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Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Titel: Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele-Marie Bruedgam
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nun? Gemeint ist garantiert nicht »informelle«, also legere Kleidung, sondern höchstwahrscheinlich der Dresscode, den man auf Deutsch mit »dunkler Anzug« umschreibt. Das bedeutet für Männer beispielsweise dunkelblauer Anzug, weißes Hemd mit Manschettenknöpfen und Krawatte; für Frauen elegantes Kostüm mit Bluse oder Cocktailkleid. Wie gesagt: höchstwahrscheinlich. Um sicherzugehen, was genau in diesem Land, an diesem Ort, in diesen gesellschaftlichen Kreisen, aus diesem Anlass und zu dieser Uhrzeit mit »informal« gemeint ist, könnte man stundenlang recherchieren (etwa im Internet oder im Gespräch mit weit gereisten Freunden) – und hätte dennoch keine absolute Sicherheit. Ich würde es mir leichter machen und den Gastgeber fragen. Wenn er tatsächlich ein netter Mensch ist, wird er die Frage sicher mit Freude beantworten.
    Englischsprachige Dresscode-Namen darf man niemals wörtlich nehmen. So hat die Kategorie »casual« rein gar nichts mit Jogginghose oder Schlabber-T-Shirt zu tun, sondern bedeutet lediglich, dass ein Abendanzug fehl am Platze wäre. Ansonsten aber kann »casual« beziehungsweise »smart casual« beziehungsweise »business casual« je nach Tageszeit, Ort, Art der Veranstaltung und so weiter alles Mögliche heißen: von Poloshirt-Jeans-Turnschuhe bis Tagesanzug mit oder ohne Krawatte und Kostüm mit heller Bluse oder farbigem Top.
    So weit, so kompliziert. Noch komplizierter wird es naturgemäß dort, wo Dresscodes in Sprachen formuliert werden, die man nicht beherrscht. Deshalb führt bei Essenseinladungen, Meetings, Feiern oder Ausflügen ins Nachtleben eine Nachfrage immer wieder zum besten Ergebnis. Auch gute Reisebüros, Hotel-Concierges und Reiseleiter geben zuverlässig Auskunft über Kleidungsgepflogenheiten. Noch nie habe ich erlebt, dass Dresscode-Fragen belächelt wurden, eher heißt man sie willkommen als Ausdruck von Aufmerksamkeit und Respekt.
    In den meisten Alltagssituationen und in sehr großen Teilen der Welt kommt aber auch derjenige schon recht weit, der seinen gesunden Menschenverstand aktiviert und sich bewusst macht: Kleidung mit großflächig aufgedruckten Sprüchen ist kindisch, Bermudashorts wirken in Städten lächerlich, alte Frauen im Minirock geben ein trauriges Bild ab und stark transpirierende Achselhöhlen gehören unter luftigen Ärmeln versteckt. Poloshirts machen mehr her als T-Shirts, Chinos (helle Baumwollhosen) wirken seriöser als Jeans, fleckige Kleidung gehört schnellstmöglich gewechselt. Und so weiter und so fort. Abends ist ein guter dunkler Anzug beziehungsweise ein Cocktailkleid mit Jäckchen in fast allen Restaurants und Nachtklubs sowie auf fast allen Partys dieser Welt zumindest das annähernd Richtige. Außer es handelt sich um eine Galaveranstaltung. Dann sind selbstverständlich Smoking und festliches Abendkleid gefordert.
    Wenn zwei oder mehr Galaveranstaltungen pro Woche auf einer Kreuzfahrt oder in einem Ferienhotel angekündigt sind, heißt das aber nicht automatisch, dass man einen Extrakoffer mit Superluxusgalakleidung braucht. Je nach Klasse (also Anzahl der Sterne) und Ausrichtung (zum Beispiel als Familienschiff oder als Hotel für betuchte Seniorenpaare) kann »Gala« im reinen Urlauberumfeld sehr Verschiedenes bedeuten – von »zieht euch heute mal ordentlich an« bis zum Galadress im engsten Sinne.
    Zu einem besonders heiklen Touristenbekleidungsphänomen führt in meinen Augen der Wunsch vieler Reisender, regionale oder nationale Kleidungsgepflogenheiten zu übernehmen, ohne sich mit diesen wirklich auszukennen. Bis heute steigt mir dir Schamesröte ins Gesicht, wenn ich daran denke, wie ich in den 1980er-Jahren als Jugendliche in der Türkei herumlief. In einem Kleinstadtbasar hatte ich eine schwarze Herrenhose aus grobem Baumwollstoff mit weitem, tiefem Hintern und Tunnelzug erstanden – ein Kleidungsstück, das in Deutschland als »türkische Hose« bezeichnet wurde (und wird). Solche Hosen trugen Bauern bei der Arbeit auf dem Feld, Gemüsehändler auf dem Markt, Mechaniker in der Werkstatt – und ich beim Stadt- und Strandspaziergang. Damit war ich ungefähr so passend gekleidet wie ein Japaner im Dirndl beim Reeperbahnbummel. Wobei: Der würde gar nicht so sehr auffallen, und wenn, dann als willkommener Hingucker. Das war ich damals mit Sicherheit nicht.

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