Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Rand des Bassins gestoßen.
Unter lautem Gurren hopste eine Taube nach der anderen auf den Beckenrand. Als
die drei in einer Reihe nebeneinanderstanden, fingen sie an zu scheißen. Dann
flogen sie weg.
Und wenn es doch kein Zufall war, dachte er plötzlich. Wenn der
Mörder gewollt hatte, dass er nach Paris fährt? Dass er sich den Friedhof
ansieht? Dass er in den Louvre geht? Wieder dieses Symbol findet? Was dann?
* * *
Astrid Haevernick rollte auf den Parkplatz neben dem Hallenbad. Als
sie den Motor ausschaltete, hörte auch ihr Handy auf zu klingeln. Sie sah auf
das Display. Fünf Anrufe in Abwesenheit, alle von ihrem Mann. Sie schaltete das
Handy aus und legte es ins Handschuhfach. Dann verließ sie den Wagen.
Dass die Stimme, die sie da über die Gegensprechanlage erreichte, Lackner
gehörte, war unverkennbar. Sie hatte nur kein einziges Wort verstehen können.
Also noch mal läuten.
»Ich bin’s, Haevernick. Ich muss dringend mit Ihnen sprechen!«
Dem kleinen Lautsprecher entwich ein unzusammenhängendes Lallen.
»Machen Sie auf, bitte!«
Der Türöffner summte. Haevernick betrat das Haus. Beinahe wäre sie
auf der Treppe hingefallen. Die Stufen glänzten vor Bohnerwachs, vorsichtig
ging sie nach oben.
Lackner stand in der Tür und hielt sich am Griff fest. Er hatte ein
verwaschenes T-Shirt an, auf dem »Led Zeppelin« stand, und eine graue
Jogginghose. Ansonsten war er barfuß.
Haevernick erkannte sofort, was mit dem Gerichtsmediziner los war.
Hakte sich bei ihm ein und führte ihn in die Wohnung. Sie stützte ihn ab, bis
sie ins Wohnzimmer kamen. Dort machte Lackner sich los, stolperte in Richtung
Sofa, schlug mit seinem Schienbein an den niedrigen Glastisch, den er übersehen
hatte. Ein paar leere Bierdosen schepperten, eine halb volle Flasche Korn
verlor das Gleichgewicht, kullerte über den Tisch und fiel in den Übertopf
einer Kunstpflanze. Langsam drehte sich Lackner nach der Tischplatte um, machte
ein verdutztes Gesicht, hielt sich das Schienbein und sagte schließlich: »Aua.«
Haevernick fiel das flackernde Lichtspiel an der Decke der Wohnung
auf. Lackner, der dies bemerkt zu haben schien, lallte ein paar unverständliche
Worte und ließ sich aufs Sofa fallen. Plötzlich gab es einen lauten Knall.
Haevernick ging zu einer der Dachgauben und sah aus dem Fenster. Unter einer
Straßenlaterne konnte sie ein paar Jugendliche erkennen, die mit
Feuerwerkskörpern herumhantierten und laut lachten. Einen Moment lang überlegte
sie, ob sie das Fenster öffnen und die Halbstarken zurechtweisen sollte, ließ
es dann aber lieber bleiben.
Lackner lag auf dem Sofa und rührte sich nicht. Haevernick fühlte
sich für ein paar Sekunden hilflos, dann ging sie hinüber in die Küche.
Nachdem sie einen letzten Rest Instantkaffee gefunden hatte,
befüllte sie den Wasserkocher, aus dessen Schnorchel schon der Kalk nach oben
kroch. Schließlich fand sie in einem der Hängeschränke eine gespülte Tasse.
Wischte den Staub vom Rand und gab das Kaffeepulver hinein. Während sie auf das
heiße Wasser wartete, erinnerte sie sich an ihren Bruder. Bevor das damals mit
den Drogen angefangen hatte, hatte es diese Alkoholexzesse gegeben. Ihr fiel
wieder die Nacht ein, als sie ihn bewusstlos im Flur gefunden hatte.
Der Kocher machte klick und
hörte auf zu sprudeln. Haevernick ließ das Wasser und die Tasse stehen, ging
zurück ins Wohnzimmer.
Lackner lag auf seinem verranzten Sofa und schnarchte.
Entschlossenen Schrittes machte sich Haevernick auf, packte Lackner an der
Schulter und schüttelte ihn kräftig. Lackner erwachte, lallte irgendetwas und
schloss wieder die Augen. Haevernick stapfte ins Badezimmer, registrierte den
Schimmel an den Wänden und die Silberfischchen am Boden, nahm schließlich einen
eingestaubten Putzeimer, den sie mithilfe der Duschbrause befüllte. Ging zurück
ins Wohnzimmer und klatschte Lackner das eiskalte Wasser ins Gesicht.
Haevernick kickte mit dem Fuß den leeren Eimer in die Ecke, mit dem
anderen machte sie einen Satz nach vorn, in Richtung Sofa. Dann schlug sie
Lackner links und rechts ins Gesicht.
»Aua! Aufhören! Das tut weh!«
»Das war erst der Anfang, Freundchen!«
Sie packte Lackners Unterarm, warf ihn auf den Rücken und wandte
eine scharfe Drehbewegung an, von der sie wusste, dass sie so schmerzhaft war,
dass sogar ein Halbtoter hätte aufstehen müssen. Lackner schrie wie am Spieß.
»So, und jetzt ab ins Bad!«
Lackner gehorchte. Irgendwelchen Widerstand zu
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