Kleiner Hund und große Liebe
ist. Gott segne Sie für alles, was Sie für unser Kind tun! “
Miriams Stimme zitterte. Dann schluckte sie und blätterte weiter im Album.
„Hier ist Mutti als Schulanfängerin - da auf einer Klassentour -da kurz nachdem sie Vati kennengelernt hatte, sie waren Schulkameraden .“
Sie blätterte weiter. Hochzeitsbild, dann ein Bild von der Mutter mit der neugeborenen Miriam. Miriam an ihrem dritten Geburtstag,
Miriam mit Schulanfängertüte, Klassenbilder - Bilder, wie sie sich bei jedem Kind ansammeln. Ganz zuletzt ein Bild von Miriam mit Ingo. Er stand lächelnd neben ihr und hatte den Arm um ihre Schultern gelegt. Und sie standen vor dem kleinen komischen Auto, das ich so gut kannte. „Wer hat das denn aufgenommen?“ fragte ich.
„Mutti. Er hatte uns beide zu einem Sonntagsausflug eingeladen.“ Dann kamen die Bilder, die hier bei uns aufgenommen worden waren: mit meinen Eltern, mit Marcus und mir - und immer und überall Bisken!
Ich schloß das Album.
„Vielen Dank, Miriam. Es war nett von dir, mir das alles zu zeigen. Wir müssen jetzt runter!“
Mamas Stimme klang durchs Haus: „Kinder, kommt zum
Essen!“
Es hatte wehgetan, das Bild von Ingo und Miriam zu sehen. Und es hatte wehgetan, die Geschichte von Miriams Großeltern zu hören, die ihr Kind weggeben mußten, an fremde Menschen, weit weg in ein fremdes Land.
Arme, einsame Miriam.
Sic sollte ihren Ingo behalten. Und ich mußte, mußte ihn aus meinem Herzen, aus meinem Leben streichen. Er durfte nichts anderes für mich sein als eine nette Sommererinnerung! Leicht gedacht, schwer durchzuführen! Aber es mußte sein!
„Elaine“, sagte Papa und riß mich aus meinen traurigen Gedanken. „Ab morgen mußt du meine sozusagen wichtigste Pflicht übernehmen. Du mußt Bisken jeden Abend filmen!“
„Ich werde mein Bestes tun“, versprach ich. „Was hast du vor? Verlaßt du uns schon wieder?“
„Schon wieder ist gut! Nun habe ich wochenlang nur hier in Niedersachsen gefilmt; ich habe das Gefühl, daß ich jeden Quadratmeter von der Lüneburger Heide mitgekriegt habe! Ich muß nach Hamburg. Städtebilder mit Herbstfarben, und wenn Petrus uns einen schönen Herbststurm schicken würde, könnte ich stürmische Aufnahmen vom Hamburger Hafen machen! Ja, und Waldbilder und Moorbilder und Herbstarbeit auf den entlegensten Bauernhöfen in Norddeutschland! “
„Na, dann viel Vergnügen“, sagte ich. „Ich werde unseren Rassehund schon filmen, wenn du bloß genug Filmmaterial hinterläßt!“
Am Abend saßen wir vor dem Fernsehapparat, aber daran hatten wir wenig Freude! Der Apparat spielte verrückt, das Bild lief und lief, und zuletzt lief überhaupt nichts mehr - der Bildschirm wurde schwarz, und der Ton verschwand.
„So was!“ ärgerte sich Papa. „Und das mitten in dem Film, den ich so gern gesehen hätte. Gut, ich muß morgen früh sowieso nach Hannover, ich werde einen Fernsehtechniker bestellen; hoffentlich bringt er den alten Kasten zurück ins Leben!“
Am nächsten Morgen fuhr Papa los mit seiner ganzen filmtechnischen Ausrüstung. Am Nachmittag ging Mama zu einer Elternversammlung in der Schule, die die Ehre hatte, meinen hoffnungsvollen Bruder als Schüler zu haben. Derselbe Hoffnungsvolle verschwand mit unbekanntem Ziel, und so waren Miriam und ich allein im Haus, als es an der Tür klingelte. Es war der Fernsehtechniker, ein netter junger Mann mit einem freundlichen Lächeln.
Bisken betrachtete jeden Besucher als eine willkommene Abwechslung in seinem Alltagsleben, begrüßte den Techniker auf stürmische Weise, wurde gestreichelt und fing sofort an, die große Tasche mit allerlei Werkzeug und Ersatzteilen genauestens zu untersuchen.
„Hör mal, du kleiner Frecher, einen Assistenten brauche ich nun nicht, geh zu deinem Frauchen!“
Ich brachte Bisken in Sicherheit, und Miriam und ich sahen zu, als der Techniker mit geübten Händen die Rückwand des Apparats entfernte und anfing, all die unbegreiflichen Teile darin zu untersuchen.
„Es tut mir leid“, sagte er schließlich. „Es bleibt mir nichts anderes übrig, als das ganze Ding mit in die Werkstatt zu nehmen. Wir werden uns aber gleich darum kümmern, hoffentlich bekommen Sie ihn recht bald wieder!“
„Zu dumm, daß meine Eltern nicht zu Hause sind“, meinte ich. „Kann meine Mutter vielleicht bei Ihrer Firma anrufen?“
„Klar! Hier ist unsere Firmenkarte, mit Telefonnummer. Ihre Mutter kann ja nach mir fragen. Ich heiße Kalinic. Daniel Kalinic. Ich
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