Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
der lateinische Text.
Luther, der 1521 zu seinem eigenen Schutz von seinem Landesfürsten Friedrich dem Weisen auf die Wartburg entführt worden war, wo er als Junker Jörg inkognito lebte, fand dort die Zeit für ein lange gehegtes Vorhaben: In nur elf Wochen übersetzte er das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Sein Freund Melanchthon und weitere Bekannte halfen ihm dabei und überarbeiteten seine Texte. So konnte die Übersetzung schon im September 1522 gedruckt erscheinen. In den folgenden Jahren
bis 1534 übersetzte Luther mit Hilfe seiner Freunde auch das Alte Testament ins Deutsche. In den inzwischen protestantischen Gebieten wurde seine Bibelübersetzung rasch zu einem Volksbuch, das sich großer Beliebtheit und schneller Verbreitung erfreute. Was aber trug zu diesem großen Erfolg seiner Übersetzung bei? Bisher hatte man überall in Deutschland noch im regionalen Dialekt geschrieben. Eine einheitliche Schriftsprache gab es noch nicht. Luther hatte sich aber vorgenommen, den Menschen besser verständlich zu machen, was die Bibel zu sagen hatte. Daher griff er zum einen nicht, wie so viele seiner Vorgänger, auf die lateinische Vulgata, sondern auf die ursprünglichen griechischen und hebräischen Texte zurück. Außerdem wollte er, dass auch einfache Menschen und nicht nur Theologen die Botschaft der Bibel selbst verstehen konnten. Daher nutzte er den deutschen Dialekt, der in der Kanzlei seines sächsischen Landesherren verwendet wurde, und entwickelte eine ganz eigene, sehr bildhafte und allgemeinverständliche Ausdrucksweise. Er hörte einfach den Menschen auf der Straße genau zu: »Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen, und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen; da verstehen sie es denn, und merken, dass man deutsch mit ihnen redet.« So erreichte Luther nicht nur, dass jeder seinen Glauben selbstständig auf den Bibeltext gründen konnte, sondern leistete außerdem einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der einheitlichen neuhochdeutschen Sprache.
Der Papst ist UNFEHLBAR
Während des Ersten Vatikanischen Konzils, das 1869 eröffnet wurde, ließ sich Papst Pius IX. für unfehlbar erklären, was nicht
nur bei evangelischen Christen zu ungläubigem Kopfschütteln führte. Fast 20 Prozent der beim Konzil anwesenden Bischöfe verließen das Konzil vor der entscheidenden Abstimmung. Dennoch reichten die übrigen Stimmen, um die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma erheben zu können. Von nun an hatten die katholischen Christen daran zu glauben, dass der Papst in Fragen des Glaubens und der Moral nicht irren könne. Wie soll man sich das vorstellen? Wird nun alles, was der Papst von sich gibt, zur Wahrheit?
Zum Glück ist das so einfach nicht. Gegen die Naturgesetze und allgemeine Vernunfteinsichten kann auch der Papst noch nicht andogmatisieren. Wohl aber hatte er von nun an letztendlich die alleinige Entscheidungshoheit darüber, was katholische Christen zu glauben und wie sie sich in moralischen Fragen zu verhalten haben. »Das Lehramt ist unfehlbar, wenn der Papst kraft seiner Autorität als oberster Hirte der Kirche eine Lehre über den Glauben oder die Sitten in einem endgültigen Akt verkündet. Solchen Lehren muss jeder Gläubige im Glaubensgehorsam anhängen«, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche. Es geht dabei also nicht um private Ansichten des Papstes, sondern um Aspekte des Glaubens, die zur verbindlichen Lehre erhoben werden sollen. Und das kann der Papst nicht einfach nebenbei entscheiden, sondern nur, wenn er »ex cathedra« spricht, also unmissverständlich deutlich macht, was er da gerade verkünden möchte. Diese Möglichkeit wurde bis heute auch erst zweimal genutzt, denn da eine solche Lehre nicht plötzlich ganz neue, noch nie dagewesene Gedanken enthalten darf, berät sich der Papst sowieso mit den Bischöfen und es wird gemeinsam entschieden. Das letzte Wort allerdings hat dann der unfehlbare Papst. Denn Katholiken glauben, dass Christi Lehrautorität durch Petrus auf die Kirche übertragen wurde, dass also in diesen Situationen eigentlich der Heilige Geist, der sich natürlich nie irren kann, aus dem Papst spricht, weshalb auch eine solche Lehre nie wieder geändert werden braucht. Die Unfehlbarkeit ist allerdings selbst schon eine Glaubensfrage. Protestanten sehen im Papst einen
normalen Menschen, wie jeden anderen auch. Schon Luther war sich sicher,
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