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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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wusste? Irgendein Jubiläum, das er verschnarcht hatte? Die
Gulden hatte ihre graue Flakhelferinnen-Ausgehuniform gegen einen schmucken
Hosenanzug mit Glencheck-Karos eingetauscht. Anthrazit stand ihr wirklich gut.
Zumindest besser als dieses Feldgrau. Die dezent aufgetragene Schminke verlieh
ihrem Gesicht einen gesunden Teint. Das Lipgloss fand Klotz ein wenig
deplatziert. Auf den vollen Lippen der Zangenberg hätte er es besser gefunden.
    Der Hauptkommissar wollte gerade beginnen, der Frau Staatsanwältin
Bericht zu erstatten, als es an der Tür klopfte. Lackners Alkoholikergesicht
sah nicht gerade glücklich aus, als er Klotz einen Zettel überreichte, auf dem
stand, dass die DNA des
Verdächtigen nicht zu der des Fingernagels passte, den Klotz am Tatort gefunden
hatte. Jetzt sind wohl alle unsere möglichen Beweise hin, dachte Klotz
resigniert und wünschte dem Kollegen noch einen schönen Tag. Da man inzwischen
keine Geheimnisse mehr voreinander hatte, teilte Klotz der Staatsanwältin
umgehend das Ergebnis der Untersuchung mit. Dann fasste er die Ergebnisse des
soeben stattgefundenen Gesprächs mit Frau Müller zusammen.
    »Und was soll ich bitte schön dem Haftrichter sagen? Unter diesen
Voraussetzungen können wir diesen Müller doch keine Minute mehr hierbehalten.«
    »Ich würde mal sagen, das war’s dann wohl«, antwortete Klotz
niedergeschlagen, »vielleicht war er es ja wirklich nicht.«
    Klotz war frustriert. Seit etwa einer Viertelstunde hatte er immer
mehr den Eindruck gewonnen, dass diese Sache mit diesem Robert Müller ein ganz
tiefer Griff in die Kloschüssel gewesen war.
    »Schicken Sie den Mann nach Hause. Wenn ich wieder vom Gericht
zurück bin, besprechen wir den Fall noch mal«, schloss Staatsanwältin Gulden
das Gespräch ab.
    Klotz lehnte sich zurück und machte ein Hohlkreuz, mit einer Hand
fuhr er sich langsam übers Gesicht. Gerade wurde ihm klar, dass sie keinen
einzigen Schritt vorwärtsgekommen waren. Er ging zurück in sein Büro und
ärgerte sich.
    Wenn man das, was man will, nicht bekommt, so kann das auch ein
Glück sein. Auch das war ein Gedanke des Dalai Lama, den Klotz in den
»Ratschlägen« gelesen zu haben glaubte. Er verschränkte seine Hände hinter dem
Kopf und fing an zu lächeln. Aus dem angestrengten Lächeln wurde allmählich ein
blödes Grinsen, das einem Gefühl von Verzweiflung entsprang, für das es einfach
keine aufmunternden Worte gab. Er musste an die Aufschrift auf Escherlichs
Shirt denken. Erst jetzt wurde die ganze Tragweite ihrer Bedeutung richtig greifbar. Tell me the meaning of irony.
    Klotz nahm einen Dartpfeil in die Hand und warf ihn gegen die Tür.
Eigentlich hätte Rocky Balboa jetzt tot umfallen müssen, aber der Italian
Stallion stand noch immer in Siegerpose im New Yorker Central Park herum.
    Das Klingeln des Telefons riss ihn unsanft aus seinen Betrachtungen.
    »Grüß dich, Werner! Kennst du mich noch?«
    »Freilich, Schorsch! Freilich kenn ich dich noch!«
    Klotz hatte mit allem Möglichen gerechnet, aber nicht damit, dass
ihn Georg Rose anrufen würde. Die beiden hatten Ende der Achtziger gemeinsam
die Ausbildung auf der Polizeischule genossen. Nach dem Abschluss war Klotz bei
der Kripo in Nürnberg eingestiegen. Sein Freund Rose hatte eine Stelle in
Würzburg bekommen.
    Rose lachte. Sofort war dieses alte Gefühl einer kameradschaftlichen
Vertrautheit wieder da.
    »Warum ich dich anrufe, Werner. Ich hab gerade die Zeitung gelesen.
›Der mysteriöse Tod des Thorsten G.‹«
    »An dem Ding haben wir uns ordentlich die Zähne ausgebissen.«
    »Und? Habt ihr den Täter?«
    »Nein. Um ehrlich zu sein: Wir haben nicht die geringste Ahnung. So
wie’s aussieht, wird das Ding wohl ins Leere laufen.«
    »Ich denke, es ist noch zu früh, um die Flinte ins Korn zu werfen.
Horch. Ich hab da was für dich. Pass auf …«
    Rose erzählte von einem Mordfall, der sich am Samstag, dem 16.
Dezember, in seinem Einsatzgebiet zugetragen hatte.
    Von einer Flussfähre war ein Auto in den Main gefahren. In dem Wagen
hatte ein Mann gesessen, der mit Betäubungsmitteln handlungsunfähig gemacht
worden war und deshalb ertrank. Das Bizarre war nun, dass im Handschuhfach ein
Abschiedsbrief gefunden worden war.
    »Lass mich raten«, sagte Klotz, »maschinengeschrieben.«
    »Und in Folie eingeschweißt«, ergänzte Rose.
    Die gerichtsmedizinische Untersuchung hatte allerdings herausgefunden,
dass sich der Mann unmöglich selbst betäubt haben konnte. Außerdem

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