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Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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raubte.«
    »Aber ich verstehe nicht, wieso
Strahlen eine Waffe sein können«, sagte Max.
    »Das ist auch ziemlich schwer zu
begreifen: Die Strahlen, die in diesem Uranstein sitzen, sind von ganz
besonderer Art. Sie brechen hervor wie Blitze und verbrennen alles, auf was sie
treffen. Deshalb wurde der Stein früher in dieser Kapsel aufbewahrt. Sie ist
gepanzert, die Strahlen dringen nicht durch sie hindurch. Wir haben die Kapsel
nur geöffnet, wenn wir in größter Not waren, denn die Kraft der Strahlen ist
ungeheuer.
    Seitdem Murrumesch den Stein besitzt,
traut sich keiner mehr an ihn heran. Er vernichtet alles, was in seine Nähe
kommt.«
    »Und er selbst? Warum wird er nicht
selbst von den Strahlen verbrannt?«
    »Weil er sich den Uranstein an die
einzige Stelle gesetzt hat, an der er unverwundbar ist. Mitten auf der Stirn
trägt er dicke Panzerschuppen, durch die keine Waffe der Welt dringen kann. Auf
diese Panzerschuppen hat er sich den Uranstein gesetzt. Die Strahlen werden
jetzt also nur von Murrumesch weg nach außen geworfen und können ihn selbst
nicht treffen. Klug ausgedacht, was?«
    Tief in Erinnerung versunken, sprach
er weiter: »Wenn ihr gesehen hättet, wie dieses Ungeheuer über uns hergefallen
ist! Wir waren ganz unvorbereitet, denn wir lebten in Freundschaft mit allen
Wesen der Erde. Er drang in unsere Burg, während wir friedlich beim Mahl saßen;
es war bei einem unserer alljährlichen Treffen. Das ist schon lange her, so
lange.«
    Der kleine Wirschenkönig erlebte in
Gedanken noch einmal den schrecklichen Überfall:
    Mit einem Prankenhieb hatte Murrumesch
die Burgmauer zertrümmert und war im gleichen Augenblick über ihm gewesen.
Blitzschnell — bevor ihn Kalle Wirsch mit dem tödlichen Strahl treffen konnte —
hatte er den Uranstein aus der Kapsel gerissen und wie ein drittes Auge mitten
auf seine unverwundbare Stirn gesetzt.
    Dann hatte er höhnisch gebrüllt:
»Jetzt ist es aus mit eurer Macht. Elende Knirpse seid ihr. Mit einem Blick
könnte ich euch vernichten. Aber ich bin großmütig. Für das Uranauge schenke
ich euch das Leben — wenigstens für diesmal. Aber wehe dem, der sich in meine
Höhle wagt!«
    Und mit einem gräßlichen Lachen war er
davongestürmt.
     
    An das alles dachte Kalle Wirsch,
während er vor Murrumeschs Höhle kauerte und keinen Ausweg mehr sah.
    Max wollte noch nicht alle Hoffnung
aufgeben.
    »Tutulla schickt uns bestimmt Hilfe«,
überlegte er.
    Kalle Wirsch machte eine Gebärde, die
erkennen ließ, daß er nicht an Hilfe von außen glaubte.
    Schließlich stand er auf und sagte:
»Ich will versuchen, in die Höhle einzudringen und sehen, was Murrumesch macht.
Ihr bleibt hier und rührt euch nicht von der Stelle.«
    »Kommst du auch wieder?« wisperte
Jenny.
    Kalle nickte halb tröstlich, halb
verzagt und machte sich vorsichtig schleichend auf den Weg.
    Mit angehaltenem Atem lauschten die
Kinder in die Richtung, in der er verschwunden war. Das bläulichzuckende Licht
beunruhigte sie. Sicher kam es von Murrumeschs Uranauge. — Was sollte aus ihnen
werden, wenn Kalle Wirsch nicht zurückkehrte?
     
    Aber er kam zurück.
    »Murrumesch schläft«, berichtete er.
»Das ist eine kleine Hoffnung, eine winzigkleine allerdings. Er hat feine Sinne
und wird es spüren, wenn jemand durch seine Höhle schleicht. — Habt ihr Mut, es
trotzdem zu wagen?«
    Max schluckte seine Furcht hinunter
und nickte, aber Jenny liefen schon wieder dicke Tränen über das Gesicht. Sie
kramte nach einem Taschentuch und leerte dabei den ganzen Inhalt ihrer
Rocktasche aus. Auch das runde Spiegelchen rutschte mit hervor, das sie von zu
Hause mitgebracht hatte.
    Kalle Wirsch erblickte es, und aus dem
verstörten Kalle wurde mit einem Schlag wieder der alte schrullige Wirsch.
    »Äh, Spiegel!« brummte er. »Da sieht
man’s, was dieses Menschenzeug im Sinn hat. Nichts als Dummheiten, Putz und
eitlen Kram. Spiegel, ausgerechnet im unpassendsten Augenblick,
hiii-käckäckäck.«
    Max und Jenny waren ihm richtig
dankbar für diesen Ausbruch. Sie hatten viel lieber, wenn er schimpfte, als
wenn er mutlos war.
    »Steck deinen unnützen Putzkram ein«,
befahl er.
    Aber bevor Jenny das Spiegelchen in
die Tasche brachte, veränderte sich Kalle Wirschs Stimmung schon wieder. Es
blitzte etwas in ihm auf wie ein rettender Einfall.
    Ganz unerwartet riß er Jenny den
Spiegel aus der Hand und steckte ihn selbst ein. — Was wollte er damit?
    Es blieb jedoch keine Zeit, darüber
nachzudenken, denn Kalle

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