Kloster Northanger
den Weg zum Kloster, und man weiß, wie er sich dort aufgeführt hat.
Ich überlasse es dem Scharfsinn meiner Leser zu entscheiden, wie viel Henry von all dem Catherine bei dieser Gelegenheit mitteilen, wie viel er von seinem Vater erfahren haben konnte, in welchen Punkten er auf seine eigenen Mutmaßungen angewiesen und welcher Teil erst einem Brief von James vorbehalten war. Ich habe zu ihrer Erleichterung zusammengefasst, was sie zu meiner entwirren müssen. Catherine jedenfalls hatte genug gehört, um zu finden, dass sie in ihrem Verdacht, General Tilney habe seine Frau entweder ermordet oder eingekerkert, weder seinem Charakter unrecht getan noch seine Grausamkeit übertrieben hatte.
Als Henry all dies von seinem Vater berichten musste, kam er sich ebenso erbärmlich vor wie an dem Tag, als er es sich selbst eingestand. Er errötete über die bornierte Anordnung, die er nicht verheimlichen konnte. Die Unterhaltung zwischen Vater und Sohn in Northanger war nicht gerade freundlich gewesen. Als Henry hörte, wie Catherine behandelt worden war, als ihm der Standpunkt seines Vaters klar wurde und man ihm zumutete, sich damit abzufinden, hielt er mit seiner offenen Entrüstung nicht zurück. Der General, der, gewohnt, in seinem Haus bei jeder Gelegenheit den Ton anzugeben, höchstens mit emotionalem Widerstand, aber nicht mit einer Weigerung, die sein Sohn auch noch in Worte zu kleiden wagte, gerechnet hatte, fand dessen Widerstand, da das Siegel der Vernunft und das Diktat seines Gewissens ihn unerschütterlich machten, unerträglich. Aber bei einem solchen Anlass ließ Henry, der sein Ziel mit der Entschlossenheit des Gerechten verfolgte, sich auch durch einen noch so fürchterlichen Zorn nicht einschüchtern. Er fühlte sich durch seine Ehre und seine Liebe an Miss Morland gebunden, und da er das Herz zu besitzen glaubte, das zu gewinnen man ihn ausdrücklich angehalten hatte, konnte kein schändlicher Bruch eines stillschweigenden Einverständnisses, kein Widerruf aus ungerechtfertigtem Zorn seine Treue erschüttern oder die daraus entspringenden Entschlüsse beeinflussen.
Er weigerte sich standhaft, seinen Vater nach Herefordshire zu begleiten, ein kurzfristig angesetztes Unternehmen, um Catherine zur Abreise zu zwingen, und erklärte ebenso standhaft seine Absicht, um ihre Hand anzuhalten. Der General war außer sich in seinem Zorn, und sie trennten sich in fürchterlicher Verstimmung. Henry brauchte in seiner Erregung viele einsame Stunden, um sich zu beruhigen, war beinahe unverzüglich nach Woodston zurückgekehrt und am Nachmittag des folgenden Tages nach Fullerton aufgebrochen.
Kapitel 31
Mr. und Mrs. Morlands Überraschung, von Mr. Tilney um die Hand ihrer Tochter gebeten zu werden, war einige Minuten lang groß, da sie nie auf den Gedanken gekommen waren, dass bei beiden überhaupt Liebe im Spiel war, aber da schließlich nichts natürlicher war, als dass Catherine geliebt wurde, betrachteten sie das Ereignis bald nur noch in der freudigen Erregung dankbaren Stolzes und sahen, soweit es sie selbst betraf, keinen Anlass zu irgendwelchen Einwänden. Seine angenehmen Umgangsformen und seine Verständigkeit waren die beste Empfehlung, und da sie nie etwas Nachteiliges über ihn gehört hatten, neigten sie auch nicht zu der Annahme, es gäbe etwas Nachteiliges über ihn zu erzählen. Da guter Wille an die Stelle von Erfahrung trat, brauchte sein Charakter keine weitere Bestätigung. »Catherine wird bestimmt eine traurige, gedankenlose kleine Hausfrau«, sagte ihre Mutter ahnungsvoll, aber sie tröstete sich schnell damit, dass Übung den Meister macht.
Kurz und gut, es gab nur
ein
ernsthaftes Hindernis, aber solange das nicht beseitigt war, konnten sie der Verlobung auf keinen Fall zustimmen. Sie waren zwar umgängliche Leute, hatten aber unumstößliche Grundsätze, und solange sein Vater die Verbindung offen untersagte, hielten sie es nicht für angebracht, sie gutzuheißen. Mit großen Worten zu fordern, dass der General von sich aus die Verbindung wünschen oder auch nur von Herzen billigen würde, stand ihnen nicht zu, aber der Schicklichkeit musste durch stillschweigende Zustimmung Genüge getan werden, und sobald sie gegeben war – und ihre elterliche Liebe veranlasste sie zu der Annahme, dass sie nicht lange auf sich warten lassen würde – wollten sie ihre sofortige Einwilligung gerne geben. Sein
Einverständnis
war alles, worauf sie bestanden. Auf sein
Geld
Anspruch zu erheben, waren sie
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