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Klemperer, Viktor

Klemperer, Viktor

Titel: Klemperer, Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Tagebücher
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(das versagende Gas!). Heißhungrig die Kohlrübensuppe gegessen. Und danach kam noch * Schwarz. Um 22 h, nach seinem Abzug, wurden wir üppig, gönnten uns noch etwas Brod zum Kaffee, der auf illegitimem Flämchen warm wurde. Zum Abklingen endlich las ich noch bis nach 11 23 * Ulitz vor.
    Über Kornblum schrieb ich zur Schlüterzeit. Er liegt ziemlich verloren, gelähmt u. schwer herzkrank. Seine * Frau, gefürchtete Xantippe, zu mir nicht unfreundlich, bat mich auf der Treppe ihn zu besuchen. Als ich herunterkam öffnete die * Tochter, ungeschminkter u. passabler als sonst. Die Mutter war in der Kirche; sie bete für den Mann. Das erzählte K. ernsthaft u. gläubig. Sonst war harmlos die Rede von seiner guten Zeit als Ladenbesitzer in Dresden. Eva kam mich heraufholen. Sie wurde um ihres Mutes willen bewundert. – Wieso mutig? – Man sage, es sei arischen Ehefrauen verboten bei Juden, auch bei Mischehen Besuch zu machen. Davon hatten wir noch nichts gehört. Dagegen waren auch wir schon belehrt worden – Geheimbefehl, von * Neumark ausgehend – nicht in Judengruppe, selbst nicht zu zweien in istrada 3 zu plaudern, vor allem kein frohes oder gar triumphierendes Gesicht zu zeigen. – Ich fand dann Steinitz in großer Aufregung, u. er wurde grob, als ich seine Nachricht nicht ganz so elektrisierend empfand, wie er das wollte. Nämlich einen Brandartikel der Dresd. Sonntagsztg. gegen Agitationspläne der Gegner – Dreierzusamenkunft Stalin – Roosevelt – Chu Churchill, neue * Wilsonpunkte[] etc. hielt er für etwas ganz Neues u. Entscheidendes. Sie hätten Angst, daß das Volk nun aufgeklärt werde und jetz von ihnen abfalle. Ich: dies Agitieren sei nicht neu, jeder Deutsche höre den Auslandfunk, bis heute habe das nichts geholfen. Er: aber jetzt, wo die Feinde deutsche Sender zur Verfügung hätten, jetzt schon den von Königsberg u. morgen erst ... Ich widersprach, freute mich aber natürlich doch der neuen Hoffnung. Sie wurde durch * Eisenmann verstärkt, er meinte, nach der Frontlage, nach dem Kohlendesaster u. der Nahrungsnot könne es kaum noch über 14 Tage dauern. Am Nachm. ging * E den Rundfunk am Pirnaerplatz hören: die Russen bei Arnswalde, d.h. etwa 60 km vor Stettin, die engl. Offensive gegen Köln bevorstehend (Artilleriekampf). Bedrohlicher – es war auch anderen Leuten aufgefallen – Militärpatrouillen in den Straßen. Abends erzählte dann * Schwarz: Höchstens noch 14 Tage. Chaos in Berlin, in dem sich Flüchtlinge u. Truppen stauen, u. das den grausamsten Bombenangriff während unseres letzten Alarms hatte 1 (Centrum u. Wilhelmstr. vernichtet, viele Tote); die Russen an der Oder zum Frontalangriff auf Berlin formiert, ihre Infanterie schon in tausenden von amerikanischen Lastautos der Panzerarmee nachgeführt. In 14 Tagen werde es höchstens noch Bandenkämpfe mit Naziresten in Oberbayern geben. Eisenmann, Schwarz, * Frau Stühler wußten auch, was es mit den Patrouillen auf sich habe. Das Militär ist in den Kasernen consigniert, seit heute die Polizei auch, kein Polizist darf mehr außerhalb der Kaserne schlafen. Es werde so sehr viel desertiert, aus dem Volkssturm hier u. von der Ostfront weg. Man suche nach Flüchtigen, controlliere. Auch scheine etwas in der Luft zu liegen. Schwarz äußerte noch die Vermutung, daß in der russischen Offensivleitung * Seydlitz oder * Paulus mitwirke. Er nannte auch gewaltige Zahlen, vierstellige von vernichteten Lokomotiven u. Waggons auf innerdeutschen Bahnstrecken in den allerletzten Tagen. –
    Heute morgen nach dem Kampf mit dem Gas, unvollendetem Frühstück, aber wenigstens vollendetem Abwasch – alles von gestern aufgespeichert, da ja immerfort Gas fehlte – Brüheweg nach der Pillnitzerstr. Lange Schlange. Und hier zum erstenmal – cf die ängstliche * Hesseschlange – nach * E[ ]s freudigem Bericht die Stimmung von 1918. Man erzählte laut von der Militärcontrolle (ich sah an der Tramhaltestelle einen Controllsoldaten mit Stahlhelm u. Revolver) von den Desertationen, die Lan von Getürmten etc. – Eben bringt Frau St. aus ihrem Geschäft, es sollen Unruhen in Berlin sein, wo es beim letzten Terrorangriff Tausend e (Plural) von Toten gegeben habe. – So steigt die Spannung immerfort. Wir sind jetzt fatalistisch, auch im Punkte des Essens. Die Lebensmittelkarte soll 4 ½ Wochen reichen; das tut sie bestimmt nicht. Vielleicht hilft uns vorher schon die russische Behörde. –
    LTI Ich habe mich (u. wiederholt verschiedene andere)

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