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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Schlechtigkeit auf der Welt für möglich gehalten?«
    »Ich hoffe, dass Sie, was meinen Bruder betrifft, falsch informiert sind. Ich hoffe, dass er nicht entscheidend zu Mr. Morlands Enttäuschung beigetragen hat. Dass er Miss Thorpe heiratet, ist nicht wahrscheinlich, ich glaube, da irren Sie sich. Es tut mir sehr leid für Mr. Morland, tut mir leid, dass jemand, den Sie lieben, unglücklich ist, aber wenn Frederick sie heiratet, wäre das für mich bei der ganzen Geschichte die größte Überraschung.«
    »Es stimmt aber, Sie können James’ Brief selber lesen. Halt, es gibt da eine Stelle …«, und die Erinnerung an den letzten Satz ließ sie erröten.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns die Abschnitte vorzulesen, die meinen Bruder betreffen?«
    »Nein, lesen Sie selbst«, rief Catherine, die sich eines Besseren besonnen hatte. »Ich weiß nicht, was ich gemeint habe.« (Und weil sie vorher rot geworden war, errötete sie gleich noch einmal.) »James will mir ja nur einen guten Rat geben.«
    Er nahm den Brief bereitwillig entgegen, und nachdem er ihn sehr aufmerksam durchgelesen hatte, gab er ihn mit den Worten zurück: »Na ja, wenn es so sein soll, kann ich nur sagen, dass es mir leidtut. Frederick wird nicht der Erste sein, der eine Frau mit weniger Verstand heiratet, als seine Familie von ihm erwartet. Ich beneide ihn nicht um seine Lage, weder als Liebhaber noch als Sohn.«
    Auf Catherines Aufforderung las Miss Tilney den Brief nun ebenfalls, und nachdem auch sie ihre Besorgnis und Überraschung geäußert hatte, begann sie sich nach Miss Thorpes Familien- und Vermögensverhältnissen zu erkundigen.
    »Ihre Mutter ist eine sehr nette Frau«, war Catherines Antwort.
    »Und was war ihr Vater?«
    »Ich glaube, Rechtsanwalt. Sie wohnen in Putney.«
    »Sind sie reich?«
    »Nein, nicht besonders. Ich glaube nicht, dass Isabella Vermögen hat, aber das spielt in
Ihrer
Familie keine Rolle. Ihr Vater ist so großzügig. Er hat mir erst neulich erzählt, dass er auf Geld nur insofern Wert legt, als es ihm erlaubt, das Glück seiner Kinder zu fördern.« Bruder und Schwester sahen sich an. »Aber«, sagte Eleanor nach kurzer Pause, »würde es sein Glück auch fördern, wenn man ihm gestattete, ein solches Mädchen zu heiraten? Sie muss charakterlos sein, oder sie hätte Ihren Bruder nicht so ausgenutzt. Und was für eine merkwürdige Schwäche auf Fredericks Seite! Ein Mädchen, das unter seinen Augen ein Verlöbnis bricht, das sie freiwillig mit einem anderen Mann eingegangen ist! Ist das nicht unbegreiflich, Henry? Und ausgerechnet Frederick, der immer so wählerisch war! Der keine Frau gut genug fand!«
    »Das macht die Heirat ziemlich unwahrscheinlich. Das spricht am stärksten gegen ihn. Wenn ich an seine früheren Erklärungen denke, dann gebe ich ihn verloren. Außerdem halte ich Miss Thorpe für zu diplomatisch, um ihr zuzutrauen, dass sie sich von dem einen Herrn trennen würde, bevor ihr der andere sicher ist. Es ist wirklich aus und vorbei mit Frederick! Er kann sich begraben lassen. Sein Verstand ist schon vor ihm gestorben. Bereite dich auf deine Schwägerin vor, Eleanor, und zwar eine Schwägerin, die dein ganzes Entzücken sein wird. Offen, ehrlich, unaffektiert, arglos, mit starken, aber unkomplizierten Gefühlen, ohne Anmaßung zu zeigen und Verstellung zu kennen.«
    »Eine solche Schwägerin, Henry, wäre wirklich mein ganzes Entzücken«, sagte Eleanor lächelnd.
    »Aber auch wenn sie unsere Familie so schlecht behandelt hat«, warf Catherine ein, »behandelt sie Ihre ja vielleicht besser. Wo sie jetzt den Mann hat, den sie wirklich mag, ist sie ja vielleicht treu.«
    »Genau das befürchte ich«, entgegnete Henry, »ich fürchte, sie wird sehr treu sein, es sei denn, es läuft ihr ein Baron über den Weg, das ist Fredericks einzige Chance. Ich hole die Zeitung von Bath und gehe die Liste der Neuankömmlinge durch.«
    »Sie meinen also, sie tut alles nur aus Berechnung? Und ich muss schon sagen, einiges spricht fast dafür. Ich erinnere mich genau, als sie zuerst erfuhr, was mein Vater für die beiden tun wollte, war sie anscheinend ganz enttäuscht, dass es nicht
mehr
war. Noch nie in meinem Leben habe ich mich in einem Menschen so getäuscht!«
    »Bei der großen Anzahl derer, die Sie kennengelernt und mit denen Sie sich beschäftigt haben …«
    »Meine eigene Enttäuschung und mein eigener Verlust sind sehr groß, aber der arme James wird, fürchte ich, kaum je darüber

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