Kloster Northanger
sich einen Tag wohl einmal mit etwas Mittelmäßigem zufriedengeben kann.«
»Ich wollte, ich könnte mir Ihre Argumente zu eigen machen, um seinet- und um meinetwillen. Auf Wiedersehen. Da morgen Sonntag ist, Eleanor, werde ich vorher nicht zurückkommen.«
Er verließ sie. Und da es Catherine im Zweifelsfalle leichter fiel, ihrem eigenen Urteil als Henrys zu misstrauen, blieb ihr sehr bald nichts anderes übrig, als seiner Meinung beizupflichten, so unlieb ihr seine Abreise auch war. Aber das unerklärliche Verhalten des Generals ging ihr trotzdem weiter im Kopf herum. Dass er mit dem Essen sehr eigen war, war eine Entdeckung, die sie aus eigener Anschauung bereits gemacht hatte. Aber warum er einerseits so ausdrücklich auf etwas bestand und andererseits etwas ganz anderes meinte, war ihr völlig unerklärlich. Wie sollte man sich da in den Leuten auskennen? Wer anders als Henry hätte begriffen, worauf sein Vater hinauswollte?
Von Sonnabend bis Mittwoch mussten sie nun allerdings ohne Henry auskommen. Das war das traurige Ergebnis all ihrer Überlegungen; und natürlich würde Hauptmann Tilneys Brief in seiner Abwesenheit eintreffen, und Mittwoch würde es bestimmt regnen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sahen gleichermaßen düster aus. Ihr Bruder so unglücklich und ihr eigener Schmerz über Isabellas Verlust so groß und auch Eleanor während Henrys Abwesenheit so niedergeschlagen! Womit sollten sie sich beschäftigen oder amüsieren? Sie war Park und Garten leid – alles so akkurat und langweilig. Und das Kloster selbst bedeutete ihr mit einem Mal nicht mehr als jedes andere Haus. Die einzige Regung, die eine Betrachtung des Gebäudes in ihr hervorrief, war die peinliche Erinnerung an die Torheiten, zu denen es sie verleitet hatte. Welche Wandlung ihrer Vorstellungen! Sie, die so versessen darauf gewesen war, in einem Kloster zu wohnen! Jetzt konnte sie sich nichts Reizvolleres vorstellen als die anspruchslose Behaglichkeit eines Pfarrhauses mit guten Beziehungen, so ähnlich wie Fullerton, aber besser: Fullerton hatte seine Mängel, aber Woodston hatte vermutlich keine. Ob der Mittwoch jemals käme?
Er kam, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als man vernünftigerweise damit rechnen konnte. Er kam, das Wetter war schön, und Catherine ging wie auf Wolken. Um zehn Uhr brach das Trio im Vierspänner auf, und nach einer angenehmen Fahrt von beinahe zwanzig Meilen, fuhren sie nach Woodston hinein, einem großen, belebten Dorf in keineswegs reizloser Lage. Catherine schämte sich zu sagen, wie hübsch sie es fand, da der General für die Flachheit der Landschaft und die Größe des Dorfes eine Entschuldigung für nötig hielt. Aber insgeheim zog sie es jedem Ort vor, wo sie gewesen war, und betrachtete voller Bewunderung jedes adrette Häuschen, das nach mehr als einer Hütte aussah, und all die kleinen Lädchen, an denen sie vorbeifuhren. Am anderen Ende des Dorfes und in erträglicher Entfernung vom Rest der Häuser stand die Pfarrei, ein neues, geräumiges Steinhaus mit halbkreisförmiger Auffahrt und grünem Einfahrtstor. Und als sie an der Tür vorfuhren, stand Henry da mit den Freunden seiner Einsamkeit, einem großen jungen Neufundländer und zwei oder drei Terriern, um sie zu begrüßen und viel Aufhebens von ihnen zu machen.
Catherine war zu überwältigt beim Betreten des Hauses, um viel zu erkennen oder viel zu sagen. Und bevor der General sie um ihre Meinung bat, hatte sie kaum eine genauere Vorstellung von dem Zimmer, in dem sie saß. Als sie sich schließlich umsah, war ihr sofort klar, dass es das gemütlichste Zimmer auf der Welt war. Aber sie hütete sich, ihre Meinung laut zu sagen, und die Nüchternheit ihres Lobs enttäuschte ihn.
»Wir halten es für kein großartiges Haus«, sagte er. »Wir stellen keine Vergleiche mit Fullerton oder Northanger an. Wir betrachten es als bloßes Pfarrhaus, klein und eng, zugegeben, aber ordentlich und bewohnbar jedenfalls, und alles in allem nicht unter Durchschnitt – mit anderen Worten, ich glaube, es gibt nicht viele Pfarrhäuser in England, die sich damit vergleichen können. Verbesserungen wären allerdings denkbar. Ich wäre der Letzte, der das bestreiten wollte. Und in vernünftigen Grenzen … vielleicht ein Erkerfenster durchbrochen … obwohl, unter uns gesagt, wenn mir etwas von Herzen zuwider ist, dann ein angeklebtes Erkerfenster.«
Catherine hörte gar nicht genug von seiner Rede, um sie zu verstehen oder davon in Verlegenheit
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