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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Dorfgrenzen gewesen, jeden Tag, wenn es sich irgendwie einrichten ließ. Aber diesmal war es für immer. Oder zumindest für sehr lange Zeit.
    Würde man ihn mit Verachtung strafen, weil er der Versucherin erlegen war? Oder um ihn trauern, nach einer kurzen Zeit des Grolls? Oder sich Sorgen um ihn machen? Legenden um ihn flechten, was er alles erleben mochte, falls nun wirklich Krieg kam?
    Nein, für Legenden waren die Boseler zu einfallslos.
    Einzig Llender Dinklepp würde womöglich etwas von einem Jungen zu erzählen wissen, der sich anschickte, ein Klingentänzer zu werden.
    Aber vielleicht würde Dinklepp schon bald tot sein, ausgezehrt von Bosels Farb- und Hoffnungslosigkeit.
    Der Weg, den Erenis genommen hatte, führte in gerader Linie zum nächsten Dorf. Stoppelige Felder. Distelbewuchs am Wegessaum. Trockene Bewässerungsgräben. Dann die Umrisse des nächsten Dorfes: Kattgraum. Ohne Ortsschild hätte man es auch für Bosel halten können, denn es war genauso öde und nichtssagend. Stenrei kannte Kattgraum recht gut, weil er mit seinem Vater mehrmals dort zu tun gehabt hatte.
    In Kattgraum fand er tatsächlich Erenis’ unübersehbares Vermächtnis: Auch dieses Dorf weinte um seinen kräftigsten Sohn. Dieser hatte auf den Namen Furko gehört. Die schöne Fremde hatte ihm in einem Duell den Hals aufgeschnitten, und er war in den Armen seiner Freunde verblutet. Daraufhin hatten zwei dieser Freunde sich an die Verfolgung gemacht, um die schon wieder weitergezogene Mörderin zur Strecke zu bringen. Doch die Verfolger waren kurz nach Einbruch der Nacht heimgekehrt. Einem von ihnen fehlten zwei Finger der rechten Hand, und beide schlotterten so sehr vor Furcht, dass kein vernünftiger Hergang der Geschehnisse mehr aus ihnen herauszubekommen war.
    Stenrei dachte darüber nach, ob er die beiden befragen sollte. Erenis hatte zwei Kämpfe an ein und demselben Tag gewagt und gewonnen. Mit Leichtigkeit, offensichtlich. Aber warum hatte sie die beiden Verfolger am Leben gelassen? Er wollte die grausame Frau verstehen lernen. Und er war zuversichtlich, sie einholen zu können. Denn sie verlor in jedem Dorf Zeit mit ihren Gefechten.
    Dies war auch der Grund, weshalb er auf eine Befragung der beiden Überlebenden verzichtete. Er wollte die gewonnene Zeit nicht wieder einbüßen. Sondern Erenis wiederfinden. Und, wenn möglich, einen weiteren ihrer Kämpfe beobachten.
    Er ließ sich ihre Richtung zeigen und eilte weiter. Mit einem Pferd hätte er sie im Nu einholen können, aber ein Reittier konnte er sich nicht leisten. Irgendwann jedoch musste auch sie einmal eine Nachtruhe einlegen. Wahrscheinlich im offenen Gelände, weil sie sich in den Dörfern viel zu viele Feinde machte, um dort in einer Herberge unterkommen zu können.
    Leichter Sprühregen kam auf, der erste nach mehreren Wochen Trockenheit. Der Boden war dermaßen verkrustet, dass die Nässe nicht eindrang, sondern einen pollenhaltigen Schmierfilm bildete. Aber Stenrei wanderte rasch und voller Zuversicht. Er hatte das Gefühl, ein lohnendes Ziel vor Augen zu haben, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben überhaupt, und das Marschieren war er von seinen Streifzügen durch die Wälder gewohnt. Er war nicht so fußlahm wie die anderen Dörfler. Er hatte sich schon vor Jahren das Umherstreifen beigebracht.
    Im nächsten Dorf jedoch, Ammens, erlitt er einen Rückschlag. Die Klingentänzerin war hier nicht durchgekommen. Niemand hatte sie gesehen, und niemand hatte sein Leben verloren.
    Konnte es sein, dass er sie überholt hatte? Wohl kaum schon jetzt. Er war ja fast einen ganzen Tag nach ihr aus Bosel aufgebrochen.
    Nein, sie musste die Richtung geändert haben. Irgendwo hinter Kattgraum. Wahrscheinlich ausgelöst durch die Begegnung mit ihren beiden Verfolgern. Sie hatte keine Lust darauf gehabt, von einem noch größeren Kontingent von Furkos Freunden abermals aufgespürt zu werden.
    Stenrei rief sich sein Wissen über die Lage der umliegenden Dörfer in Erinnerung und erkundigte sich auch noch diesbezüglich bei den Ammenser Einwohnern. Kaum weiter von Kattgraum entfernt als Ammens befand sich auch ein Flecken namens Kuntelt. Dorthin konnte sie sich gewandt haben. Oder genau in die entgegengesetzte Richtung, weiter über Land nach Schingerel. Von dort war es nicht mehr weit zur nächsten Niederstadt. Aber war Erenis denn überhaupt auf dem Weg zu einer Stadt? Oder fand sie alles, was sie suchte, in den Dörfern?
    Stadt.
    Dörfer.
    Stenrei überlegte hin und

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