Kleiner Hund und große Liebe
wiedergefundene Hund Cora?“
Jetzt war Miriam an der Reihe, die Augen aufzusperren und das Messer sinken zu lassen.
„Kennst du ihn?“
„Und ob!“ rief ich. „Es waren ja wir, Papa und ich, die Cora fanden! Und hier, ein paar hundert Meter von unserem Haus entfernt trafen sich Ingo und Cora! Und Bisken - der ist Coras Sohn!“
„Jetzt schlägt es aber dreizehn!“ rief Miriam. „Warte mal, was hat er damals alles erzählt - ja, Hund wiedergefunden - vierzehn Tage Sommerjob bei einer ganz reizenden Familie!“
„Das waren wir!“
„Ja, das wart ihr; das mit dem ,reizend’ unterschreibe ich! Aber er hat mir nicht den Namen der reizenden Familie gesagt, er erzählte nur, daß alles in Niedersachsen passiert sei, und Niedersachsen ist groß. Nein, Elaine, das ist doch komisch!“
„Ja, ist es nicht lustig? So klein ist die Welt!“
„Und wie findest du Ingo? Ist er nicht nett?“
„Doch. Sehr nett. Ein prima Kerl! Und so wie er arbeiten kann! Hat er dir erzählt, daß er den ganzen Garten umgegraben, ja, ihn direkt angelegt hat?“
„Nein, er sagte nur, daß er einen Sommerjob gehabt hatte. Er war so rasend in Eile, seine Reise war vorverlegt, und er hatte tausend
Dinge zu tun, Flugkarten und Visa und Reiseschecks und einen Koffer kaufen und noch etwas und noch etwas. Er wollte mir schreiben und alles erzählen, aber das hat er bis jetzt nicht getan, der faule Kerl!“
„Der Brief kann ja noch kommen. Ich habe mir sagen lassen, daß Mannsbilder oft schreibfaul sind.“
„Na ja, er buddelt wohl nach Scherben und Ruinen in Italien. Außerdem ahnt er ja nicht, daß ich hier bin, aber Mutti wird schon den Brief nachsenden, wenn er kommt.“
Miriam nahm die Arbeit wieder auf. Dann sagte sie langsam: „Aber wie ist es mit dir? Hast du dich auch in ihn verliebt?“
„Wo denkst du hin? Er ist doch viel zu alt für mich. Sechs Jahre älter! Ja, wir haben es sehr nett gehabt, aber von Verliebtheit keine Spur! Warte mal, ich zeige dir die Bilder!“
Ich rannte in mein Zimmer. Ich hatte das Gefühl, einen Rekord in Selbstbeherrschung geleistet zu haben. Nur zwei Minuten Alleinsein
- zwei Minuten Pause in dieser furchtbaren Komödie. Ich holte mein Fotoalbum und ging wieder in die Küche.
„Hier, erkennst du ihn so, als Gärtner? Und da sind wir alle am Kaffeetisch im Garten - ja, und dann Cora und Bisken, ja das Schwarze, Undefinierbare da ist tatsächlich unser Haushund, vier Wochen alt. Ist er nicht komisch? Und Cora war die süßeste kleine Hundemutti und furchtbar stolz auf ihr lustiges Baby. Ach, es war schwer, sich von Cora zu trennen!“
„Das kann ich verstehen“, nickte Miriam. „Aber dafür habt ihr ja Bisken!“
„Ja, Gott sei Dank“, sagte ich. „Unser liebes Bisken!“ Als Mama in die Küche kam, um zu sehen, wie weit wir mit den Äpfeln waren, hatte ich mich so weit in der Gewalt, daß ich mit meiner natürlichen Stimme (glaube ich!) sagen konnte: „Denke dir, Mama, Miriam kennt Ingo! Nicht nur das, er ist ihr guter Freund! Ist das nicht lustig?“
„Was du nicht sagst! Ja, das ist wirklich ulkig. Da hast du aber einen sehr netten Freund, Miriam! Wie geht es ihm jetzt?“ „Hoffentlich gut, er ist im Ausland.“
„Und praktiziert die italienischen Worte, die ich ihm eingehämmert habe“, lächelte Mama. „Und unser Felinchen - ich meine, Cora - ist zu Hause bei ihrem rechtmäßigen Frauchen! Wie geht es, Kinder? -Ach, ihr seid ja fleißig gewesen; mehr faßt der Kochtopf nicht, ihr könnt vorläufig eine Pause machen!“
Miriam wollte ihrer Mutter schreiben und zog sich zurück. Ich ging in den Garten, setzte mich auf die kleine Bank, auf der Ingo und ich oft gesessen hatten, wenn er sich eine kurze Verschnaufpause gönnte.
„Du hast es geschafft, Elaine“, sagte ich zu mir selbst. „Du hast es tatsächlich geschafft. Ich bin stolz auf dich!“
Bisken kam angewedelt, stellte sich auf die Hinterbeine und wollte auf meinen Schoß. Ich nahm ihn in die Arme, er leckte mich eifrig und verlangte ganz deutlich, gekrault zu werden.
Ich legte meine Wange an sein warmes, weiches Fell.
„Jetzt habe ich nur noch dich“, flüsterte ich. „Nur dich - du liebes Bisken!“
Die Tage vergingen. Man gewöhnt sich allmählich an alles, auch an ein gebrochenes Herz und einen begrabenen Traum.
Oh, ich Idiot, warum mußte ich mich auch ausgerechnet in den Freund eines anderen Mädchens verlieben? In den Freund eines so lieben, hübschen Mädchens wie Miriam es war?
Diesmal
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