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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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verlassen würde, ohne sich frisieren zu lassen. Ich fragte mich, weshalb dir so daran gelegen sein konnte, die Frau Großmann hier festzuhalten. Schläfst du mit ihrem Mann? Oder mit ihrem Sohn? Aber ich dachte, auf unreife Abiturienten konntest du unmöglich schon abgesunken sein.«
    Sie sagte wirklich >schon<, und das betonte sie auch noch durch eine Pause davor und dahinter. Julias Herz pochte stärker. Das war das Alarmzeichen, jetzt aufzupassen, sich zur Ruhe zu zwingen und vor allem zu schweigen.
    »Dann erzählt die Großmann von der Werft, in die nun auch bald ihr Sohn mit einsteigen wird, stolz wie alle Mütter. Von harter Konkurrenz ist die Rede und von einem Prozess, den ihr Mann zum Glück gewonnen hat. Dein Mann hatte ihn verteidigt gegen den Angriff eines anderen Schiffbauers. Aber dann wurde sie richtig ärgerlich, weil dein Mann dann doch ein Schiff von dem anderen gekauft hat. Und sie fragte mich, ob ich bei einem Couturier arbeiten lassen würde, der meinetwegen gerade einen Prozess verloren hat. >Natürlich nicht<, sagte ich.«
    Sandra trank den Kaffee aus und sah Julia jetzt erstmalig an, seit sie hier saßen: »>Warum erzählt sie mir das alles<, denke ich, >wir beide kennen uns, das muss sie doch wissen<. Schließlich hast du sie mir doch geschickt.«
    »Sie kennt mich nicht. Sie weiß nicht, wer ihr deinen Salon empfohlen hat. Aber erzähle nur weiter.«
    Sandra nickte vor sich hin, immer wieder. Wenn die beiden sich nicht kannten, dann war die Geschwätzigkeit der Frau Großmann gegenüber ihrer Friseurin einigermaßen verständlich. Manche Kundinnen glaubten, ihre Frisur würde besonders gut gelingen, wenn sie die Friseurin bei Laune hielten. Andere dachten sogar, damit einen Preisnachlass zu erhaschen.
    »Der Konkurrent heißt >Bootsbau Friedanger<, stimmt`s?«
    Julia nickte und zuckte mit den Schultern: »Ja, Friedanger, und?«
    »Du hast deinen Mann überredet, ein Schiff von diesem Friedanger zu kaufen. Was hast du mit dem zu tun? Du lässt dir eine Luxusjacht schenken und sagst mir kein Wort davon! Nicht ein einziges Wort. Du schweigst, spielst mir eine Lesbe vor, die ganz heiß auf mich ist. Du bist eine gute Schauspielerin, eine richtig gute, du warst tatsächlich echt heiß. Aber in Wahrheit bist du eiskalt. Du hast keinen Liebhaber, das ist immer nur Ablenkung. Und ich habe dir alles geglaubt, ich habe dir immer alles gegönnt. Aber ich durfte nie etwas erfahren, nichts wissen, es war alles Schwindel!«
    Bei den letzten Worten zuckten ihre Mundwinkel, sie atmete heftig, und die Stimme wurde ganz unsicher. Sandra war kurz vor dem Weinen. Julia stand auf, setzte sich neben Sandra auf die Stuhlkante und umarmte sie. Sandra schmiegte sich an ihre Freundin. Die Umarmung tat ihr gut. Sandra schluchzte erleichtert auf. Mit immer noch zittriger Stimme sagte sie: »Du lebst gefährlich. Das spüre ich. Ist das kriminell, was du tust?«
    Julia strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie nickte und sagte: »Ich darf dich nicht einweihen. Später vielleicht. Aber es ist nicht kriminell, bitte beruhige dich. Glaube mir, es ist besser, wenn du nichts davon weißt.«
    Sandra sah sie von unten herauf an, mit treuem Blick, aber doch auch noch ungläubig, misstrauisch. Um sie restlos zu beruhigen, sagte Julia: »Wenn es vorbei ist, werde ich dir alles sagen.«
    Das wirkte. Aber Julia hatte keinen Augenblick daran gedacht, dieses Versprechen jemals einzulösen. Ehemänner und Freundinnen, so lieb sie auch waren, hatten nichts mit Julias Beruf oder Sport, das fasste sie mal so und mal so auf, zu tun. Das gehörte in eine Dimension, von der sie sowieso rein gar nichts verstanden. Friedanger vielleicht, aber der war zu weich. Im entscheidenden Augenblick würde er versagen. Einzig York, ja, das wäre der richtige Mann.
    24.
    Armin Getti stieg in den Keller hinab. Er wollte einen italienischen Rotwein holen. Nach langem Zögern entschloss er sich für den Amarone della Valpolicella. Der Amarone konnte zehn bis zwanzig Jahre altern. Dieser war zwar erst acht Jahre alt, aber Armin entschied sich doch für diesen Jahrgang, schließlich besaß er davon noch nahezu einhundert Flaschen.
    Während Armin im Keller suchte, war Rex an ein Fenster getreten. Er interessierte sich sehr für die Gardinen. Julia schien das jedenfalls so. Sie wunderte sich darüber, denn Rex hatte bisher keine einzige Gardine auch nur angesehen. Sie waren ihm eher lästig. Wenn er ein Fenster öffnen wollte, geriet er immer mit dem

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