Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
Vom Netzwerk:
Wirsch sagte: »Und jetzt vorwärts! Ganz leise, ganz
vorsichtig, haltet euch dicht hinter mir.«
    Sie setzten sich in Bewegung und
betraten den torbogenartigen Eingang. Die Höhle selbst lag noch weiter
entfernt. Zuerst mußten sie eine Vorhalle durchqueren. Das bläuliche Licht
wurde stärker — und dann standen sie vor dem schlafenden Murrumesch.
    Wer Murrumesch war, hatte Kalle Wirsch
den Kindern nicht erklärt. Jetzt sahen sie es: Vor ihnen lag ein mächtiger
Drache. Sein schuppiger Leib glänzte silbern, und an seinen acht Beinen wuchsen
ihm scharfe Klauen. Aus dem Rachen ragten spitze Zähne kreuz und quer hervor.
Auch ohne den Uranstein wäre er ein gefährlicher Gegner gewesen; jetzt war er
unüberwindlich. Wie Blitze zuckten die Strahlen aus dem Uranauge von seiner
Stirn. Sie verbreiteten ein unruhiges Licht, das den Eindruck erweckte,
Murrumesch läge gespannt auf der Lauer. Daß er schlief, erkannte man jedoch an
den beiden andern geschlossenen Augen und an seinem gleichmäßigen Schnarchen.
    Mit winzigen Schritten, Zentimeter für
Zentimeter, schoben sich die drei weiter in die Höhle. Sie ließen den Drachen
nicht aus den Augen und dachten immer nur: kein Geräusch machen, nur kein
Geräusch; er darf nicht aufwachen, nicht aufwachen.
    Besonders schwer fiel es ihnen,
unhörbar zu atmen, denn mit einem klopfenden Herzen schnauft man immer lauter
als sonst, und außerdem verbreitete der Drache einen beißenden Geruch, der
ihnen in der Nase brannte.
    Als sie die Mitte der Höhle erreicht
hatten, stockte Murrumeschs Schnarchen und ging in drohendes Knurren über. Ein
Zittern lief über seine Schuppen. Er wälzte und schüttelte sich, öffnete erst
sein rechtes Auge, darauf das linke, und dann — was dann geschah, ging so
rasend schnell, daß man es in Worten nur schleppend nacherzählen kann.
    Der schwere Drachenkopf wendete sich
suchend um. Aus dem Uranauge schossen die Blitze wie gebündelte Pfeile. Gleich
mußte er sie erreichen, gleich war alles aus. —
    Jenny hatte nicht einmal die Kraft zu
schreien. Sie sah Kalle vorspringen mit einem kleinen runden Gegenstand in den
erhobenen Händen. Sie sah, wie der Drache sein Uranauge auf ihn richtete. Dann
flammte ein Blitz auf, der sich auf Kalle stürzte — aber er traf ihn nicht. Er
prallte ab von dem kleinen runden Ding, das Kalle über seinen Kopf hielt.
    »Mein Spiegel«, dachte Jenny. »Das ist
mein Spiegel.«
    Der Flammenstrahl, der Kalle Wirsch
töten sollte, wurde von dem Spiegel auf Murrumesch selbst zurückgeschleudert.
Im gleichen Augenblick brannte sein mächtiger Körper lichterloh. Mit heiserem
Gebrüll bäumte sich der Drache auf. Er hieb besinnungslos vor Wut und Schmerz
um sich, aber das Feuer war schneller als er. In einem Wirbel von zischenden
Flammen verglühte der schreckliche Murrumesch.
    Nichts blieb von ihm übrig — nur das
Uranauge, das ihm nicht gehört hatte.
    Der kleine König beugte sich über den
schwarzen Stein, der das Zeichen seiner Macht war. Ein ruhiges Leuchten ging
jetzt davon aus. Kalle Wirsch betrachtete ihn lange.
    »Wißt ihr, was das bedeutet?« sagte er
zu Max und Jenny. »Ich habe nicht nur eine Waffe zurückerobert. Mit diesem
Stein erhalten wir Erdmännchen eine wichtige Aufgabe zurück. Wir waren die
Hüter der Erdstrahlen. Auch diese Aufgabe ging uns mit dem Raub des Steins
verloren.«
    Er hob seinen Besitz vorsichtig auf
und legte ihn wieder in die Kapsel, dorthin, wo sein richtiger Platz war.
    Jenny blickte noch immer scheu nach
der Stelle, an der Murrumesch gelegen hatte.
    »Ist er wirklich weg?« flüsterte sie.
»Ist er bestimmt weg und verbrannt?«
    Kalle Wirsch klopfte ihr beruhigend
auf die Schulter.
    »Du kannst ganz sicher sein,
Menschenmädchen.«
    Er reichte ihr den kleinen Spiegel.
»Da, steck ihn wieder in die Tasche. War doch recht nützlich, dieser unnütze
Kram!«
    Max hatte bis dahin kein Wort
gesprochen. Er konnte nur langsam begreifen, was sich gerade vor seinen Augen
abgespielt hatte.
    »Und wie bist du darauf gekommen?«
fragte er jetzt Kalle Wirsch. »Ich meine, wieso kamst du auf Jennys Spiegel?«
    »Ja, weißt du«, antwortete Kalle
lachend. »In der höchsten Not fällt einem manchmal genau das Richtige ein.«
    Max nickte ihm bewundernd zu. Dabei
bemerkte er eine frische Wunde an Kalles rechter Hand.
    »Was ist denn mit deiner Hand?« rief er.
»Du bist ja verletzt.«
    »Verletzt?« Kalle Wirsch schien die
Wunde erst jetzt zu bemerken. »Tatsächlich! — Nichts von Bedeutung. Nur

Weitere Kostenlose Bücher