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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Hälften getrennt zu werden.
    Der Kampf war immer noch im Gange.
    Die Wredener umstanden das Geschehen und feuerten es an, guter Dinge auf ihren Dorffavoriten setzend, dessen Name wohl Guof war. Sie wussten nichts von den Lücken, die Erenis in das Gefüge der umliegenden Dörfer gerissen hatte. In Lugg war nichts geschehen, vielleicht genügte das schon, um in Wreden vollkommene Ahnungslosigkeit herrschen zu lassen.
    Das Dorf hielt den Kampf für unterhaltsame Abwechslung vom Einerlei des Daseins.
    Überhaupt war dies Erenis’ Erfolgsrezept: Solange sich noch nicht herumgesprochen hatte, was sie bewirkte, konnte sie sich in jedem Dorf darauf verlassen, dass man sich über die Aussicht auf einen spannenden Wettkampf und auf hundert leicht verdiente Münzen freute.
    »Guof hat sie gleich.«
    »Guof wird ihr das Posieren schon austreiben.«
    »Warte, bis Guof ihre Beine kappt, dann ist sie nicht mehr so hochnäsig.«
    Die Kommentare der Gaffer, zwischen die Stenrei sich drängelte, waren beherrscht von lüsterner Grausamkeit. Erenis hatte sie aufgestachelt mit ihrer engen Kleidung, ihrer Figur, ihrer Selbstsicherheit. Und nun wollte man sie dafür bestraft sehen. Abgetötet wie einen Störenfried. Aber genussvoll abgetötet.
    Stenrei sah Guof, der schon ganz außer Puste war. Immer wieder schwang er sein riesiges Beil, während Erenis nur von ihm wegtänzelte und keinen einzigen Schlag ansetzte. Sie schien auf eine Gelegenheit zu warten. Sie brauchte nur eine . Aber auch sie glänzte verschwitzt. Ihr Busen schimmerte beinahe freigelegt. Alles an ihr funkelte, fast wie vor ein paar Tagen im Fluss. Stenrei fühlte wieder dieses unerträgliche Begehren aufsteigen, das einzig und allein niedergehalten werden konnte von dem Grauen, das er empfand, weil gleich einer dieser beiden fechtenden Menschen auf dem Dorfplatz in seinem Blute liegen und unter Schmerzen verenden würde.
    Die Dorfbewohner konnten den Tod nicht sehen, weil er noch nicht über sie gekommen war.
    Oder aber sie witterten ihn bereits, und dieses Aroma stachelte sie zusätzlich auf.
    Stenrei fühlte sich außerstande, sie zu warnen. Es waren gut zweihundert zum Zuschauen versammelt, fast doppelt so viele wie in Bosel. Niemals hätte er zweihundert Menschen umstimmen können. Noch dazu Menschen, die ihn noch nie gesehen hatten.
    Dieses Gefühl der Machtlosigkeit überkam ihn immer wieder in Erenis’ Gegenwart. Und auf eine ihm unerklärliche Weise forderte ihn dies heraus.
    Er schaute hin. Überwand seine Abscheu. Wollte verstehen. Erenis besser kennenlernen. Die Faszination, die sie ausübte, durchdringen können.
    Sie bewegte sich mit beinahe schleifenden Schritten. Möglicherweise verlieh ihr dies eine größere Stabilität, einen sichereren Stand, selbst in der Bewegung.
    Guof dagegen stürmte umher und stand nur sicher, wenn er verschnaufte. Und er verschnaufte oft.
    »Fast eine Stunde jetzt«, antwortete ihm eine Frau auf die Frage, wie lange der Kampf jetzt schon dauerte.
    »Hat sie denn überhaupt schon zugeschlagen?«
    »Dreimal. Aber Guof hat sie lachend pariert.«
    Das war interessant. Dieser Guof schien ein fähiger Kämpfer zu sein. Ein ebenbürtiger Gegner. Er sah ihre Streiche kommen und hatte die Kraft, sie einfach zu unterbinden. Aber ihm fehlte der Atem. Auch sein Lachen beim Parieren war keine gute Idee. Sie tanzte ihn aus und würde gewinnen, und außer Stenrei und ihr wusste es noch niemand.
    Immer wieder nahm sie jene Haltung ein: den linken Arm angewinkelt als Stütze für das aufgelegte Schwert, den Gegner über die gesamte Klinge hinweg anvisierend. Dann gab sie die Haltung auf, weil Guof heranstürmte und die Axt vor sich wirbelte, sodass ihr Gegner nur aus Waffe bestand. Sie ging ihm aus dem Weg, um sich anderswo neu zu ordnen.
    Guof dagegen war immer hinter ihr her und sammelte sich nur, um in sicherem Abstand Atem zu schöpfen. Dann begann er sie wieder zu scheuchen.
    »Und wie lange hat es gedauert, bis der Kampf zustande kam?«
    »Oh, ziemlich lange. Allen war klar, dass Guof unser Stärkster ist, aber Guof war nicht im Dorf, sondern auswärts im Holz. Wir mussten ihn erst finden und herholen.«
    »Das hat Stunden gedauert.«
    »Ja. Einen halben Tag beinahe.«
    Deshalb also hatte er sie einholen können. Deshalb würden aber auch die Büttel sie bald eingeholt haben.
    Was machte sie da nur?
    War ihr überhaupt nicht klar, dass man sie verfolgen, sie belangen würde, mindestens für das, was in Kuntelt geschehen war? Oder war es

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