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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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oder ein anderer, den es gar nicht gibt, mit seinem guten Namen vor laufender Kamera bestätigt.«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte: »Es ist nicht zu fassen, aber mir fällt beim besten Willen kein noch dümmeres Verfahren ein.«
    Julias lange Rede hatte Friedanger für einen Augenblick von seinen Problemen abgelenkt. Belustigt fragte er: »Und wie würden Sie den Atommüll transportieren?«
    »Ich? Ich würde den ganzen Kram in ein grasgrünes Auto kippen, an dessen Bordwand weithin sichtbar Meiermilch steht. Eine Kuh ist auch draufgemalt, eine glückliche, mit einem Kleeblatt im Maul, und dann würde ich den Schrott locker mit 120 Sachen ohne Beifahrer auf dem Bock über die Autobahn karren lassen. In drei Stunden wäre der Müll am Ziel. Dazu hätte ich keinen einzigen Polizisten aufscheuchen müssen.«
    »Und wie heißt das Märchenland, in dem das so gehen soll?«
    Aus Julias Gesicht war das Lächeln verschwunden. Sie ließ sich Zeit mit der Antwort.
    »Das geht überall so, Herr Friedanger, nur nicht in Deutschland. Oder haben Sie von Atomtransporten in Frankreich, England oder den USA gehört? Haben Sie jemals erfahren, dabei sei irgendeiner zu Schaden gekommen?«
    Sie schwiegen und tranken verlegen nun bereits die dritten Tassen Kaffee. Friedanger hätte am liebsten ein paar Wodkas hinuntergestürzt, aber er musste ja noch mit dem Auto zurück in die Werft. Das Fahren nach ein paar Gläschen Schnaps hätte ihn nicht erschreckt. Unangenehmer wäre ihm gewesen, seinen Schiffbauern mit einer Alkoholfahne entgegenzutreten. Aber was ihn wirklich vom Wodka abhielt, war die Anwesenheit der Frau, von der er Hilfe für seine angeschlagene Werft erhoffte.
    »Können wir uns morgen unauffällig in Ihrer Werft treffen?«
    Friedanger dachte kurz nach, dann nickte er.
    »Aber es muss niemand von meinem Besuch erfahren.«
    Friedanger nickte wieder. Aber Julia wusste, wie schnell sich gerade das herumsprach, was geheim bleiben sollte. Als Grund ihres Besuchs in Friedangers Werft konnte ihr Segelkursus gelten. Das würde die allgemeine Neugier be-friedigen. Es war jedenfalls besser, einen falschen, aber glaubhaften Grund anzugeben, als gar keinen. Ist gar nichts bekannt, beflügelt das die Fantasie ungemein. Ein Gerücht entsteht, jeder spinnt etwas hinzu, kluge Köpfe ändern, korrigieren, passen an, und nach einigen Tagen kommen Gerüchte der Wahrheit stets bedenklich nahe. So geht es über kurz oder lang allen Geheimnissen.
    Ihre Besuche bei Friedanger ließen sich nicht auf Dauer verbergen. Ihr Mann würde es erfahren, dessen war sie sich ganz sicher. Die Frage war nur, wie lange der Buschfunk brauchte, um die Neuigkeit bis zu ihm durchzutrommeln. Das störte sie nicht, im Gegenteil, sie würde sich an ihren Armin schmiegen und ihm stockend und ängstlich gestehen, sie habe es vor Neugier nicht mehr ausgehalten, sie konnte nicht anders, sie musste sich das Schiff anschauen. Er würde das ganz gewiss verstehen, und er würde sehr glücklich sein, wie ehrlich sein hübsches Baby war, hübsch und ein bisschen einfältig. Um ein so naives Mädchen zu beschatten, genügte wirklich ein junger Schnüffler, ein Lehrling etwa.
    Julia verabschiedete sich und bat Friedanger, noch wenigstens fünf Minuten sitzen zu bleiben. Er fragte sie, ob er etwas für ihren Besuch vorbereiten müsse, aber Julia schüttelte den Kopf. Sie wusste noch nicht einmal genau, was sie am nächsten Tag mit ihm bereden wollte.
    6.
    Am nächsten Morgen, die Sonne stand schon hoch am Himmel, holte Julia den Mercedes aus der Garage. Langsam fuhr sie die Allee entlang und bog dann auf die Waldstraße ein. Sie fuhr bis zum Zentrum und stellte das Auto in einem Parkhaus ab.
    Eine Galerie, die gerade mit einer Fotoausstellung eröffnet hatte, erregte ihr Interesse. An den Wänden hingen hauptsächlich Entwürfe von Antoni Gaudi, seine eigenwillig geformten Kamine, mehrere Ansichten des Bischofspalastes von Astorga und zahlreiche Mosaike, die er größtenteils selbst entworfen hatte.
    Bevor Julia wieder in die gleißende Helle der Straße trat, setzte sie eine Sonnenbrille mit ziemlich dunklen Gläsern auf. So konnte sie unauffällig die Passanten beobachten. Sie wollte endlich ihren Bewacher entdecken. Er war ihr mit dem Auto gefolgt. Da war sie sich ganz sicher. Jeder wusste, wann sie gewöhnlich das Haus verließ. Und ihr Bewacher hatte bestimmt einen Fahrer dabei, den er über Handy dirigieren konnte, falls sie ausstieg und er ihr zu Fuß durch die

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