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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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Würstchen auf die Ray-Ban deines Dads!, hatte Fraser mehr als einmal gedacht.
    Wenn er ehrlich ist, verliert er jedoch schon aus den Augen, was Liv gewollt hätte. Manchmal kommt es ihm so vor, als entfernte das Abarbeiten der Liste ihn mehr von ihr. Dabei sollte es sich ihn ihr doch näher fühlen lassen! Hatte sie wirklich William Wordsworth’ Werke auswendig lernen wollen? Egal, wie sehr sie ihren Abschluss in englischer Literatur geliebt oder wie viel Zeit sie für die Werke von William Wordsworth gehabt hatte? Würde sie sich nicht schieflachen, wenn sie ihn jetzt sehen könnte, schlecht gelaunt, voller Unbehagen und in der sicheren Überzeugung, dass er sich lieber einen Arm abhacken würde, als den Samstagnachmittag mit dem Auswendiglernen von Gedichten zu verbringen?
    Zudem hatte Fraser Karen ein paar ziemlich ausgefallene Lügen erzählen müssen, um überhaupt hierherkommen zu können. Zum Beispiel hatte er behauptet, Anna bei einem Bewerbungsschreiben helfen zu müssen. Von der Liste konnte er Karen jedenfalls nichts mehr erzählen. Und sie hätte ihmauch nicht geglaubt, dass er den Nachmittag in der Britischen Staatsbibliothek verbringen wollte, selbst wenn es sein aufrichtiger Wunsch war. Genau das war der Punkt.
    Karen hatte die Liste nicht mehr erwähnt, seit sie das Thema angeschnitten hatte, halb im Schlaf schon nach Billys Party vor zwei Wochen, und Fraser wollte es dabei belassen. Aber da sein Gewissen lebendig ist wie eh und je, fällt es ihm immer schwerer, ihr die Wahrheit vorzuenthalten.
    Erst neulich kam er mit einer Rolle Baumwollstoff von Laura Ashley aus der Stadt zurück, und obwohl der Stoff fleckig und ein bisschen kitschig war, hätte es ihrem Gesichtsausdruck nach auch ein Ehering sein können.
    »Ich möchte eine römische Jalousie anfertigen«, verkündete er so unbefangen, als sagte er: Ich möchte mir heute Nachmittag das Spiel im Fernsehen anschauen. Karen hatte vor Freude kaum noch an sich halten können. Der »Nestbautrieb« habe ihn gepackt, erklärte sie. Fraser ist nicht dumm, er weiß, dass das eine weibliche Umschreibung für »sich binden« ist, und fand es geradezu beängstigend, wie schnell bestimmte Vorstellungen im Kopf einer Frau eskalieren konnten. Er brauchte bloß eine römische Jalousie zu erwähnen, und schon zog er bei Karen ein. (Dachte sie.) Und da er zu allem Übel natürlich keinen blassen Schimmer hatte, wie man eine solche Jalousie anfertigte, und Karen ihm also dabei helfen musste, verbrachte er einen ganzen Sonntagnachmittag mit Zuschneiden, Bohren und dem Anbringen einer Jalousie. Dabei kam er zu dem Schluss, dass er an Karens Stelle wohl auch gedacht hätte, dass er mit ihr zusammenziehen wollte.
    Das wäre ihm noch egal, doch seit seinem Streit mit Anna, damals im März im Merchants bei Livs Geburtstagstreffen, war ihre Beziehung höchstens noch lauwarm gewesen, um das Mindeste zu sagen. Sie hatten ein oder zwei schrecklich steifeTelefongespräche geführt, und die einzigen Worte, die Anna auf Billys Geburtstag mit ihm gesprochen hatte, spiegelten nur Steves epische Monologe und spirituelles Geschwafel wider. Warum will sie dann überhaupt den Nachmittag mit mir verbringen?, fragt Fraser sich nun. Irgendwie kommt ihm das alles ein bisschen unnatürlich und erzwungen vor.
    Trotzdem ist sie jetzt hier, wirft in einer geübten Geste das Haar zurück und hüpft auf ihre kokette Art die Stufen der Piazza zum Café hinunter. Anna tanzt nicht nur, als würde sie beobachtet, sondern lebt auch so, als schaute ständig jemand zu. Jede ihrer Bewegungen, so vermutet Fraser, wird fleißig vor einem Spiegel einstudiert. Heute trägt sie einen knielangen Faltenrock, feste Halbschuhe und eine wirklich unmögliche Strickjacke. Selbst in ihren besten Momenten hat Anna etwas an sich, das sie so aussehen lässt, als bräuchte sie eine gründliche Wäsche, und dieses Outfit macht es nicht gerade besser. Sie hat sich schon vor geraumer Zeit diesen Oma-Look zugelegt, was Fraser beim besten Willen nicht verstehen kann. Und diese Woody-Allen-Brille? Spanner hat doch noch nie eine Brille getragen, oder? Fraser beobachtet sie und verspürt trotz allem eine leise Scham. Er war wirklich schlimm über sie hergefallen in jener Nacht im Merchants , hatte sie vor allen anderen heftig kritisiert und angegriffen, obwohl die Wut, die er verspürt hatte, nur ihm selbst gegolten hatte. Er musste heute wenigstens versuchen, nett zu ihr zu sein.
    Deshalb winkt er lächelnd und geht zu ihr

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