Kloster Northanger
einmal Mr. Tilney eine Gelegenheit gegeben hätte, sein freundliches Angebot zu wiederholen, das sie schon beim ersten Mal als Ehre empfunden hatte, bahnte sie sich in der Hoffnung, ihn dort zu finden, so schnell sie konnte den Weg zu Mrs. Allen und Mrs. Thorpe zurück – eine Hoffnung, deren Unerfüllbarkeit sie erst erkannte, als sie sich als vergeblich herausstellte. »Nun, mein Kind«, sagte Mrs. Thorpe, die es nicht abwarten konnte, das Lob ihres Sohnes zu hören, »ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Partner.«
»Sehr angenehm, Madam.«
»Das freut mich aber. John ist ein glänzender Unterhalter, nicht wahr?«
»Haben Sie Mr. Tilney gesehen, mein Kind?«, sagte Mrs. Allen.
»Nein, wo ist er?«
»Er war gerade hier und sagte, er sei es so leid, herumzustehen, dass er entschlossen sei zu tanzen; deshalb dachte ich, er wollte vielleicht Sie auffordern, wenn er Sie träfe.«
»Wo kann er sein?« fragte Catherine und sah sich um; aber sie brauchte nicht lange zu schauen, dann sah sie ihn eine junge Dame zum Tanz führen.
»Ah! Er hat schon eine Partnerin. Wenn er nur Sie aufgefordert hätte«, sagte Mrs. Allen, und nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Er ist ein sehr angenehmer junger Mann.«
»Das ist er, Mrs. Allen«, sagte Mrs. Thorpe selbstgefällig lächelnd, »obwohl ich seine Mutter bin, muss ich selber sagen, dass es einen so sympathischen jungen Mann nicht noch einmal gibt.«
Der Sinn dieser abwegigen Antwort wäre sicher vielen entgangen, aber Mrs. Allen ließ sich nicht im geringsten irritieren, denn nach kurzer Überlegung sagte sie flüsternd zu Catherine: »Sie hat bestimmt gedacht, ich spreche von ihrem Sohn.«
Catherine war enttäuscht und verärgert. Sie hatte anscheinend das Ziel ihrer Wünsche nur um Haaresbreite verpasst; und diese Gewissheit war nicht dazu angetan, ihre Antwort freundlich ausfallen zu lassen, als John Thorpe bald darauf auf sie zukam und sagte: »So, Miss Morland, es ist wohl Zeit, dass wir wieder eine Sohle aufs Parkett legen.«
»Oh, nein, ich bin Ihnen sehr verbunden, aber unsere beiden Tänze sind vorbei, und außerdem bin ich müde und möchte nicht mehr tanzen.«
»Wirklich nicht? Dann wollen wir herumgehen und uns über die Leute lustig machen. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen die vier komischsten Typen im Saal, meine beiden jüngeren Schwestern und ihre Partner. Ich lache schon seit einer halben Stunde über sie.«
Wieder entschuldigte sich Catherine, und schließlich machte er sich auf, um sich allein über seine Schwestern lustig zu machen. Den Rest des Abends empfand sie als sehr langweilig. Mr. Tilney konnte sich beim Tee nicht zu ihnen setzen, weil er bei der Gesellschaft seiner Partnerin blieb; Miss Tilney saß nicht in ihrer Nähe, obwohl sie zu ihrer Gruppe gehörte, und James und Isabella waren so damit beschäftigt, sich miteinander zu unterhalten, dass diese kaum Zeit hatte, ihrer Freundin ein Lächeln, einen Händedruck und ein »liebste Catherine« zukommen zu lassen.
Kapitel 9
Catherines Leiden aufgrund der Vorkommnisse des Abends nahmen folgenden Verlauf: Zuerst äußerte es sich als Gefühl allgemeinen Überdrusses an allen Menschen in ihrer Umgebung, solange sie sich im Ballsaal aufhielt, was unvermittelt in ziemliche Erschöpfung und das dringende Bedürfnis überging, nach Hause zu gehen. Daraus entwickelte sich unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Pulteney Street ein außerordentlicher Appetit, und als der befriedigt war, verwandelte es sich in den ernsthaften Wunsch, ins Bett zu gehen. Das war der Höhepunkt ihrer Verzweiflung, denn dort fiel sie sofort in einen neun Stunden dauernden tiefen Schlaf, von dem sie sich in denkbar bester Laune, zu neuen Hoffnungen und neuen Plänen bereit, erhob. Ihr erster Herzenswunsch war es, besser mit Miss Tilney bekannt zu werden, und fast ihr erster Entschluss, sie zu diesem Zweck mittags in der Brunnenhalle zu suchen. In der Brunnenhalle musste jemand, der erst so kurze Zeit in Bath war, zu finden sein, und schließlich hatte sich dieses Gebäude bisher als so vorteilhaft für das Ausfindigmachen anspruchsvoller weiblicher Gesellschaft und das Schließen engster weiblicher Freundschaft, als so ausgezeichnet geeignet für Gespräche unter vier Augen und grenzenlose Vertraulichkeit erwiesen, dass sie allen Anlass zu haben glaubte, innerhalb seiner Wände eine weitere Freundin zu finden.
Da für ihr Vormittagsprogramm auf diese Weise gesorgt war, setzte sie sich nach dem Frühstück still
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