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Klemperer, Viktor

Klemperer, Viktor

Titel: Klemperer, Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Tagebücher
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gestapelte DAZ mit geringem Ergebnis durch. In der Nummer vom 27/9 wird ein mir ganz unbekannter * Kurt Partenaci 2 als 50jähriger gefeiert. Journalist u. Autor, im ersten Weltkrieg Freiwilliger, dann Freicorpsleutnant, dann Philosophie, Geschichte, Germanistik studiert. Publiziert u.a. in DAZ. Schreibt über germanische Vorgeschichte, schreibt Erzählungen für die Jugend, wird 1937 Dozent an der ( * Goebbelsschen) Hochschule für Politik, erhält im gleichen Jahr den Großen Preis für Vorgeschichte, wird 1942 in den Marienburger Dichtertag (??) berufen. Es werden viele Bücher von ihm angeführt, geschrieben habe er noch mehr. 1932 Das viertausendjährige Reich der Deutschen, später Volksgeschichte der Germanen, Das Licht aus dem hohen Norden etc. Romane Der Herzog u. die Könige, Herzog Boje .. Der Kampf der Sonnensöhne (mit obigem Preis gekrönt). Etwas von alledem ansehen! – Am 26/9. ein hübscher Artikel von Prof. * Wilhelm Waetzold 3 : Was ist Kitsch? Bemühung um Definition u. Unterteilungen (süßer Kitsch, saurer Kitsch). Das Wort soll erst 40 Jahre alt sein, seine Herkunft unbekannt. Der Artikel rühmt die natsoc Verordnung gegen kunstgewerblichen Kitsch. – Aber stimmen nicht alle angegebenen Merkmale (Verlogenheit, Klichierung, Süßlichkeit, übertriebene Ritterlichkeit, Grausigkeit etc.) auf natsoc. Erzeugnisse, die [W.] Hurrakitsch nennt? Ich denke an die Werbeplakate für Truppenteile, für Opferspenden etc. etc. Freilich hat jede Partei u. Bewegung ihren eigenen Kitsch u. empfindet ihn als Nicht-Kitsch u. echte Äußerung.
     

 
    Sonntag Abend 12 November 44
     
    Vormittags trafen sich hier die beiden einstigen Kohlenkaufleute aus Aussig: * Steinitz u. * Eisenmann. Beide sahen die Lage, was Dauer des Krieges, Not des Winters u. Gefährdung der Juden anlangt, als sehr dunkel an. Eisenmann ist seit gestern bei Thimig & Möbius tätig u. hilft vorderhand genau so an der Maschine für große Aktencouverts mit, wie ich das getan habe. Auf meine Frage zur Herkunft von Wer Englisch lernt, hat mehr vom Frieden wußte Steinitz sofort: Wer photographiert, hat mehr vom Leben, sei bekannte Reklame einer großen Firma u. gehe unmittelbar auf ein amerikanisches Vorbild zurück. (LTI.)
    * Witkowski, gestern hier oben, um nach * Cohn zu sehen, u. bei mir verplaudert, sprach mit größter Erbitterung vom jüdischen Krankenhaus in Berlin, insbesondere von der Lieblosigkeit der jüdischen Schwestern. Ich: die besten seien die katholischen. Er (der sein frommes Judentum immer betont): die evangelischen gingen auch, aber die jüdischen, diese jüdischen! Halte ich daneben, was ich hier unter den Juden sehe u. höre, so sage ich mir immer wieder: es ist nicht wahr, daß gemeinsames Unglück verbindet, nicht wahr, daß Unglück besser macht. Anzi!
    * Eva berichtete gestern noch von * Frau Kreisler: bei ihr wohnt jetzt eine aus der Krim gekomene Dolmetscherin, die bei der geheimnisvollen jetzt am Lothringerweg 2 hausenden mohamedanischen Arbeitsgruppe Dienst getan hat oder noch tut. Das Mädchen erzählt aus eigener Erfahrung: Als die Deutschen in die Krim eindrangen, flüchteten die jüngeren Dorfbewohner. Die älteren sagten: ‹wir kennen die Deutschen vom ersten Weltkrieg her, es sind anständige Leute, wir bleiben.› Die jüngeren warnten, es seien nicht mehr die selben Leute. Die Deutschen kamen u. plünderten rücksichtslos. Sie, die Dolmetscherin selber hatte ihre Sachen im Bett u. sich daraufgesetzt. Das half. Aber die alte Frau, bei der sie war, mußte ihren Schrank öffnen u. weinend hergeben, was die Soldaten wünschten. Das stimmt genau zu den neulich verzeichneten Berichten über den Abzug von Riga. –
    Ich glaube manchmal, die Deutschen sind (in diesem Kriege) feige tapfer aus Feigheit.
    Alexander * Lernet-Holenia: Ich war Jack Mortimer. Roman 1933 .
    Weitaus unbedeutender als die andern Geschichten. Abenteuerfilm u. Scene um Scene fraglos für den Film geschrieben. Für den stummen sogar – alles ist Bewegung, Mimik, bildverständlich. Der Chauffeur in Wien mit dem erschossenen Fahrgast. Angst. Die Leiche beseitigen – in die Donau. Sich für den Toten ausgeben. Hôtelerlebnis. Der Tote ein amerikanischer anrüchiger Bankier. Das Mordvorspiel u. -Spiel: Eifersuchtsmord, auf Mexiko, New-York, Paris zurückgehend. Verfolgungen, Polizeiscenen. Dazwischen die Liebesaffairen des Chauffeurs. Das große Fräulein, das kleine Mädchen. Aufregung der Flucht, des Beinaheerwischtseins, des Entkomens. Auch

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