Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Machte auch irgendwie einen blassen Eindruck. Nicht besonders gesund.«
Zum Glück bist du gesund, du Geselle der jamaikanischen
Bildhauermannschaft, dachte Klotz und funkelte wütend mit den Augen.
»Und wann kommt er wieder?«
»Weiß nicht.«
Am liebsten hätte er diesem Drecksgesellen eine reingehauen. Doch
rief er sich selbst zur Räson. Nur nicht wieder emotional werden! Das war
schlecht fürs kriminalistische Gespür, und dieses Gespür sagte ihm, dass es das
Beste wäre, Fröhlings Betriebsgelände etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Escherlich ging mit dem Wandergesellen ins Haus. Klotz beschloss,
sich ein wenig auf dem Hof umzusehen.
Aus einer Halle kamen regelmäßige Klopfgeräusche. Klotz’ Blick fiel
auf einen dicklichen Jungen mit blonden Haaren, der nicht einmal aufsah, als
Klotz die Halle betrat.
»Was machen Sie da?«
»Ich bearbeite einen Stein.«
»Das sehe ich. Also?«
»Ein Grabmal in Form einer Pyramide.«
»Der Auftrag ist doch längst storniert. Sie bearbeiten da ein
Beweisstück.«
»Davon weiß ich nichts. Der Meister hat gesagt, ich soll
weitermachen mit meiner Arbeit.«
»So. Hat er das?«
Im Hintergrund konnte er eine Säge erkennen, und er fragte sich,
warum Fröhling den schwarzen Klotz da so langwierig von Hand bearbeiten ließ.
Durch eine angelehnte Tür fiel ein Streifen Tageslicht in die
Werkshalle. Er ging in die Richtung und schließlich durch die Tür nach draußen,
in einen Bereich, der jenseits der Gebäude lag, welche den Hof der Bildhauerei
umschlossen.
Auf einer Wiese, die auf zwei Seiten von einer mannshohen Mauer
begrenzt wurde und frontal auf eine heruntergekommene Barockfassade zulief,
lagen alle möglichen Arten von Grabsteinen herum. Zwischen den Steinhaufen
waren immer wieder Schneisen geschlagen, die gerade so breit waren, dass ein
Gabelstapler hindurchpasste.
Klotz durchschritt die Lagerstätte und musste dabei aufpassen, dass
er nicht über irgendein Stück Holz oder Stein stolperte, sah sich hie und da
eine verwitterte Schrift oder einen melancholisch dreinblickenden Engel an und
gelangte schließlich zu dem barocken Haus. Er fuhr mit einer Hand über die
porösen Voluten einer Fenstereinfassung. Ein Blick durch die Scheiben machte
ihm klar, dass das Haus unbewohnt sein musste.
Klotz drückte die rostige Klinke einer Brettertür und ging in das
Haus. Es roch nach Nässe und Moder. Über einen knarrenden Bretterboden bewegte
er sich durch verschiedene Räume, betrachtete die Decken und fragte sich, wie
man nur so barbarisch sein konnte, den wunderbaren Stuck, der da oben hing,
einfach vergammeln zu lassen.
Schließlich gelangte er in eine Garage, die offensichtlich noch
benutzt wurde. Er lupfte die graue Plane an, unter der sich ein Auto verbarg.
Als er die silbergraue Farbe sah, zog er die Plane komplett von dem Wagen. Vor
ihm stand ein Landrover. Ihm fiel die Zeugenaussage des Ehepaars Böhner ein.
Hatten die nicht unweit des Tatorts einen Landrover gesehen, der eine Panne
hatte? Fröhling, langsam wird’s eng für dich!
* * *
Baurat Rößler, mit dem Fröhling am Tag von Bogendorfers Tod über die
Restaurierung einer Würzburger Kirche verhandelt hatte, zog an seiner
dunkelgrauen Seidenkrawatte und sah hinaus in den Regen. Als er den Knoten
genügend gelockert hatte, öffnete er den obersten Hemdknopf, zog ein weißes
Taschentuch aus seinem Jackett und wischte sich damit den Schweiß aus dem
Nacken.
Während er der Person am anderen Ende der Leitung zuzuhören
versuchte, dachte er an seine Frau und seine drei Kinder und daran, was
passieren würde, wenn er die Person, die da gerade mit ihm sprach, enttäuschen
würde.
»Aber natürlich. Sie können sich auf mich verlassen.«
Er hatte sich einen Bleistift genommen und bohrte mit dem stumpfen
Ende gerade in seinem linken Ohr herum, als die Sekretärin an die Tür klopfte.
Der Baurat winkte ab, die Sekretärin machte ein ernstes Gesicht und sah in die
gestressten Augen ihres Chefs. Verließ das Büro, um zwei Minuten später
zurückzukehren.
»Herr Baurat. Es ist wichtig! Da sind zwei Beamte von der
Kriminalpolizei, die Sie dringend sprechen müssten …«
Er zog den Hörer vom Ohr und hielt mit einer Hand die Sprechmuschel
zu.
»Jetzt nicht! Die sollen sich einen Termin geben lassen.«
»Das wird nicht gehen. Die beiden sind extra aus Nürnberg hierher…«
»Gut. Sollen zehn Minuten warten.«
Die Sekretärin verließ den Raum, und er nahm sich vor, das
Telefongespräch so
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