Klotz, Der Tod Und Das Absurde
den er nach dieser Glanzleistung
folgen ließ, galt niemand Geringerem als ihm selbst.
Nachdem er die Kaffeemaschine klargemacht hatte, warf er sich in
seinen Chefsessel und wurde durch den mächtigen Einschlag auf der Sitzfläche
wieder an sein Übergewicht erinnert.
Er blickte in die aufgehende Sonne, lauschte dem Röcheln der
Kaffeemaschine und dachte an Melanie und daran, dass er verliebt war.
Ihre großen Rehaugen, ihre dunkle Haut, von deren Geruch er nicht
genug bekommen konnte, ihr tiefschwarzes Haar, das einem so weich und so seidig
durch die Finger glitt. Ihr Kuss.
Plötzlich bemerkte er, dass er ins Schwärmen gekommen war. Bei Licht
betrachtet doch ziemlich schwülstig, was er da so fühlte und dachte. Und
trotzdem.
Er stand auf. Ging rüber zum Faxgerät und wunderte sich. Ging zurück
zu seinem Platz, schenkte sich im Vorübergehen einen Kaffee ein. Wählte
schließlich Roses Nummer.
»Wir haben ihn!«, rief Klotz triumphierend aus.
Rose schwieg für einen Moment.
»Wie? Ihr habt wen?«
»Den Mörder von Gummler und Bogendorfer.«
Klotz berichtete von den Ermittlungsergebnissen der letzten Tage und
dass man Fröhling, der sich offenbar hatte absetzen wollen, auf der A 9
Richtung München aufgegriffen hatte. Die Vernehmung würde gleich stattfinden.
Er gehe davon aus, dass Fröhling ein umfassendes Geständnis ablegen würde. Rose
gratulierte seinem Kollegen und schien erleichtert, dass der Fall endlich zu
seinem Abschluss gefunden hatte.
»Ach ja, da ist noch was«, fiel Klotz wieder ein.
»Ja?«
»Das Phantombild, das ihr mit diesem Ehepaar, diesen Böhners,
gemacht habt …«
»Was ist damit?«
»Ist irgendwie nicht bei uns angekommen.«
»Kein Problem. Fax ich dir gleich noch mal.«
»Also dann, man sieht sich.«
»Ich hoffe. Und einen guten Beschluss.«
»Ebenso. Mach’s gut.«
Während er in einen von Escherlichs Lebkuchen biss, blickte Klotz
auf Rocky Balboa, aus dessen Kopf sich langsam die Spitze des Dartpfeils löste,
um schließlich auf den Boden zu fallen und dort stecken zu bleiben.
Sie waren runter in den Keller gegangen. Irgendein Kommissar von der
Sitte in einem grünen Jackett kam ihnen entgegen und grüßte. Klotz fand, dass
die glasgrüne Farbe des Jacketts zu den Flaschen von der Sitte passte. Grüßte
zurück und ging weiter.
Er überlegte, ob er sich vor dem Verhör noch an dem Kaffeeautomaten
bedienen sollte. Sah zu Escherlich rüber, der irgendwie einen ziemlich
angespannten Eindruck machte.
»Wie geht’s dir eigentlich?«
Der Kollege antwortete nicht. Sah ihn nicht einmal an, und Klotz
beschlich das Gefühl, in einen Fettnapf getreten zu sein.
Escherlich warf ein Geldstück in den Automaten. Drückte einen Knopf.
Im Ausgabefach das klappernde Geräusch eines leeren Plastikbechers, der gleich
befüllt werden sollte.
Staatsanwältin Gulden musste beim Friseur gewesen sein. Das war das
Erste, was Klotz dachte, als er die Tür wieder geschlossen und einen guten
Morgen gewünscht hatte. Dann sah er, dass irgendjemand schon einen neuen
Kalender für 2007 aufgehängt hatte. Auf dem Titelblatt war ein Schimpanse
abgebildet, der eine Polizeimütze auf dem Kopf trug und gerade dabei war, sich
eine Banane zwischen zwei blendend weiße Zahnreihen zu schieben. In was für
einem schwachsinnigen Staat leben wir eigentlich, fuhr es Klotz durch den Kopf,
und er sah durch die Scheibe.
Fröhling trug ein graues T-Shirt, eine verwaschene Bluejeans und
abgelaufene Sportschuhe. Sein Gesicht war hinter einer undurchdringlichen Matte
aus schwarzen Rastalocken versteckt, sodass man über Ausdruck und Farbe nur
Mutmaßungen anstellen konnte. Im Hintergrund saß ein Grün-Weißer, der darauf
wartete, dass ihn jemand ablöste, damit er dem Häftling endlich die
Handschellen abnehmen und gehen konnte.
Während Klotz abwechselnd an seinem Kaffee nippte und an einer
Zigarette sog, begutachtete er die neue Frisur der Staatsanwältin genauer. Na
gut, wirklich schlecht sahen diese Korkenzieherlocken ja nicht aus, aber an die
Silikontitten von der Zangenberg kamen sie nicht ansatzweise ran, das musste
man schon einräumen. Wo war die überhaupt? Vermutlich stand sie in irgendeiner
Damentoilette vor dem Spiegel und glotzte sich ihre neuen Möpse an. Klotz, der
den angefangenen Gedanken nicht vertiefen wollte, drückte seine Kippe in den
Aschenbecher, blickte zu Escherlich und machte eine auffordernde Geste.
Die beiden Ermittler erlösten den Grün-Weißen, der auf Fröhling
hatte
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