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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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die hingehen. Aber sicher wären Sie liebend gern dabei, Mr. Morland, oder? Das wären Sie doch bestimmt! Lassen Sie sich nicht abhalten. Wir werden auch ohne Sie fertig. Aber ihr Männer haltet euch ja immer für unentbehrlich.«
    Catherine hätte Isabella gern vorgeworfen, es an Mitgefühl mit ihr und ihrem Kummer fehlen zu lassen, so wenig machte sie sich anscheinend daraus und so herzlos klang der Trost, den sie zu bieten hatte. »Sei doch nicht so stumpfsinnig, meine liebe Catherine«, flüsterte sie, »du brichst mir noch das Herz. Es ist ein ungeheurer Skandal, aber die Tilneys haben ganz allein die Schuld. Warum waren sie nicht pünktlicher? Es war natürlich schmutzig draußen, aber was machte das schon? John und mir jedenfalls hätte es nichts ausgemacht. Ich schrecke vor nichts zurück, wenn es um eine Freundin geht. Das ist mein Naturell, und John ist ganz genau so. Er ist so unheimlich gefühlsstark. Du lieber Himmel! Was hast du für eine gute Hand! Lauter Könige! So viel Glück habe ich im ganzen Leben nicht gehabt! Aber mir ist es tausendmal lieber, du hast sie als ich.«
    Und nun lasse ich meine Heldin schlaflos auf dem Kanapee zurück, auf dornenbesätem und tränenbenetztem Kissen – ein Schicksal, das keiner wahren Heldin erspart bleibt, und glücklich darf sie sich schätzen, wenn sie im Laufe der nächsten drei Monate ein Auge zutut.

Kapitel 12
    »Mrs. Allen«, sagte Catherine am nächsten Morgen, »ob es wohl angebracht ist, dass ich heute bei Miss Tilney vorspreche? Ich habe keine ruhige Minute, bevor ich nicht alles erklärt habe.«
    »Gehen Sie ruhig, mein Kind, aber ziehen Sie ein weißes Kleid an, Miss Tilney trägt immer weiß.«
    Catherine erfüllte ihren Wunsch mit Vergnügen und konnte es, als sie sich entsprechend gekleidet hatte, gar nicht erwarten, zur Brunnenhalle zu kommen, um General Tilneys Adresse zu erfahren, denn obwohl sie die Familie in der Milsom Street vermutete, wusste sie nicht genau, in welchem Haus, und Mrs. Allens ständiges Hinundherschwanken machte sie noch unsicherer. Zur Milsom Street musste sie tatsächlich, und als sie sich die Nummer eingeprägt hatte, eilte sie mit entschlossenem Schritt und klopfendem Herzen los, um ihren Besuch zu machen, ihr Verhalten zu erklären und Vergebung zu erlangen. Mit zügigem Schritt ging sie beschwingt durch den Churchyard und blickte entschlossen zur Seite, um nicht womöglich ihre geliebte Freundin und deren Familie sehen zu müssen, denn sie hatte Grund zu der Annahme, dass sie in einem nahebei liegenden Geschäft waren. Sie erreichte das Haus ohne Schwierigkeiten, sah auf die Nummer, klopfte an die Tür und fragte nach Miss Tilney. Der Diener vermutete Miss Tilney zu Hause, war aber nicht ganz sicher. Ob er sie anmelden solle? Sie gab ihm ihre Karte. Ein paar Minuten später erschien der Diener wieder und sagte mit einem Blick, der seinen Worten nicht unbedingt entsprach, er habe sich geirrt, denn Miss Tilney sei ausgegangen. Vor Verlegenheit errötend verließ Catherine das Haus. Sie war überzeugt, dass Miss Tilney doch zu Hause, aber zu gekränkt war, um sie zu empfangen, und als sie die Straße zurückging, konnte sie in der Erwartung, sie am Wohnzimmerfenster zu erblicken, nicht umhin, einen Blick hinaufzuwerfen, aber es war niemand zu sehen. Am Ende der Straße allerdings blickte sie sich noch einmal um, und da sah sie – nicht am Fenster, sondern aus der Haustür tretend – Miss Tilney. Ihr folgte ein Herr, den Catherine für ihren Vater hielt, und sie gingen in Richtung Edgar’s Buildings. Tief beschämt ging sie weiter. Über so viel erbitterte Unhöflichkeit wäre sie selbst fast bitter geworden, aber sie hütete sich vor Verstimmung, besann sich vielmehr auf ihre mangelnde Erfahrung. Sie wusste ja nicht, wie verwerflich ihr Vergehen nach den Regeln gesellschaftlicher Höflichkeit war, welches Maß an Unverzeihlichkeit es rechtfertigte oder welche strengen Strafmaßnahmen sie gerechtermaßen heraufbeschworen hatte.
    In ihrer Niedergeschlagenheit und Beschämung spielte sie sogar mit dem Gedanken, abends nicht mit den anderen ins Theater zu gehen, aber es muss zugegeben werden, dass er nicht lange anhielt, denn ihr fiel bald ein, dass sie erstens keine Entschuldigung für ihr Zuhausebleiben hatte und zweitens das Stück ausgesprochen gern sehen wollte. Und so gingen sie alle ins Theater. Die Tilneys erschienen nicht, um sie in Furcht oder Freude zu versetzen; sie befürchtete schon, dass Theaterleidenschaft

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