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Klemperer, Viktor

Klemperer, Viktor

Titel: Klemperer, Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Tagebücher
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sche Vermögen zurückhalten? Man hielt es nicht zurück. Am 29. Juni schloß ich bei * Langenhan mit Ellen Wengler diesen Vertrag: sie gibt mir als Baugeld u. erste Hypothek auf 8 Jahre 12 000 M. zu 6 %, wovon ich die jetzige erste H[ypothek] von 2 500 M. an * Nitzsche & Co auszahle. (In 8 Jahren wird meine Iduna-Police fällig). Der entsprechende Vertrag wurde mit Nitzsche gestern geschlossen. Am Morgen hatte mich die Staatsbank angerufen, das Geld sei da; telephonisch hatte ich sogleich 2 500 an * Langenhan überwiesen, und um 5 zahlte er die Firma in meinem Beisein aus. – Inzwischen war mit * Praetorius geplant u. gerechnet worden. Ganz wird er mit dem jetzt zur Verfügung stehenden Bargeld nicht auskomen; den Rest zahle ich in Monatsraten. Sowie ich die Miete hier u. die ungeheuren Autokosten (über 100 M im Monat) losbin, bin ich sehr solvent. Es wird vorderhand der Mitteteil des Gesamthauses gebaut, immerhin ein in sich geschlossenes Häuschen mit großen 3 Zimmern u. sehr reichlichem Zubehör. Eine drollige Schwierigkeit ergab sich: die Bauvorschriften des dritten Reiches verlangen deutsche Häuser, u. flache Dächer sind undeutsch. Zum Glück fand * Eva rasch Freude an einem Giebel, u. so wird das Haus also einen deutschen Giebel bekomen. Wenn alles weitere klappt – u. ich bin immerfort hinter Praetorius her – haben wir die Baugenehmigung in 14 Tagen u. fangen dann gleich an. Am 1. Oct. soll eingezogen werden. Welch eine Erlösung! Und wie sonderbar gefügt! Alle meine geplanten Bemühungen scheiterten, und nun kommt dies ganz Unvermutete. Und komt, höchste Ironie!, durch ein Gesetz der Nationalsocialisten. Ich sagte am Telephon zu * Annemarie lachend: Ich habe Baugeld durch den Führer bekomen, wahrhaftig durch den * Führer! Ich werde immer fatalistischer u. gewöhne es mir immer mehr ab, über die letzten Dinge nachzudenken. Aber wie gut hat es der naïv Frome. Er hätte an meiner Stelle in all der bösen Zeit auf Gott vertraut u. ihm jetzt gedankt. Ich kann beides nicht.
    Den zweiten mächtigen Auftrieb gab uns die * Röhmrevolte . (Wie komen historische Bezeichnungen zustande? Wieso * Kappputsch? 1 Aber Röhmrevolte? Klanglich?) Gar kein Gefühl für die Besiegten, nur die Wonne a) daß man sich gegenseitig auffrißt, b) daß * Hitler nun wie ein Mann nach dem ersten schweren Schlaganfall ist. Als die nächsten Tage alles ruhig blieb, war ich freilich deprimiert. Aber dann sagten wir uns doch: dieser Schlag ist nicht zu überwinden. Zumal nun auch die nackte Not der Mißernte bei völligem Staatsbankrott u. Unmöglichkeit ausländischen Nahrungsbezuges vor der Thür steht. – * Karl Wieghardt, durch die Angst seiner in Dänemark befindlichen * Mutter auf ein paar Tage zu böhmischen Verwandten gelockt – (Telegramwechsel: Tante schwer erkrankt, kome sofort. – Antwort: Drahtet, ob Befinden wirklich ernst. – Sehr ernst, sofort kommen.) brachte, worauf Zuchthaus steht, Zeitungsausschnitte mit. Die Engländer: Mexikanische Zustände. – Man muß in den nächsten Jahren nicht vor Deutschland, sondern für Deutschland Angst haben .. Er hat seine Feinde töten lassen ... Mittelalterlich .. usw. usw. Eine Prager Zeitung brachte das ein Bild: Hitler u. Röhm im vertrauten Gespräch u. druckte den Brief ab, den H. noch im Januar seinem lieben Duzfreund u. treuesten Helfer geschrieben. – Entsetzlich die Begriffsverwirrung im Volk. Ein sehr ruhiger u. gemütlicher Postbote u. ebenso der ganz und gar nicht nationalsoz. alte * Praetorius sagte mir mit gleichen Worten: Nu, er hat sie eben verurteilt . * Ein Kanzler verurteilt u. erschießt Leute seiner Privatarmee! – Die furchtbare Unsicherheit: Als es ein paar Tage später hieß: ein deutscher Journalist in Paris habe zwischen * Schleicher 2 u. einer ausländischen Regierung vermittelt, combinierten wir sofort: es war das wird * Theodor Wolff 3 sein, man wird Ablenkung auf die Juden schaffen, die Judengesetzgebung verschärfen uns das Recht nehmen [in]Dölzschen auf eigenem Boden zu wohnen. Aber bisher blieb in dieser Richtung alles still. Es kam sogar ein judenfreundliches Reichsgerichtsurteil. Ein Mann hatte sich scheiden lassen wollen, weil seine Frau Jüdin. Die erste Instanz lehnte ab, die zweite stimmte zu. Das Reichsgericht lehnte wieder ab, weil er bei der Eheschließung die Rasse seiner Frau gekannt habe. Der Freiheitskampf brachte dies alles unter der dicken Schlagzeile: Wer muß seine jüdische Frau behalten? – Gestern in größter

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