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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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hatten
Zeugen einen zweiten Mann am Tatort gesehen.
    »Wir suchen denselben Täter, Werner«, zog Rose sein Fazit
    »Horch, Schorsch! In anderthalb Stunden bin ich bei dir.«
    »Gut. Ich kann dir nicht versprechen, dass ich da bin. Ich lass
vorsichtshalber mal die Akten für dich raussuchen.«
    »Astrid, mach dich fertig, schnell. Wir fahren in einer
Viertelstunde. Wahrscheinlich müssen wir über Nacht bleiben. Schau, dass du
irgendwo eine Zahnbürste auftreibst.«
    Haevernick sah ihren Chef ratlos an. Gerade noch hatte sie sich mit
der Zangenberg über Maniküre und Make-up unterhalten. Doch nun war ein
grobschlächtiger, maskuliner Sturm in diese Domäne der Frauenwelt eingebrochen,
um die Finessen der femininen Kunst in puncto Männerverführung rücksichtslos
niederzuwehen.
    »Und Sie, Leonie, kopieren bitte sofort die Akte Mordfall Gummler.
Ich hab Ihnen die Unterlagen schon auf Ihren Platz gelegt. Auf, auf!«
    »Mordfall?«, fragte die Sekretärin und sah auf das Ende ihrer
Fingernägel. Auf eine Antwort wartete sie vergebens.
    Klotz verließ den Aufenthaltsraum so schnell, wie er gekommen war.
Er überlegte. Die Gulden war bei Gericht. Bis er Huber davon überzeugt hätte,
dass man jetzt schnell etwas tun müsse, würde es wahrscheinlich Abend werden.
Da hieß es handeln, und zwar auf eigene Faust.
    »Soll ich fahren?«, fragte Haevernick, als sie über den Parkplatz
hetzten.
    »Nein, ich fahre. Hast du alles dabei?«
    »Ich denke.«
    Klotz stellte einen dampfenden Plastikbecher auf das Autodach und
suchte seine Hosen- und Jackentaschen nach dem Wagenschlüssel ab.
    Wo waren diese verdammten Schlüssel abgeblieben? Klotz wurde sauer.
Er zog die oberste der beiden Strickjacken aus und warf sie auf das Autodach.
Dabei fiel der Kaffeebecher um, und sein Inhalt klatschte gegen Hemd und Hose.
Klotz wurde es plötzlich in der Leistengegend und zwischen den Beinen
unangenehm heiß.
    Er blickte an seiner versauten Kleidung hinunter und sah den
Autoschlüssel am Boden liegen.
    »Chef, soll nicht vielleicht doch lieber ich fahren?«
    »Nein!«
    Zornig nahm er den Schlüssel in die Hand. Drückte auf den Sensor,
und die Türen des Omega gaben ein klapperndes Geräusch von sich. Dann riss er
die Fahrertür auf und sprang in den Wagen. Als er hinterm Steuer saß, biss er
vor Schmerz die Zähne zusammen. Dass heißer Kaffee so wehtun konnte!
    Der Wagen schnellte über den Parkplatz Richtung Ausfahrt. Unter
einem der Reifen zerknisterte ein Automatenbecher aus zweifarbigem Kunststoff.
    Die Reinigungsangestellte sah in Klotz’ verzerrtes Gesicht. Er warf
ihr den Abholzettel hin, den er schon auf dem Weg vom Auto in das Geschäft aus
seinem Geldbeutel gezogen hatte.
    »Haben Sie eine Toilette? Es ist dringend.«
    »Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen den Weg. Ist überm Hof.«
    Sobald er die Tür verriegelt hatte, riss er den Reißverschluss auf
und zog die Hose herunter. Dann umwickelte er schnell seine linke Hand mit
mehreren Lagen Klopapier, öffnete den Hahn, feuchtete das Papier mit kaltem
Wasser an und presste das Ganze zwischen seine Beine.
    Am liebsten hätte er sich einen Schneeball in die Unterhose
gesteckt. Aber bei diesem Winter war an so was wie Schnee ja nicht im
Entferntesten zu denken! Da durfte man froh sein, wenn keine Heuschreckenplage
ausbrach.
    Fünfhundert Meter nach der Autobahnauffahrt stand der Verkehr. Aus
einem silbergrauen VW -Passat
winkten ihnen zwei Kinder zu. Auf dem Kofferraumdeckel war ein Aufkleber
angebracht: »Janina und Kevin an Bord«. Die Kinder, deren Namen sie jetzt
kannten, hatten Nikolausmützen auf dem Kopf, auf denen rote LED -Leuchten herumblitzten.
    Um sich zu zerstreuen, öffnete Klotz das Handschuhfach, aus dem
neben einer zerknüllten McDonald’s-Tüte und einem mayonnaisebeschmierten
Big-Mac-Karton ein Haufen Tankquittungen quoll.
    »Achtung Baby!«, rief Klotz plötzlich. »So heißt die CD «, stellte er lapidar klar, nachdem er
Haevernicks irritierten Gesichtsausdruck wahrgenommen hatte.
    Er legte die tieferen Schichten des Handschuhfachs frei, bis er die
gesuchte CD gefunden und
schließlich in den Player eingelegt hatte.
    Jetzt standen sie schon seit beinahe einer halben Stunde im Stau und
außer dem schwachsinnigen Gewinke der Kinder da vorn bewegte sich so gut wie
gar nichts. Das Gitarrensolo in »The Fly« stachelte Klotz bereits blank
liegende Nerven noch zusätzlich an.
    »Schmeiß die Flackerbirne aufs Dach!«, befahl er plötzlich.
    »Aber Chef, wir sind doch gar

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