Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer
Tropenwälder abgeholzt. Landwirte hauen massenhaft Dünger auf ihre Felder, damit Maismonokulturen zur Gewinnung von Biogas florieren. Und wer gegen Atomenergie protestiert, muss Windräder befürworten, die Anwohnernerven zermahlen und Touristenaugen beleidigen oder brutal in Meereswelten eindringen.
In ähnlichen Ökozwickmühlen steckt auch der Tourismus. Beispielsweise beim Thema Ökohotels.
Dabei handelt es sich um eine nur ungenau definierbare Hotelgattung: Das »Öko« kann sich auf ein Biofrühstücksbüfett beziehen, auf allergikerfreundliche Matratzen, auf Biofarben an den Wänden und mit Bioölen behandelte Möbel, hergestellt aus nachwachsenden Hölzern in lokalen Handwerksbetrieben. Es kann eine Architektur gemeint sein, die sich der umgebenden Landschaft und Kultur anpasst, es kann um die Nutzung von Solarenergie oder Erdwärme gehen. Vielleicht werden Handtücher und Bettwäsche aus Biobaumwolle verwendet. Vielleicht gibt es eine Nutzwasseranlage, vielleicht kooperieren die Hotelbetreiber mit Natur- oder Wildtierschutzorganisationen.
Eine gewissermaßen gesteigerte Form von Ökohotels sind Eco Lodges. Der Begriff Lodge (das heißt eigentlich Hütte) steht in der Touristik einerseits für Bungalow, Reihenhaus oder auch kleine Villa, andererseits ist damit oft ein ganzer Ferienkomplex gemeint inklusive Haupthaus, Restaurants, Gärten, Wellnessbereich, Swimmingpools und Sportanlagen. Eco Lodges haben ähnliche Öko-, Bio-, Umwelt- oder Tierschutzmerkmale wie Ökohotels. Darüber hinaus findet man sie fast ausschließlich in Naturschutzgebieten, vorzugsweise in Nationalparks, in einsamer Lage. Meistens handelt es sich um Anlagen mit einer überschaubaren Zahl an Bungalows und Gästebetten (was nicht bedeuten muss, dass es kleine Anlagen sind). All dies hat seinen (hohen) Preis, weshalb Eco Lodges eine wohlhabende Kundschaft ansprechen, die Luxus gewöhnt ist und ihn auch im Urlaub erwartet.
Das Gute an alledem liegt auf der Hand. Und die Nachteile? Die liegen zum Beispiel in der Infrastruktur. Um Gäste, Personal, Lebensmittel, Möbel, technische Geräte und weitere Güter zu transportieren, müssen Straßen gebaut werden oder auf vorhandenen Straßen nimmt der Verkehr zu. Oder ein reger Flug- oder Schiffsverkehr nimmt seinen Lauf.
Außerdem steigt mit zunehmendem Komfort in der Hotellerie auch der Grad der Verschwendung. Gäste kleiner Luxushotels verbrauchen pro Kopf mehr Wasser und Energie und sie produzieren mehr Müll als Kunden großer, einfacher Hotels. In edlen Unterkünften wird viel Wäsche häufig gewaschen, wenige Menschen teilen sich einen Swimmingpool. Die Einrichtung und Ausstattung – Möbel, Teppiche, Fernsehgeräte und so weiter – wird oft erneuert, Gästezimmer und Gemeinschaftsräume werden regelmäßig renoviert. Klimaanlagen und Heizungen gelten vielen Gästen auch in gemäßigten Klimazonen und an relativ milden Tagen als Selbstverständlichkeit – aus Gründen der Nachhaltigkeit darauf zu verzichten, wäre zu viel verlangt. Auch nimmt jeder Gast mehr Fläche in Anspruch als bei preiswerten Unterkünften mit kleinen Zimmern und vielstöckigen Gebäuden. Ein Frühstücksbüfett gehört in der Luxusklasse immer wieder randvoll aufgefüllt, damit auch der späteste Gast bis zum letzten Bissen die volle Auswahl hat. Am Ende wandert jeweils eine komplette Büfettladung in den Abfall (günstigstenfalls landet sie teilweise im Kompost, teilweise im Tierfuttertrog).
Ein mit einfachen Hochhäusern dicht bebauter Küstenabschnitt bietet keinen schönen Anblick. Aber er schadet der Umwelt nicht mehr als weit verstreut liegende Luxusanlagen, selbst wenn diese ökologisches Engagement in Form von Biobaumwollhandtüchern oder Abwasseraufbereitung zeigen. Gäste preisgünstiger Hochhaushotels haben im Durchschnitt einen geringeren Aktionsradius (viele pendeln nur zwischen Strand und Hotel), der Tourismus und die dazugehörige Infrastruktur konzentrieren sich also auf einen kleinen Fleck, umliegende Landschaften bleiben weitgehend unberührt. Und für ihre Anreise vom Flughafen sowie für gelegentliche Ausflüge nutzen die Billigreisenden eher (relativ umweltfreundliche) Busse als (umweltschädliche) Autos. Lodge-Bewohner unternehmen mehr Ausflüge tief in die Landschaft hinein und sind gern individuell unterwegs, nutzen Mietwagen, Limousinen- oder Geländewagenservice.
Jeder Mensch, der es liebt, seinen Urlaub in einer Lodge inmitten einsamer Natur zu verbringen, findet mein volles
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