Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
und eng gesetzten Füßen wäre sie ein Bild für jedes Männermagazin gewesen. Armin fotografierte sie auch immer wieder, und er knipste rasch hintereinander. Der Blitzkondensator hatte kaum Zeit, sich wieder aufzuladen. Manchmal schlich sie wie ein Tiger auf ihn zu, das Gesicht mit einer Pfauenfeder verdeckt; nur ihre großen dunkeln Augen sahen hervor.
Armin behandelte sie zärtlich und behutsam, auch wenn beider Stimmung auf dem Höhepunkt angelangt war. Nie hatte sie blaue Flecken oder gar Verletzungen zu beklagen gehabt. Er forderte von ihr nichts, was sie nicht selbst wollte. Er respektierte sie stets. Aber eben nur ihren Körper! Wollte sie etwas wissen, was seine Ausbildung oder seine Praxis betraf, so strich er ihr mit zwei Fingern über die Stirn oder pustete ihr sanft ins Gesicht, um die lästigen Gedanken zu vertreiben, die in ihrem Köpfchen nichts zu suchen hatten.
Armin konnte sich noch tagelang über diese Späße freuen. Für ihn waren sie Entspannung, Erholung von seiner Arbeit, geistiges Gähnen, aber für sie sollten sie die Erfüllung ihres Lebens sein; darin sollte sei aufgehen. Er riet ihr, durch Boutiquen zu schlendern, Modenschauen zu besuchen und ihre Vogue zu lesen, immer auf der Suche nach neuem Spielzeug, nach neuem Vergnügen. Sie faszinierte ihn, und er staunte immer wieder, wie sie es verstand, in jeder noch so ausgefallenen Garderobe immer wieder anders auszusehen und doch stets Julia zu bleiben. Doch Julia fühlte sich nach jeder Befriedigung tief erniedrigt, reduziert auf ihre Haut, ihre Formen und die Schwingungen ihrer Hüften. War sie vom Tanz erhitzt, durfte sie nicht duschen. Sie fühlte sich stinkend, aber er nahm sie immer gleich so.
Julia fragte sich, ob Armin den Unterschied zwischen ihr und einer mit warmem Wasser gefüllten Puppe bemerken würde, falls diese Puppe nur horrend teuer war. Es schien ihn nicht zu interessieren, was sie dachte, ob sie etwas außer der Vogue las, was ihr der Begriff >Renaissance< sagte und ob sie das Wort überhaupt schreiben konnte. Er hielt sie zwar nicht für dumm, nein das gewiss nicht, aber immerhin für oberflächlich gebildet genug, um ihrer Schönheit nicht zu schaden.
Er traute ihr keinen tiefen Gedanken zu, von anderen Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Mut, Ausdauer und Risikobereitschaft gar nicht zu reden. Ihre Welt sollte aus Cremes, Frisuren und Kleidern bestehen, aus Sportwagen, Schmuck und – das ging ihm allerdings mitunter zu weit – und nun auch noch aus einer Luxusjacht. Aber vor allem musste sie ein einziges Lächeln sein, ein Lächeln, das nur ihm galt. Damit sie es keinem anderen schenken konnte, verfolgte er sie. Er ließ sie bewachen. Das wusste sie zwar nicht, aber sie ahnte es. Er musste an ihrer Treue zweifeln, denn was sollte sie mit der ganzen langen Zeit zwischen Frühstück und Nachmittagstee anderes anfangen, als ihn zu betrügen? Er liebte sie, aber er traute ihr nicht.
Julia geriet regelmäßig in Zorn, wenn er sie als sein >schönes Kind< behandelte. Eines Tages würde sie es ihm sagen, nein, besser zeigen, was sie in der ganzen langen Zeit zwischen Frühstück und Nachmittagstee trieb. Sie würde ihm ihre Bankkonten präsentieren. Was heißt präsentieren? Sie würde ihm das ganze Geld schenken, vor die Füße werfen, oder seine Kanzlei kaufen, ihn zu ihrem Angestellten machen und ihm befehlen, wenn er mit ihr schlafen sollte, und wie er das gefälligst zu tun hatte. Und dann würde sie ihn dafür bezahlen, so wie er sie bezahlt hatte, und danach würde sie sich mit ihrem Bewacher vergnügen.
Dieser letzte Gedanke löschte ihre ganze Wut. Dieser letzte Gedanke schien ihr gar nicht so sehr abwegig zu sein. Sie würde vielleicht einmal darauf zurückkommen. Ganz bestimmt sogar. Aber sie gestand sich auch ein, zu häufig und zu schillernd als Puppenfee aufzutreten und ihn zu locken, mit ihr zu spielen. Ging er darauf ein, gab sie sich ihrer Rolle hin, bis sie sich schließlich auf einer Liege oder einem Teppich fanden. Sie genoss ihn. Aber danach sah alles immer ganz anders aus.
Diese Stimmungen hielten nie lange an. Wenn Armin abends nach Hause kam und ihr eine wunderbar duftende Rose überreichte, war alles vergessen. Er fuhr extra wegen dieser Blüte, einer Orchidee oder einer anderen Blume weit hinaus aus der Stadt. Eine Floristin, die nach vielen seiner Einkäufe gelernt hatte, Julias Vorlieben für bestimmte Blüten, Düfte und Farben zu verstehen, hielt für ihn immer ein besonderes Exemplar
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