Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
bereit. Er kaufte stets nur eine Blüte. Wenn Julia sie dann in Händen hielt und Armin küsste, wusste sie: Das war der beste Ehemann, den sie sich wünschen konnte.
Auch diesmal verrauchte ihr Zorn so rasch, wie er gekommen war. Warum sollte sie ihre Überlegenheit preisgeben? Der Triumph würde kaum lange anhalten. Er wäre rasch verpufft. Die wirklich Klugen unter ihren Bekannten, Rex jedenfalls und nun vielleicht auch Walter Hellbach, der Senior, der seine Detektei an seinen Sohn übergeben hatte, würden sie sich nicht von ihr abwenden? Hatten nicht zu allen Zeiten die klügsten Frauen ihre Männer und sogar ganze Staaten geleitet, ohne aus dem Hintergrund hervorzutreten? Sie fragte sich, was sie wollte. Gierte sie nach dem Beifall derer, die sie verachteten? Die Prahlerei ihres Gatten war zum großen Teil dem Rollenspiel jeglicher männlichen Kreatur geschuldet. Vielleicht konnte er sein Imponiergehabe genauso wenig abstellen wie seinen Bartwuchs. Sie war eine Frau, und sie musste diesem dumpfen Trieb nicht gehorchen. Wozu also angeben mit etwas, das sie viel einfacher allein genießen konnte?
5.
Julia fuhr gemächlich und planlos durch die Stadt und beobachtete genau die Fahrzeuge hinter ihr. Als sie sicher war, nicht verfolgt zu werden, rief sie Friedanger an und bestellte ihn abweichend von der früheren Vereinbarung für fünfzehn Uhr zum Café Krone. Die Zeit bis dahin vertrödelte sie in verschiedenen Boutiquen. Sie kaufte ein Seidentuch, das ihr schon an der Kasse nicht mehr gefiel, und einen Regenschirm, der winzig klein war, den sie aber trotz vieler Versuche nicht wieder auf seine ursprüngliche Kleinheit zusammenfalten konnte. Sie warf ihn auf die hintere Sitzbank und hatte ihn bereits vergessen, als er noch nicht einmal auf dem Polster gelandet war.
Julia musste nicht lange suchen, um Herrn Friedanger im Café Krone zu finden. Er hatte sich an einen Tisch gesetzt, von dem aus er den Eingang sicher im Blick hatte. Als er sie sah, reckte er seinen Hals so hoch er konnte. Mit der Hand gab er ihr ein undeutliches Zeichen. Er saß ganz aufrecht, fast steif auf seinem Stuhl. Diese Haltung schien ihm zu seinem dunklen Anzug und dem weißen Hemd zu gehören, und vor allem fühlte er sich verpflichtet, Frau Julia Gettis Einladung in korrekter Kleidung folgen zu müssen. Aber das alles passte nicht hierher. Julia war in einem klassischen Etuikleid mit Karree-Ausschnitt erschienen. Es war weiß. Bedruckt mit Blättern der Monstera, ganz schwarz, etwas schmaler als in Natur. Sandra, ihre Friseurin, hatte das Kleid zwar ganz nett gefunden, aber es passte nur zu blond, keinesfalls zu Julias Feria Color 60 Crystal Brown, und zu Julia, in welcher Tönung auch immer, schon gar nicht, denn es war entschieden zu billig. Sandra sagte nichts, aber ihr gefiel das Kleid immer weniger, je länger sie es ansah. Als Julia aus dem Salon schlenderte, fand sie es abscheulich. Julia auch. Sie wollte aber jetzt nicht auffallen. Das wäre ihr beinahe gelungen, wenn an den Tischen nicht so viele junge Männer hinter ihren Biergläsern gehockt hätten, die ohnehin jede Frau anquatschten. Julia beachtete sie nicht, und die Biertrinker schienen das auch nicht anders erwartet zu haben.
Julia ging langsam durch das Café. Sie vermied es, zielstrebig auf den Tisch zuzusteuern, an dem Friedanger saß. Sie wollte wissen, ob Bekannte sich unter den Gästen befanden. Die hätten es Armin sicher brühwarm gesteckt, wenn sie sich hier mit einem gut aussehenden jüngeren Mann getroffen hätte. Aber sie konnte zum Glück kein Gesicht entdecken, das zu ihren Kreisen gehörte. Aber sie fühlte sich trotzdem unsicher, weil Friedanger so unanständig korrekt gekleidet war. Sie registrierte die Nadelstreifen, die Preisklasse des blütenweißen Hemdes, eine teure Seidenkrawatte, die exklusive Krawattennadel mit zwei Diamanten, sicher nicht ganz echt, aber wer wusste das schon. Friedanger schien gerade vom Friseur gekommen zu sein, er war ganz glatt rasiert. Sie dagegen hatte sich wie ein Mädchen zurechtgemacht, das mit einem reichen Unternehmer in ein billiges Hotel huscht und sich ein paar Euro nebenbei verdient. So jedenfalls sah es aus. Niemand wäre auf die Idee gekommen, das billige Mädchen könnte eine Millionärin sein, wogegen der reiche Unternehmer mit beiden Beinen in der Pleite stand.
Julia hätte ihn vorher instruieren müssen, wie man sich an dieses Café anpasst, um nicht aufzufallen, aber dazu war es nun zu spät. Sie
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