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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wie eine gewöhnliche Frau. Zwei andere waren noch bei ihr. Ein aufgeregter Junge und ein dickliches Mädchen.
    Der neue Kutscher – ein Mann, der kaum älter wirkte als Stenrei, aber etwa in Erenis’ Alter war – musste die Pferde zum Stillstand bringen, denn der Anführer der düsteren Gesellen, die wie staubige Soldaten in Zivil aussahen, rief ihn an: »Ich bin Rittrichter Wenzent Vardrenken in Vertretung des Adelsrats der Hochstadt! Ihr befördert – wahrscheinlich ohne besseres Wissen, das will ich Euch gerne zugutehalten – eine gesuchte Verbrecherin, deren unverzügliche Auslieferung ich hiermit fordere!«
    »Wen meint Ihr?«, versuchte der Kutscher zu scherzen. »Hat die Tempelschwester also doch mehr ausgefressen, als ich dachte?«
    »Er meint mich«, sagte Erenis und erhob sich auf dem Dach der langsam ausrollenden Kutsche. Sie versuchte ihre Chancen auszurechnen. Sämtliche fünf Begleiter des Rittrichters hatten bereits Armbrüste auf sie angelegt. Offenbar hatte man ihnen eingeschärft, ihr nicht den geringsten Spielraum zu lassen. Allerdings konnte sie den Rittrichter selbst, der wie immer mehr mit eitlem Schwatzen beschäftigt war, anstatt die richtigen Vorkehrungen zu treffen, mit einem Sprung erreichen und als Deckung benutzen. Wenn die anderen dann erst einmal geschossen hatten, würde ihr Nachladen zu lange dauern, und sie würden ihrer Klinge in den Steigbügeln festhängend nicht entkommen können.
    »Ich ahnte es«, sagte die Frau des Weinhändlers im Inneren der Kutsche. »Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass dieser Person und ihrem Schwert nicht zu trauen ist.«
    »Darauf lasse ich es ankommen«, schnaufte der Graf und stieg auf seiner Seite der Kutsche, die dem Rittrichter abgewandt war, aus.
    Der Rittrichter sprach inzwischen Erenis an. Seine Stimme klang dabei ein wenig scheu, wie bei einem Mann, der einer sehr, sehr schönen Frau den Hof macht. »Ihr seid die Klingentänzerin Erenis, jegliches Leugnen ist zwecklos. Ich nehme Euch fest im Namen des Adelsrats für all die schändlichen Vergehen, die in den Dörfern des Landes das unheilvolle Zeugnis Eures Passierens bilden.«
    »Ich habe kein einziges Gesetz gebrochen«, sagte Erenis lächelnd, das Schwert immer noch am Gurt. Sie bereitete sich auf den Sprung vor und genoss es, wie nahe der Rittrichter ihr kam. »Jedes einzelne Kräftemessen war ein ehrlicher, offener Zweikampf, den mein jeweiliger Gegner vollkommen freiwillig aufnahm.«
    »Aber Ihr habt Euch der Festsetzung durch die Gerichtsbarkeit zweimal mit Gewalt entzogen, was an und für sich bereits ein Verbrechen ist, das auf das Unerbittlichste bestraft gehört. Zumal Ihr dabei sogar Inspizienten und Büttel ums Leben gebracht habt. Darüber hinaus habt Ihr aber auch noch mindestens in einem Dorf namens Kuntelt unbeteiligte Einwohner erschlagen, und erst die Beweisaufnahme wird erbringen, in wie vielen weiteren Orten Ihr noch Opfer auf dem Gewissen habt, die den Kampf mit Euch nicht freiwillig, sondern allenfalls notgedrungen aufnahmen.«
    »Was soll dieser Unfug?«, war jetzt die Stimme des Grafen zu vernehmen. Trotz seines Alters klang sie befehlsgewohnt und eindrücklich.
    Rittrichter Vardrenken wollte sich die Stunde seines Triumphes nicht verderben lassen und zollte dem alten Mann kaum Beachtung. »Legt Euer Schwert langsam auf das Kutschendach und steigt herab, ebenfalls langsam. Ich warne Euch, bei einer allzu hastigen Bewegung haben meine Männer Befehl, Euch …«
    »Ich fragte, was dieser Unfug zu bedeuten hat, Rittrichter«, wiederholte der Graf und richtete die Armbrust, die er ansonsten den ganzen Tag über auf den Fensterrahmen gestützt hielt, um die Gegend zu sichern, auf Vardrenken.
    »Mischt Euch nicht ein, Kerl, und legt die Waffe weg, sonst lasse ich Euch ebenfalls festnehmen und mindestens auspeitschen für diese Dreistigkeit«, ächzte dieser empört.
    »Das möchte ich sehen. Ich bin Graf Ubert Debrevi, letzter Träger des überlieferten Namens der Debreviden, und die Frau namens Erenis steht unter meinem persönlichen Schutz.«
    »Was?«, schnappte Vardrenken. »Was redet Ihr da? Euch ist wohl nicht klar, mit wem Ihr es hier zu tun habt! Ich bin Rittrichter und verfüge über sämtliche Vollmachten!«
    »Rittrichter kann jeder werden. Zum Grafen jedoch muss man geboren sein. In meinen Augen seid Ihr nichts weiter als ein zwielichtiger Strauchdieb, der diese Kutsche ihres Schutzes berauben möchte. Und da meine Frau, die Gräfin Debrevi, sich

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