Kloster Northanger
Viertelmeile auseinander, und auf dem Weg dorthin informierte Mrs. Morland sie kurz und bündig über ihren Eindruck von James’ enttäuschter Liebe. »Er tut uns allen leid«, sagte sie, »aber abgesehen davon ist der Schaden nicht groß, dass aus dem Verlöbnis nichts geworden ist. Denn es kann nicht viel daran gelegen sein, dass er sich mit einem Mädchen verlobt hat, die wir so gar nicht kannten und die so gänzlich ohne Vermögen war. Und nun, nach solchem Benehmen, halten wir gar nichts mehr von ihr. Im Moment ist es schmerzlich für den armen James, aber das wird nicht ewig dauern. Und da er beim ersten Mal seine Wahl so blindlings getroffen hat, wird er für den Rest seines Lebens hoffentlich umso vorsichtiger sein.«
Eine solch nüchterne Zusammenfassung hatte Catherine gerade noch gefehlt. Noch ein Satz, und sie hätte vielleicht die Beherrschung verloren und weniger gefasst geantwortet. Denn bald wurde ihre ganze verstandesmäßige Einsicht von der Betrachtung überwältigt, welchen Wandel ihre Gefühle und Stimmungen durchgemacht hatten, seit sie das letzte Mal diese wohlbekannte Straße entlanggegangen war. Es waren keine drei Monate her, seit sie hier, ausgelassen vor freudiger Erwartung, mit leichtem Herzen, fröhlich und unbeschwert, in der Aussicht auf unbekannte und ungemischte Freuden und ohne sich vor Bosheit zu fürchten oder sie zu kennen, mindestens zehnmal pro Tag hin und her gelaufen war. So war es vor drei Monaten um sie bestellt gewesen, und wie verändert kam sie nun zurück!
Sie wurde von den Allens mit all der Freundlichkeit empfangen, die man in Anbetracht ihres unerwarteten Erscheinens und ihrer verlässlichen Zuneigung erwarten konnte. Groß war ihre Überraschung und nachdrücklich ihr Missfallen, als sie hörten, wie man sie behandelt hatte, obwohl Mrs. Morland keine übertriebene Darstellung davon gab, keinen bewussten Appell an ihre Emotionen machte. »Catherine kam völlig überraschend gestern Abend«, sagte sie. »Sie ist den ganzen Weg allein mit der Postkutsche gereist und wusste bis zum Sonnabend Abend selbst nichts von ihrem Kommen. Denn General Tilney war ihrer aus irgendeiner Laune plötzlich überdrüssig geworden und warf sie beinahe aus dem Haus. Sehr unliebenswürdig, keine Frage, und er muss ein sehr merkwürdiger Mann sein. Aber wir sind so froh, sie wieder bei uns zu haben. Und es ist ein großer Trost zu wissen, dass sie kein hilfloses kleines Kind mehr ist, sondern sehr gut allein fertig werden kann.«
Mr. Allens Worte zu diesem Thema verrieten den verständlichen Ärger eines vernünftigen Freundes. Und Mrs. Allen gefielen seine Ausdrücke so gut, dass sie sich diese gleich zu eigen machte. Sein Erstaunen, seine Vermutungen und seine Erklärungen wurden in derselben Reihenfolge von ihr wiederholt, und jede zufällige Pause mit dem einzigen Zusatz gefüllt: »Ich bin wirklich ungehalten über den General.« Und: »Ich bin wirklich ungehalten über den General«, fiel noch zweimal, als Mr. Allen das Zimmer verlassen hatte, ohne dass ihr Ärger nachließ oder sie wesentlich vom Thema abwich. Bei der dritten Wiederholung geriet sie schon auf deutlichere Abwege, und nach der vierten fuhr sie unmittelbar fort: »Stellen Sie sich vor, mein Kind, ich habe diesen entsetzlich großen Riss in meinem besten Spitzenkleid, bevor ich Bath verließ, so unglaublich kunstvoll ausbessern lassen, dass man nicht einmal mehr sieht, wo er war. Ich muss es Ihnen irgendwann einmal zeigen. Bath ist trotzdem ein schöner Ort, Catherine. Glauben Sie mir, ich hatte überhaupt keine Lust abzufahren. Mrs. Thorpe zu treffen, war ein solcher Trost für uns, nicht wahr? Wir beide fühlten uns zu Anfang ganz verloren.«
»Ja, aber
das
hat nicht lange gedauert«, sagte Catherine und ihre Augen leuchteten bei der Erinnerung an das, was ihr Leben dort zu Anfang so reizvoll gemacht hatte.
»Das stimmt. Wir haben bald Mrs. Thorpe getroffen, und von da an waren wir wunschlos glücklich. Finden Sie nicht, mein Kind, diese seidenen Handschuhe haben sich gut getragen? Ich habe sie neu angezogen, als wir zum ersten Mal in die Unteren Gesellschaftsräume gegangen sind, und habe sie seitdem sehr oft getragen. Erinnern Sie sich an den Abend?«
»Erinnern? Oh! Und ob!«
»Es war sehr unterhaltsam, nicht wahr? Mr. Tilney trank Tee mit uns, und ich habe ihn immer für einen Gewinn gehalten, er ist so unterhaltsam. Ich glaube, Sie haben sogar mit ihm getanzt, aber ich bin nicht ganz sicher. Ich erinnere
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