Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
Vom Netzwerk:
unrecht nicht. Er wollte zwar auch die Handlungsweise seines Vaters erklären, aber sein Hauptanliegen war, sich selbst zu erklären, und bevor sie Mr. Allens Grundstück erreicht hatten, war ihm das so gut gelungen, dass Catherine fand, es könne gar nicht oft genug wiederholt werden. Er versicherte sie seiner Zuneigung und bat sie ihrerseits um ihr Herz, obwohl es ihm, wie beide vermutlich ganz genau wussten, längst gehörte. Denn obwohl Henry nun von ganzem Herzen an ihr hing, obwohl er all die Vorzüge ihres Charakters zu schätzen und lieben wusste und ihre Gesellschaft genoss, muss ich doch gestehen, dass diese Zuneigung aus nichts als Dankbarkeit entstanden war, mit anderen Worten, dass die Überzeugung, dass sie eine Schwäche für ihn hatte, der einzige Grund dafür gewesen war, sie ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Ich gebe zu, dass dies in einem Liebesroman eine etwas ungewöhnliche und der Würde einer Heldin äußerst abträgliche Motivation ist. Aber wenn sie im alltäglichen Leben genauso ungewöhnlich sein sollte, dann kann ich mir wenigstens etwas auf meine blühende Phantasie zugutehalten.
    Nach einem kurzen Besuch bei Mrs. Allen, wo Henry ohne Sinn und Verstand ins Blaue hinein redete und Catherine, in die Betrachtung ihres eigenen unaussprechlichen Glücks versunken, kaum den Mund aufmachte, konnten sie sich den Wonnen eines zweiten Tête-à-Tête hingeben, und bevor sie es enden ließen, hatte er sie in die Lage versetzt zu beurteilen, wie weit sein gegenwärtiger Antrag von väterlicher Autorität gutgeheißen wurde. Bei seiner Rückkehr aus Woodston vor zwei Tagen war er von seinem Vater in der Nähe des Klosters ungeduldig erwartet, überstürzt und in zornigen Worten von Miss Morlands Abreise informiert und angehalten worden, nicht mehr an sie zu denken.
    So sah die väterliche Billigung aus, auf die er seinen Heiratsantrag stützte. Die verschüchterte Catherine konnte, als sie seiner Darstellung voll von schrecklichen Ahnungen zuhörte, nur dankbar für die liebevolle Rücksicht sein, dass Henry sie vor der Notwendigkeit einer Ablehnung aus Gewissensgründen bewahrt hatte, indem er sich ihres Jaworts vergewissert hatte, bevor er dieses Thema erwähnte. Und als er dazu überging, ihr die Einzelheiten zu berichten und die Motive für das Verhalten seines Vaters zu erklären, steigerten sich ihre Empfindungen zu jubelndem Triumph. Der General hatte ihr nichts vorzuwerfen, ihr nichts zur Last zu legen gehabt, als dass sie unwissentlich Gegenstand einer Täuschung geworden war, die sein Stolz nicht verzeihen konnte und die einzugestehen ein durch Einsicht gemäßigter Stolz sich geschämt hätte. Ihre einzige Schuld bestand darin, weniger reich zu sein, als er angenommen hatte. Irregeführt von dem Glauben an ihren Reichtum und ihre Erbansprüche hatte er in Bath ihre Bekanntschaft gesucht, sie ausdrücklich nach Northanger eingeladen und zu seiner Schwiegertochter bestimmt. Bei der Entdeckung seines Irrtums schien es ihm das Beste, sie aus dem Hause zu werfen, obwohl ihm auch das noch als ungenügender Beweis seiner Empörung über sie und seiner Verachtung für ihre Familie vorkam.
    John Thorpe hatte ihn zuerst getäuscht. Als der General eines Abends im Theater bemerkte, dass sein Sohn sich über Gebühr um Miss Morland bemühte, hatte er sich zufällig bei Thorpe erkundigt, ob er mehr von ihr wisse als ihren Namen. Thorpe, dem nur zu sehr daran lag, zum Bekanntenkreis eines Mannes von General Tilneys Bedeutung zu gehören, hatte geschmeichelt und nur zu bereitwillig Auskunft gegeben. Und da er zu der Zeit nicht nur täglich Morlands Verlobung mit Isabella erwartete, sondern auch ziemlich entschlossen war, selbst Catherine zu heiraten, hatte seine Eitelkeit ihn bewegt, die Familie als noch reicher darzustellen, als er sich in seiner Eitelkeit und Habgier eingebildet hatte. Mit wem er auch umging oder sich zu verbinden gedachte, immer erforderte es seine eigene Stellung, dass sie etwas darstellten, und in dem Maße wie sein Verhältnis zu seinen Bekannten enger wurde, wuchs regelmäßig auch ihr Vermögen. Die von Anfang an übertriebenen Hoffnungen auf seinen Freund Morland waren deshalb seit dessen Bekanntschaft mit Isabella ständig gestiegen. Und um der Größe des Augenblicks gerecht zu werden, fügte er noch einmal soviel hinzu, verdoppelte noch einmal das willkürlich veranschlagte Einkommen aus Mr. Morlands Stellung, verdreifachte sein Privatvermögen, erfand eine reiche Tante, strich

Weitere Kostenlose Bücher