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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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etwas?«
    »Schulze?« Schreins Gesicht nahm einen ratlosen Ausdruck an.
    »Der Kommissar, der damals in dem Fall ermittelt hat«, half
Haevernick nach.
    Schrein drückte den Zigarillo aus. Plötzlich erhellte sich seine
Miene.
    »Ach ja. Das muss der Kommissar gewesen sein, mit dem ich damals
kurz telefoniert habe. Hat sich dann aber nicht mehr gemeldet.«
    »Worum ging es in diesem Gespräch?«
    »Er hat mich angerufen an dem Tag, an dem Fritz gestorben ist. Hat
mich gefragt, in welcher Beziehung ich zu meinem Vorgesetzten stehe, und so
weiter. Ich hab ihm erzählt, was ich wusste.«
    »Auch, dass Reblein Ihnen von der toten Frau und dem Kind erzählt
hat?«
    »Auch das, selbstverständlich.«
    »Gab es irgendetwas im Verlauf dieses Telefongesprächs, was Ihnen,
nun ja, wie soll ich sagen, seltsam vorkam?«
    »Seltsam? Eigentlich nicht, würde ich sagen.«
    »Eigentlich?«
    »Na ja, doch. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Da war schon was, was
mich irgendwie stutzig gemacht hat.«
    »Was?«
    »Der Kommissar meinte, ich solle nur mit ihm über die Sache mit der
toten Frau und dem Kind reden. Wenn andere Beamte mich danach fragen würden,
hat er gesagt, dann dürfte ich auf keinen Fall irgendetwas sagen. Komisch,
was?«
    Kann man wohl sagen, dachte Haevernick, die nach und nach ein
Puzzlestück zum anderen fügte.
    »Da hab ich dann jetzt wohl einen Fehler gemacht«, fiel Schrein auf,
während er aus seiner Holzschachtel einen neuen Zigarillo kramte.
    »Herr Schrein.«
    »Ja?«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass Sie mit Ihrer Aussage an die
richtige Adresse geraten sind. Dennoch empfehle ich Ihnen, die Sache für sich
zu behalten. Kommissar Schulze hatte mit seiner Warnung nicht ganz unrecht.«
    Für einen kurzen Moment sah Schreins Gesicht etwas erschrocken aus.
Dann zündete er sich seinen Zigarillo an, und seine Miene wurde wieder
lockerer.
    »Bin ich etwa in Gefahr?«
    »Nein. Sicher nicht«, beruhigte ihn Haevernick, »aber behalten Sie
die Sache vorsichtshalber für sich. Ist besser so, glauben Sie mir.«
    * * *
    Klotz war in die Tuilerien gegangen. Hatte sich an einem Stand ein
Baguette-Sandwich mit Schinken und Käse gekauft. Hatte sich, während er das
Sandwich in sich hineinstopfte, zu einem Brunnen etwas abseits begeben und auf
einen dieser grün lackierten Stühle gesetzt, die kreuz und quer im Park
verteilt waren. Klotz nahm an, dass diese Stühle der Bevölkerung zur freien Verfügung
standen, und mit dieser Einschätzung lag er richtig.
    Er fragte sich ganz ernsthaft, ob er langsam paranoid wurde. Dieser
Orientierungsplan des Louvre. Er war mit dem Finger den Weg bis zum Ausgang
nachgefahren und war auf dieses Pyramidensymbol gestoßen. Das Symbol auf den
Abschiedsbriefen. Das Symbol von diesem Hotel in Fürth. Überallhin verfolgte
ihn dieses Quadrat mit diesen beiden gekreuzten Diagonalen. Er fragte sich, ob
das mit diesem Pyramidensymbol des Louvre Zufall sein konnte. Definitiv. Es
musste Zufall sein. Woher sollte denn der Mörder wissen, dass er sich nach
Paris begeben und sich dort den Louvre ansehen würde? Langsam hatte Klotz diese
Inflation des Symbolhaften satt. Ärgerlich biss er in sein Sandwich.
    Er glotzte auf die vor sich hin plätschernde Fontäne, die in der
Mitte des Bassins in die Luft schoss. Als er den letzten Rest seiner
Zwischenmahlzeit verschlungen hatte, fiel sein Blick auf drei Tauben, die auf
einem alten Brett, das in dem Becken herumschwamm, wie die Hühner auf der Stange
saßen. Seltsam, dachte er.
    Plötzlich musste er die Augen zusammenkneifen, weil sich eine
untergehende Sonne am Himmel zeigte und ihre letzten Strahlen auf das Wasser
warf, sich spiegelte, um schließlich auf seiner müden Netzhaut zu landen.
    Klotz beschloss, dass es erst mal das Beste sei, sich geschmeidig
zurückzulehnen und die Augen vollständig zu schließen. Zuerst nahm er nur das
Plätschern der Fontäne wahr. Doch nach einer Weile wurde er auf den monotonen
Klang der Autos aufmerksam, der wie eine Glocke über die Stadt gestülpt war.
Diese Kulisse wurde immer wieder überlagert, vom Aufheulen einer Sirene, dem
Rattern einer Maschine, von den verschiedenen Sprachen der Touristen, die an
dem Brunnen vorbeizogen, und besonders von dem Knirschen des Kieses, auf dem
ein Jogger seine Runden durch den Park zog.
    Seltsam, alles unglaublich seltsam, beinahe absurd, dachte Klotz,
der nun, nachdem sich die Sonne verabschiedet hatte, die Augen wieder
aufschlug. Das Brett mit den drei Tauben war an den

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