Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
dass der Glaube keine Vermittlung durch die Institution Kirche oder durch irgendwelche Einzelpersonen braucht. Jeder Mensch kann auf der Grundlage der biblischen Überlieferungen und seines Glaubens sein Gewissen schärfen und zu seiner eigenen begründeten Meinung kommen.
Christen müssen der Obrigkeit UNTERTAN sein
»Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet« (Römer 13,1), schrieb Paulus an die römische Gemeinde. Und auch Jesus sagte: »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist« (Markus 12,13). Müssen sich Christen also wirklich jeder Obrigkeit unterordnen, egal wie diese handelt?
Die ersten Christen haben sich der römischen Herrschaft nicht aktiv widersetzt, sie weigerten sich aber, am Kaiserkult teilzunehmen, und leisteten keinen Militärdienst, wofür viele Christen bis in den Märtyrertod hinein verfolgt wurden. Ein Jahrtausend später stellte der Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225 – 1274) fest: »Ein unrechtes Gesetz verpflichtet nicht.« Man müsse sich der Obrigkeit also nur dann unterordnen, wenn sie sich selbst auch an die göttlichen Gesetze halte. Diesen Gedanken griff auch Luther auf, er geht in seiner Zwei-Reiche-Lehre aber zunächst davon aus, dass die Obrigkeit sich, genau wie die Kirche auch, Gott verpflichtet weiß. Der Mensch lebe in zwei Reichen zugleich, meint Luther, in einem geistlichen, in dem sich die Menschen nach der Botschaft Jesu richten sollten, und in einem weltlichen, in dem man sich den staatlichen Vorgaben unterzuordnen
habe, damit die allgemeine gottgewollte Ordnung aufrechterhalten bliebe. Damit weist er einerseits die Kirche in ihre Schranken, die sich seiner Ansicht nach nicht zu sehr in weltliche Angelegenheiten einmischen sollte; andererseits kritisiert er diejenigen, die meinen, man könne allein nach den Grundsätzen des Evangeliums die Welt regieren. Solange die Obrigkeit sich an Gottes Gebote halte, habe man sich ihr auch unterzuordnen. Dies ändere sich allerdings, »wenn der Kutscher trunken ist«. Wenn die Obrigkeit also ihrer Verpflichtung Gott gegenüber nicht mehr nachkomme, sei auch der Untertan von seiner Gehorsamspflicht befreit. Ähnlich argumentiert die schon im Mittelalter angedachte Lehre vom Tyrannenmord, auf die sich auch Dietrich Bonhoeffer berief, als er am Attentat auf Hitler mitwirkte. Bonhoeffer erklärte allerdings, wer sich mit Mitteln der Gewalt auflehne, mache sich immer auch selbst schuldig.
Das soziale Zusammenleben von Menschen braucht ordnende Strukturen, die sich nicht von selbst ergeben, sondern die Menschen gemeinsam finden müssen. Jesu Botschaft erzählt vom kommenden Reich Gottes, in dem Gerechtigkeit zum Wohlergehen aller herrscht. Christen sind nicht verpflichtet, sich einer Obrigkeit widerstandslos unterzuordnen. Im Gegenteil, sie dürfen daran mitwirken, dass den Mächtigen nicht mehr Macht zukommt, als sie für die Aufrechterhaltung des Allgemeinwohls brauchen, und dass auch die Schwachen zu ihrem Recht kommen.
Unter den URCHRISTEN herrschte Harmonie
»Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.
Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden … Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele« (Apostelgeschichte 2,44 – 47 und 4,32 – 35). So schildert die Apostelgesichte die Anfangszeit des Christentums: Ein beinahe himmlisches Ideal an Harmonie und Solidarität. Damals, unter den ersten Christen, wurde das Evangelium noch ursprünglich gelebt. Friede, Freude, Einerlei – zu schön, um wahr zu sein. Und tatsächlich, diese Schilderungen sind wohl eher den romantischen Vorstellungen des Autors Lukas entsprungen, als dass sie die damalige Realität widerspiegeln.
Lukas schildert allerdings auch anderes. In äußerst drastischer Weise beschreibt er, wie es Hananias und seiner Frau Saphira erging, als sie der Gemeinde einen Teil des Erlöses vom Verkauf ihres Ackers vorenthalten wollten (Apostelgeschichte 5). Als Hananias das restliche Geld zu Petrus brachte, sagte der: »Hananias, warum hat
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