Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Komisches.«
»Komisch, aha.«
»Irgendwie kam mir dieser Cordes bekannt vor. Irgendwo hab ich den schon einmal gesehen, und ich weiß nicht mehr, wo. Da war etwas, aber ich komm einfach nicht drauf. Wahrscheinlich war das der Grund dafür, dass du da etwas gespürt hast. Als ich ihm gegenüberstand, wusste ich, dass ich ihn kenne.«
»Und dir fällt nicht mehr ein, in welchem Zusammenhang du ihn gesehen hast?«
»Nein, da ist nichts.«
Sie hob den Schraubenzieher auf und begann, eine herausstehende Schraube festzudrehen.
»Lass uns ins Bett gehen, Schatz.« Sie gähnte. »Dass du nicht müde bist!«
Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie schlapp er sich fühlte. Er nahm Melanie in seine Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann nahm er sie bei der Hand und führte sie ins Badezimmer.
Melanie war sofort eingeschlafen, als sie sich auf das Klappsofa gelegt hatten. Klotz lauschte ihren tiefen Atemzügen. Kurz bevor er ins Reich der Träume hinüberglitt, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, die Staatsanwältin anzurufen und ihr zu sagen, dass der Fall im Prinzip gelöst war.
Tag vier
»Papperlapapp! Nichts da! Sie ermitteln weiter wie gehabt!«
Staatsanwältin Gulden zerrte nervös an ihrer Perlenkette herum. Das geflochtene Band an der Unterbrustnaht ihres Kleides ließ ihre spitzen Brüste noch etwas spitzer erscheinen. Aber nicht nur dieser Umstand war für die militärische Wirkung, die sie heute ausstrahlte, verantwortlich. An den hochhackigen Pumps der Staatsdienerin blitzten auf einem Halteband immer wieder metallene Nieten auf, wenn Frau Gulden das Ende des Raumes erreichte und kehrtmachte. Das Klackern ihrer Absätze hämmerte auf Klotz’ steinzeitliches, männliches Selbstbewusstsein ein. Mit jedem Schritt wurden die darin bereits gerissenen Löcher ein wenig größer. Am liebsten wäre er geflüchtet. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit seinen eskapistischen Phantasien zufriedenzugeben. Die ließen Erinnerungen an einen Winter wach werden, in dem die Staatsanwältin ein Kostüm getragen hatte, das an die Kleidung von Flakhelferinnen der Wehrmacht erinnerte. Im Vergleich zu dem, was sie heute trug, erinnerte ihn die Aufmachung von damals an Friedenszeiten, oder zumindest doch an eine Art Waffenstillstand.
»Aber die Sache ist doch sonnenklar!«
»Herr Klotz! Ich stelle doch gar nicht in Abrede, dass Ihre Theorie richtig ist. Und ich bin ja auch dafür, dass die Tatverdächtigen erkennungsdienstlich behandelt werden und anschließend ein Abgleich der biometrischen Daten zwischen den Verdächtigen und dem Täter in dem Video erfolgt. Aber für eine Anordnung dieser Maßnahmen brauche ich schon noch ein wenig mehr, was den Verdacht gegen die drei erhärtet.«
»Was soll ich denn da noch bringen?«
»Was Sie bis jetzt vorweisen können, sind beinahe ausschließlich irgendwelche vagen Andeutungen, die sich aus mehr oder weniger ernst zu nehmenden Gesprächen mit Ihren Lehrerkollegen ergeben haben. Da spielen doch Sympathie und Antipathie mit hinein, da geht es um Seilschaften und Animositäten. Da bestehen doch deutliche Zweifel an der Seriosität der Aussagen, die Sie mir zitiert haben. Das ist kein verwertbares Material, zumal die Aussagen ja unter vorgespiegelten Umständen zustande gekommen sind. Da brauchen Sie schon was Konkretes. Am besten wäre ein handfestes Geständnis. Gehen Sie weiter in diese Schule und versehen Sie Ihren Dienst!«
Klotz grauste es bei dem Gedanken, wieder in diesem Klassenzimmer stehen zu müssen. Gerade heute, wo er seinen Unterricht so schlampig vorbereitet hatte.
»Wann beginnt eigentlich Ihr Einsatz am Morlock?«
»In einer Dreiviertelstunde.«
»Dann machen Sie mal hin! Gehen Sie in den Keller und lassen Sie sich von Frau Zangenberg die Haare richten.«
Wenigstens eine schöne Aussicht, dachte Klotz, aber auch die war leider immer nur von kurzer Dauer. Er hatte längst kapiert, dass sein Gesuch kein Gehör bei der Gulden finden würde. Und insgeheim musste er ihr sogar recht geben. Die Indizien waren einfach viel zu dünn, als dass sie die Anweisung von erkennungsdienstlichen Anordnungen seitens der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt hätten. Er wünschte seiner Oberbefehlshaberin noch einen schönen Tag und verließ den Raum.
»Deine Haare sahen aber auch schon mal besser aus.«
»Das sagt der Richtige. Nur weil du jetzt jeden Tag von der Zangenberg frisiert wirst, ist das noch lange kein Grund, deine Kollegen zu
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