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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die beiden Frauen oben auf dem Dach wäre es uns schlecht ergangen.«
    Vardrenken musterte Elirou kurz. Sie sah Erenis nicht im Mindesten ähnlich und interessierte ihn nicht. Auch Stenrei beachtete er abermals kein bisschen.
    Er riss sein Pferd am Zügel. »Also gut. Ich werde mit Eurer eigenwilligen Vorstellung von einer gemütlichen Kutschfahrt nicht aneinandergeraten, Graf Debrevi. Und du, Erenis« – er hob den Blick zu ihr, und die Sonne blendete ihn – »wirst mir nicht entkommen. Ob in Brendin Grya oder vorher schon: Die Faust des Gesetzes wird dich greifen und dich deiner gerechten Strafe zuführen.«
    Sie grinste herablassend, aber allein schon, sie so angesprochen zu haben, so vertraulich und überlegen, erfüllte den Rittrichter dermaßen mit Erregung, dass er seinem Pferd die Sporen gab und seinen deutlich zögerlicheren Männern davonsprengte. Ihr Staub verlor sich in der Zeit. Der Graf kehrte in die Kutsche zurück, wo seine Gattin und auch die hübsche Gemahlin des Baumwollhändlers ihn zu seinem Heldenmut beglückwünschten. Der Kutscher schnalzte mit der Zunge, und die Kutsche fuhr wieder an.
    Erenis blieb noch eine Weile stehen, bis es zu ruckelig wurde und sie sich setzen musste, wenn sie nicht stürzen wollte.
    Sie dachte über die fünf Begleiter des Rittrichters nach. Das waren keine Inspizienten oder Büttel. Solchen war sie noch niemals begegnet. Im Umgang mit den Schusswaffen hatten sie beinahe zögerlich gewirkt, aber aus ihren Gesichtern sprach Erfahrung im Umgang mit Schwierigkeiten.
    Fünf von denen. Gleichzeitig. In Brendin Grya, der Stadt der Festspiele.
    Die Landschaft veränderte sich, bleichte aus, veränderte ihre Konturen, wurde schroffer, als könnte man sich an all ihren Ausprägungen die Haut und den Blick aufschneiden. Sogar der Himmel nahm die Farbe stumpfen Eisens an, die Sonne in ihm nur noch ein bleicher Fleck, der dennoch blenden konnte.
    In der elften und letzten Station wurde viel diskutiert über den Rittrichter und Erenis’ angebliche Verbrechen. Stenrei versuchte den Reisenden auseinanderzusetzen, dass Erenis Kämpfer herausforderte und sie besiegte, und dass darin nichts Ungesetzliches zu finden war. Die Händler und ihre Frauen jedoch begriffen solches Treiben nicht. »Welchen Gewinn macht sie denn dadurch?«, äußerte sich Herr Loso. »Mir scheint das eine vollkommen sinnlose Beschäftigung zu sein.«
    »Aber sie lernt viel«, sagte Stenrei nur.
    Elirou, das käufliche Mädchen fügte hinzu: »Ähnlich wie ich in meinem Leben. Sie lernt Männer kennen. Viele Männer. Und macht für sich das Beste draus.«
    Die Tempelschwester bot Erenis an, für sie zu beten. Diese legte keinen Wert auf Himmelsgunst. Sie lehnte jedoch ausgesprochen freundlich ab, freundlicher zumindest, als sie es bei einem Mann getan hätte.
    Stenrei übte jetzt wieder mehr mit dem Schwert als mit dem Bogen, der ihm zu leicht und anzweifelbar vorkam. In ihm reifte der Entschluss, an den Festspielen teilzunehmen, um sich zu erproben. Er hatte nun seinen ersten Kampf auf Leben und Tod bestritten. Er war siegreich geblieben, hatte das Sterben des Gegners am anderen Ende seiner Waffe gespürt. Er war nun ein Mann, unbestreitbar rechtmäßig im Besitz einer Waffe, denn er hatte sie nicht aus niederträchtigen Gründen geführt, sondern um Frauen und sogar Angehörige des Hochadels zu beschützen.
    Er befand sich in Erenis’ Spuren, glaubte er.
    Als sie sich nur noch eine Tagesreise von Brendin Grya entfernt befanden, füllten sich sämtliche Wege. Aus allen Richtungen wurden offene Wagen, einzelne Wanderer oder ganze Gruppen, Familien auf Maultieren, Rindsreiter, Rollkörbe, Sänften, Höckerpferdkarawanen und sogar Züge von angeketteten Frauen mit ihren Treibern von diesem gemeinsamen Ziel angezogen. Wie von einem großen Versprechen, einem Mythos fast.
    Erenis betrachtete die Kettenfrauen, die staubigen, trostlosen Gesichter. Sie dachte daran, den Treibern ihre ganze Erbärmlichkeit vor Augen zu führen, indem sie sie erschlug, aber hier draußen würde das nur Umstände bedeuten, nicht nur für ihre Mitreisenden, sondern auch für die Befreiten, denn die meisten von ihnen waren vollkommen nackt, trugen höchstens Fransen. In Brendin Grya war ein solches Vorhaben vielleicht durchführbarer, wenn es ohnehin galt, den Rittrichter und seine Schergen ein weiteres Mal zu überwinden und die unpraktischen Gesetze dieser Welt mit Füßen zu treten. Dadurch würde ohnehin eine Unübersichtlichkeit

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