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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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einen Satz oder sonstige Kapriolen in Bewegung. Catherine war hocherfreut, so glimpflich davongekommen zu sein, und drückte ihm ihre Freude laut mit dankbarer Überraschung aus, worauf ihr Begleiter sich wunderte, was daran so Besonderes sei, und ihr versicherte, das alles sei ausschließlich seiner außerordentlich überlegenen Art, beim Anfahren die Zügel zu führen, und seinem einzigartigen Können und Geschick im Gebrauch der Peitsche zu verdanken. Obwohl Catherine nicht umhin konnte, sich darüber zu wundern, warum er es bei solch glänzender Beherrschung des Pferdes für nötig hielt, sie wegen dessen Tücken in Angst zu versetzen, beglückwünschte sie sich von Herzen, sich in der Obhut eines so erfahrenen Kutschers zu befinden, und da sie merkte, dass das Tier auch weiterhin ruhig dahintrabte und nicht die geringste Neigung zu irgendwelchen Eskapaden verriet, und (wenn man bedachte, dass sich sein Tempo ohnehin auf zehn Meilen pro Stunde beschränkte) nicht einmal beunruhigend schnell, gab sie sich im Bewusstsein ihrer Sicherheit ganz dem Vergnügen hin, an einem milden Februartag in der frischen Luft auf so gesunde Weise unterwegs zu sein. Auf ihre erste kurze Unterhaltung folgte ein Schweigen von einigen Minuten, das durch Thorpes plötzliche Bemerkung unterbrochen wurde: »Der alte Allen ist doch bestimmt reich wie ein Jude, oder?«
    Catherine verstand ihn nicht, und er wiederholte seine Frage und fügte als Erklärung hinzu: »Der alte Allen, bei dem Sie wohnen.«
    »Ach so! Sie meinen Mr. Allen. Ja, ich glaube, er ist sehr reich.«
    »Und keine Kinder?«
    »Nein, keine.«
    »Tolle Sache für seine unmittelbaren Erben. Er ist Ihr Pate, oder?«
    »Mein Pate! Nein.«
    »Aber Sie sind doch so viel bei ihnen.«
    »Ja, sehr viel.«
    »Aha, das meinte ich. Scheint ein ganz netter alter Knabe zu sein und war früher sicher auch kein Kostverächter. Er hat ja schließlich nicht umsonst die Gicht. Trinkt er immer noch täglich sein Fläschchen?«
    »Täglich sein Fläschchen! Nein, wie kommen Sie denn auf so was. Er ist ein sehr maßvoller Mann, und Sie glauben doch wohl nicht, dass er gestern betrunken war?«
    »Gott bewahre! Ihr Frauen glaubt immer gleich, Männer sind betrunken. Wieso, glauben Sie etwa,
eine
Flasche schmeißt einen Mann gleich um? So viel ist sicher: Wenn jeder täglich sein Fläschchen trinken würde, gäbe es nur halb soviel Unordnung auf der Welt wie jetzt. Das wäre eine tolle Sache für uns alle.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Lieber Gott, Tausende würden dadurch gerettet. Der Weinkonsum in diesem Königreich ist nur ein Bruchteil dessen, was er sein sollte. Man muss schließlich gegen unser nebliges Klima etwas tun.«
    »Aber ich habe gehört, dass in Oxford eine ganze Menge Wein getrunken wird.«
    »Oxford! In Oxford trinkt überhaupt keiner mehr, glauben Sie mir. Kein Einziger! Man hat schon Mühe, jemanden zu finden, der mehr als seine vier Schoppen trinkt. Also, es wurde zum Beispiel beim letzten Abend auf meiner Bude für höchst bemerkenswert gehalten, dass wir durchschnittlich fünf Schoppen pro Kopf geleert haben. Das galt als etwas ganz Unerhörtes. Ich habe natürlich auch tolles Zeug im Keller – daran hat’s gelegen. So was kriegen Sie in Oxford auch nicht alle Tage. Aber das gibt Ihnen jedenfalls einen Eindruck, wie es dort ums Trinken heute bestellt ist.«
    »Ja, das gibt mir einen Eindruck«, sagte Catherine mit Nachdruck, »und zwar dass Sie alle erheblich mehr Wein trinken, als ich dachte. Aber ich bin überzeugt, James trinkt nicht so viel.«
    Diese Behauptung rief eine laute und wortreiche Antwort hervor, von der nichts als die zahlreichen sie begleitenden und sich fast zu Flüchen steigernden Ausrufe deutlich zu verstehen waren, aber zu guter Letzt hatten sich Catherines Verdacht, dass in Oxford eine erhebliche Menge Wein getrunken wurde, und ihre glückliche Überzeugung von der relativen Zurückhaltung ihres Bruders eher bestärkt.
    Dann wandten sich Thorpes Gedanken den Vorzügen seines Gefährts zu und sie wurde aufgefordert, das Temperament und die Leichtigkeit zu bewundern, mit der das Pferd sich vorwärtsbewegte, und das gleichmäßige Schwingen, das sowohl die Gangart des Tieres als auch die hervorragende Federung den Bewegungen des Wagens gaben. Sie stimmte so gut wie möglich in seine Bewunderung ein. Ihm darin zuvorzukommen oder ihn zu übertreffen, war ausgeschlossen. Das stand wegen seiner Kenntnis und ihrem mangelnden Selbstvertrauen nicht in ihrer

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