Klotz, Der Tod Und Das Absurde
schnell wie möglich zu Ende zu bringen.
»Ja, wie ich schon sagte, Sie können sich voll und ganz auf mich
verlassen … Ja, natürlich weiß ich … Selbstverständlich, Herr Staatssekretär …«
* * *
Patrick Fröhling drückte zum x-ten Mal die Wahlwiederholungstaste
und trat das Gaspedal durch. Die Mailboxansage sprang an. Eine gut gelaunte
Automatenstimme meldete sich:
»Herzlich willkommen. Der Teilnehmer ist im Moment leider nicht
erreichbar. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht für«, es knisterte kurz in
der Leitung, »Sven van der Heyd«.
Fröhling wartete nicht, bis der lang gezogene Signalton sein Ende
erreicht hatte. Wütend drückte er auf die Taste mit dem roten Telefonhörer.
Griff nach der Zigarettenschachtel auf dem Beifahrersitz. Öffnete sie. Bemerkte,
dass sie leer war, und warf sie in den verdreckten Fußraum.
Wenn er Sven nicht erreichen würde, dann würde es keine Wahl geben.
Er würde in einer guten Stunde in München sein und den Herrn Staatssekretär
persönlich sprechen müssen. Dass das mit Sicherheit eine peinliche Vorstellung
werden würde, war klar. Aber es half nun mal nichts. Es ging schließlich um
Leben und Tod. Und dabei war es noch nicht mal seine Schuld. Sven war es, der
ihnen allen diese Scheiße eingebrockt hatte, dieser Vollidiot. Hätte er sich
bloß nie mit diesem Typ eingelassen. Hätte er ihn bloß nie in seinem Leben
getroffen. Doch dafür war es jetzt zu spät. Ganze achtzehn Jahre zu spät.
* * *
»Irgendwie hat dieser Baurat einen ziemlich angespannten Eindruck
gemacht, findest du nicht?«, fragte Klotz und sah auf den barocken Bau der
Würzburger Residenz, der gerade an ihm vorbeischlitterte.
Erinnerte irgendwie an dieses Schloss in Frankreich, dieses
Versailles, nur ein bisschen kleiner, dachte er.
Escherlich brauchte ein paar Sekunden, bevor er die Frage
beantworten konnte. Zuerst musste er noch diesen stinkenden Suzuki überholen.
Ging es doch darum, so schnell wie irgend möglich von Würzburg nach Mondfeld zu
kommen, ohne irgendwelche Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer oder
Tempolimits. Vermutlich wäre sein Kollege Klotz für solch eine Aufgabe der
Geeignetere gewesen. Rücksichtnahme war ja bekanntermaßen nicht so sein Ding.
»Na ja, kein Wunder, dass der angespannt war«, antwortete Escherlich
jetzt, »schließlich hat er bei der Vernehmung durch die Würzburger Kollegen
offensichtlich bei den Zeitangaben für Fröhlings Alibi geschlampt, und zwar
ordentlich. Da hat man wohl allen Grund, nervös zu sein. Schließlich geht es um
Mord.«
Eine nochmalige Nachfrage seitens der Nürnberger Kommissare hatte
ergeben, dass die ursprüngliche Zeugenaussage, wie sie in den Akten der
Würzburger Polizei vermerkt war, nicht stimmte. Dort hatte der Baurat
angegeben, Fröhling während der Mittagspause eine halbe Stunde lang nicht
gesehen zu haben. Jetzt hatte er eingestanden, dass er sich vertan hatte.
Fröhling sei während der Verhandlung mit dem Baurat nicht nur eine halbe,
sondern fast zwei Stunden weg gewesen. Wie man sich nur so täuschen kann.
Escherlich bremste und fuhr an den Straßenrand. Sie hatten gerade
das Ortsschild von Mondfeld hinter sich gelassen. Klotz drückte auf den Knopf
der Stoppuhr.
»Siebenunddreißig Minuten und achtundzwanzig Sekunden«, konstatierte
er knapp.
»Das könnte locker reichen. Hin- und Rückfahrt zusammen, das macht
dann eine Stunde und fünfzehn Minuten. Bleibt noch etwa eine Dreiviertelstunde
für den Mord. Was meinst du?«
»Autopanne vortäuschen, das Opfer anhalten und betäuben, auf die
Fähre fahren, rein ins Wasser, wieder ans Ufer schwimmen, zurück zum Wagen,
schnell umziehen und los. Das Ganze in fünfundvierzig Minuten? – Ja. Das geht.«
28. Dezember
Die Außentemperatur betrug null Grad. Als um zwanzig nach acht
die Sonne endlich so hoch gestiegen war, dass sie über die Dächer der Stadt
ihre Strahlen zu werfen vermochte, trafen einige dieser wärmenden Strahlen auf
das Lächeln in seinem Gesicht.
Klotz schlüpfte eilig aus seinem Lodenmantel. Warf ihn beschwingt in
Richtung Kleiderständer. Treffer! Der Kragen war direkt auf einer
hervorstehenden Aufhängung gelandet. Der Mantel baumelte langsam aus.
Auf seinem Weg zur Kaffeemaschine griff er nach einem Dartpfeil, der
an einer Ecke von Escherlichs Schreibtisch aus einem Haufen Müll herausspitzte,
und warf ihn gegen das Poster an der Tür. Er hatte den Pfeil genau zwischen die
Augen von Rocky Balboa geworfen. Der Applaus,
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