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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ihr womöglich gleichgültig? Weil sie auch eine Konfrontation mit den Bütteln nicht scheute?
    Stenrei dachte darüber nach, wie lange sie das schon so machte. Über die Dörfer zu wandern und Duelle auszufechten. Bosel war doch sicherlich nicht der Anfang gewesen. Davor mochten Dutzende, wenn nicht gar hundert weitere Dörfer gelegen haben. Aber: Vor Bosel hatte sie die Wälder durchquert. Und die Wälder waren nicht mehr sicher, seitdem die Grünmenschen sich regten. Die Wälder waren eine gute Methode, um frühere Verfolger abzuschütteln. Büttel aus den Dörfern jenseits der Wälder.
    Also wie lange machte sie das schon so? Monate? Jahre?
    Er wollte sie das unbedingt fragen.
    Der Kampf dauerte immer noch an. Stenrei war nicht so gefesselt von dem Geschehen wie die Wredener. Er hatte schon jetzt das Gefühl, Erenis so gut zu kennen, dass ihn ihre Verzögerungstaktiken nicht mehr hinters Licht zu führen vermochten.
    Und er behielt recht.
    Das Verschnaufen war der Schlüssel. Die Pausen, die Guof einlegen musste. Die immer länger wurden. Und die schließlich dazu führten, dass er sein schweres Beil nicht mehr schnell genug hochbekam, als Erenis in eine dieser Verschnaufpausen hineinsprang, das Schwert vorgestreckt wie ein rot besticktes Flimmern.
    Das ganze Dorf schrie. Stellvertretend für Guof, der nicht mehr dazu kam, weil sein Hals durchschnitten war, Stimmbänder, Speiseröhre, Luftröhre, alles.
    Das ganze Dorf ächzte und heulte, als Guof stürzte, schwer und schreckensstarr wie einer der Bäume, die normalerweise ihm zum Opfer fielen.
    Das ganze Dorf jammerte und wehklagte, als Erenis schon wieder ihre Siebensachen – zuvorderst das Münzsäckchen – zusammenlas und sich anschickte, Wreden zu verlassen – ein vollkommen sinnloses Unterfangen, weil er auch ihr Schwerster war. Aber niemand stellte sich Erenis in den Weg.
    Die Dörfer waren unterschiedlich. Vielleicht, weil Kuntelt so klein gewesen war, mit verhältnismäßig wenigen Zuschauern – vielleicht war deshalb dort die Lage außer Kontrolle geraten. Möglicherweise sorgte die Ansammlung vieler Menschen dafür, dass die wenigen, die übergriffig werden wollten, sich nicht trauten hervorzutreten, also von der schieren Anzahl der Zögerlichen im Zaum gehalten wurden. So auch hier, deutlicher noch als in Bosel: Niemand wagte zu protestieren.
    Vielleicht war es aber auch nach dem stundenlangen Hin und Her einfach zu schnell gegangen, und niemand begriff so schnell, dass ihr Größter für alle Zeit dahin war.
    Stenrei suchte im Gesicht der Klingentänzerin etwas zu lesen. Freude. Erleichterung. Grimmiger Triumph. Mindestens Genugtuung. Nach über einer Stunde Kampf auf Leben und Tod. Doch nichts. Selbst eine Arbeiterin, die einfach nur vollkommen leidenschaftslos ihre heutige Pflicht erfüllte, hätte mehr Erleichterung und Handwerksstolz gezeigt als Erenis nach diesem Sieg über einen viel größeren und stärkeren Gegner.
    Sie machte auch nichts mit ihrem Schwert, balancierte nicht Guofs Blut über die Ornamente, um eine Melodie zu erzeugen. Nichts. Sie steckte es einfach in die Rucksackschlaufen und ging. Wäre sie nur einmal quer durch den Ort gegangen, ohne irgendetwas zu tun, hätte sie nicht unbeteiligter wirken können.
    Stenrei verbarg sich hinter anderen Zuschauern und folgte ihr über den Platz, ohne dass sie ihn bemerken konnte.
    Sie schlug den Weg nach Hoster ein, hinter dem dann das für seine Blumenzucht berühmte Licheln lag. Weiterhin Steindörfer. Keine Niederstadt. Genau wie Stenrei vermutet hatte.
    Nun wurde es schwieriger. Denn ab jetzt musste er absichtlich Abstand halten, um nicht von ihr gesehen zu werden.
    Natürlich hätte er auch zu ihr hingehen können, um ganz offen mit ihr zu reden. Immerhin war er ja schon einmal ihr Weggefährte gewesen, aus den Wäldern hinaus bis hinein nach Bosel. Aber er hätte ihre Frage nicht beantworten können, was er denn hier machte, so weit weg von seinem Heimatdorf. Noch dazu, wo sie ihn doch so unmissverständlich zu seinen Eltern zurückgeschickt hatte.
    Fürchtete er, dass sie ihn totschlagen würde wie die Stärksten aus den Dörfern? Nein. Er war kein Stärkster. Er hatte nicht einmal eine Waffe. In ihren Augen war er überhaupt kein Mann. Es wäre unter ihrer Würde, seinetwegen ihr schönes Schwert zu ziehen.
    Aber er fürchtete die Zurückweisung. Ihre Missbilligung. Dass sie ihn wieder nach Hause wünschte, einfach weil er ihr lästig war.
    Lieber wollte er sich eine Weile

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