts mit »Gruppenübungen« in irgendeiner Form zu schaffen haben. Seine wöchentliche Salsa-Stunde war gerade so viel, wie er noch ertragen konnte.
Norm war von Lancaster heruntergekommen, um das Wochenende mit Fraser zu verbringen, und beide wussten, obwohl es nie ausgesprochen wurde, dass dieses Wochenende ein Ausgleich für das katastrophale in Vegas sein sollte, eine Art Versuch, ihren sorglosen »Männer-Mini-Urlaub« nachzuholen.
Nachdem Fraser nach seinem Ausrasten mitten auf dem Las Vegas Strip ins Hotel zurückgekehrt war und Norm dort wiedergefunden hatte, hatte er einen totalen Zusammenbruch erlitten. Norm hatte ihn buchstäblich auf dem Bett festhalten müssen, um zu verhindern, dass er erneut die Flucht ergriff, und ihn dann sozusagen in den Schlaf gewiegt. Sie waren beste Freunde; sie kannten sich seit ihrem achten Lebensjahr und hatten alles miteinander durchgestanden – Liebeskummer, Enttäuschungen, die Band, deren Auflösung und ein Begräbnis, das sie nie hätten erleben dürfen –, und trotzdem stand jetzt etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen: dass es noch nie so schlimm gekommen war wie an jenem Tag in Vegas und sie eine völlig andere Ebene erreicht hatten.
Und deshalb mussten sie jetzt wieder zusammenkommen, um darüber lachen zu können. Konnte man es so nennen? Ja,
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