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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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nachts zu Hause sind und er neben Karen liegt und an die Zimmerdecke starrt, streicht sie ihm das Haar aus der Stirn und sagt zum ersten Mal: »Ich liebe dich.« Dann murmelt sie im Dunkeln und schon halb im Schlaf: »Was meinte Norm eigentlich, als er immer wieder von ihrer Liste sprach?«

KAPITEL FÜNFZEHN
Ende Juli,
London
    Im Last Word , einem Café an der riesigen, rot gefliesten Piazza am Londoner King’s Cross, über die man zu der Britischen Staatsbibliothek gelangt, sitzt Fraser auf einem Stuhl am Fenster und wartet auf Anna.
    Er ist vierzig Minuten zu früh gekommen, was so gar nicht typisch für ihn ist, und hat diese Zeit bereits genutzt, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Zuvor hatte er sich in einer Science-Fiction-Ausstellung die Zeit vertrieben, die die Fragen aufwarf: Was bedeutet es, menschlich zu sein? Sind wir allein im Universum? Obwohl sein Kopf schon rauchte, begab er sich danach zu einer weiteren Galerie, in der er auf einige megacoole Originalmanuskripte der Beatles-Texte stieß.
    Fraser hat diese Zeit für sich allein genossen. Er liebt Kultur, auch wenn er sich mit neunundzwanzig immer noch nicht sicher ist, welcher Art diese »Kultur« sein soll. Karen hat deshalb schon oft vorgeschlagen, zu einer Ausstellung oder ins Nationalfilmtheater zu gehen, um einen Film zu sehen, in dem nicht Sandra Bullock die Hauptrolle spielt. Doch jedes Mal ist sie mit einem »Aber das kommt doch in drei Monaten schon auf DVD heraus!« zum Schweigen gebracht worden, und Fraser hat dann den Samstagnachmittag in irgendeinem verdammten Einkaufszentrum verbracht.
    Daher war es heute ein echtes Vergnügen, seine Ruhe zu haben und sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihn interessieren. Obschon Fraser sich keineswegs für einen Intellektuellenhält, macht ihm doch allein schon der Aufenthalt in dieser kultivierten Umgebung großen Spaß. Er mag das Ambiente der Staatsbibliothek, die Eleganz und Erhabenheit der Eingangshalle mit der Aufschrift Das Wissen der Welt darüber, als genügte schon die bloße Anwesenheit hier, um eine Idee für eine bahnbrechende Erfindung oder einen originellen philosophischen Gedanken aufkeimen zu lassen. Und für den Fall, dass alle Stricke reißen sollten, hat er in dem Café im ersten Stock auch fabelhafte Butterkekse ausfindig gemacht.
    Als er jetzt jedoch die letzten Tropfen seines doppelten Espressos trinkt, wird er sich eines leichten Abflauens seiner guten Laune bewusst. Er weiß, dass mit Annas Erscheinen auch das Ende seiner »Zeit für sich« kommen wird. Außerdem hat er sich vor ein paar Minuten schon geärgert, als er in der Schlange vor dem Schreibwarengeschäft stand und ein hübsches Notizbuch und ein paar Stifte kaufte. Ein aufgeblasener Amerikaner – oder Kanadier? – informierte ihn nämlich: »Sie dürfen keine Stifte im Lesesaal benutzen, falls Sie sie dazu kaufen …« Am liebsten hätte Fraser geantwortet: Nein, ich kaufe sie, damit ich mit meinen Graffiti auf den Toiletten weitermachen kann, du Idiot !
    Es geht ihm wirklich an die Nieren, dass irgendein dahergelaufener Fremder ihn so von oben herab zu behandeln wagt. Sieht er etwa aus wie ein Vandale? Fraser hatte schon vorher gedacht, dass er sich lieber die Ausstellungsstücke und Manuskripte ansehen würde, als in einem stickigen Lesesaal zu sitzen und Gedichte von Wordsworth auswendig zu lernen, und jetzt ist er überzeugt davon. Aber Anna hatte am Telefon sehr nachdrücklich darauf bestanden.
    »Komm schon, Morgan, du bist mein einziger guter Freund in London«, hatte sie gesagt, »und schließlich ist es für die Liste und deine Freundin Liv.«
    Fraser wünscht, die Leute würden endlich aufhören, das zusagen. Er fühlt sich dadurch verantwortlicher, als ihm angenehm ist – und er will bestimmt nicht kleinlich sein, aber war die Liste nicht Mias Idee? Und machen wir uns doch nichts vor!, denkt er. Bisher ist es fast so, als brächte die Liste nur Unheil: zuerst in Vegas, dann in gewisser Weise sogar an Billys Geburtstag, der nicht gerade die Riesenparty für meine wundervollen Freunde war, die Liv gewollt hätte, sondern mehr eine Belastungsprobe. Zweihundertfünfzig Meilen Autobahn mit einer schlecht gelaunten Freundin, ganz zu schweigen davon, zusehen zu müssen, wie Eduardo Billy in die Luft warf, wann immer die Leute gerade hinsahen. Dieser Heuchler! Fraser hatte wirklich gehofft, dass Billy sich auf ihn übergeben würde. Na, komm schon, Billy, spuck all diese Käsestangen und

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